Im letzten Herbst tauchten wir vor Indonesien. Dabei habe ich das bekannteste zoologische Beispiel erstmals live gesehen.

Das bekannteste Beispiel ist die Kooperation von Knallkrebs und Goby. Der Krebs gräbt sich im Meeresboden eine Höhle, um sich vor seinen Fressfeinden zu schützen. Dieses Versteck muss er aber dauernd instand halten. Er muss also immer wieder aus seiner Höhle nach oben, um angeschwemmten Sand auszuladen.

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Das Problem des Krebses ist bloss, dass er fast blind ist. Er weiss also nicht, wann draussen keine Gefahr droht. Also tut sich der Krebs mit einem Goby zusammen, einem kleinen Grundelfisch. Der Fisch beobachtet für den Krebs permanent die Umwelt. Er signalisiert ihm, wann die Luft rein und wann Gefahr im Verzug ist. Als Gegenleistung darf sich der Goby in der Höhle verstecken, wenn ihm ein Raubfisch an die Gurgel will.

Symbiose nennt man das. Und da fallen mir sofort Weiss und Schubarth ein. Weiss war Marketingmanager, Schubarth war Controller. Weiss beobachtete laufend die Umwelt, Schubarth sicherte gegen hinten ab. Es war interessant zu sehen, wie hervorragend der Controller-Krebs über alle Personalia und Intrigen von aussen informiert war, obwohl er sein Büro kaum je verliess. Es war genauso witzig zu sehen, wie sich der Marketing-Fisch jedesmal in die Höhle flüchtete und dort Schutz bekam, wenn seine Verkaufsstrategie angezweifelt wurde.

Es gibt verschiedene Stufen von Symbiosen. Es gibt lockere Allianzen, etwa Putzsymbiosen zwischen Hackvögeln und Büffeln. In Allianzen kann jedes Lebewesen allein überleben. Dann gibt es die engen Eusymbiosen, wie jene zwischen Grundel und Krebs. Hier können die beiden Lebewesen nicht lange allein überleben.

Normalerweise ist die Beziehung zwischen Chef und Sekretärin eine Allianz. Die beiden Lebewesen können auch allein überleben.

Ich habe es aber auch schon anders erlebt. Eine Symbiose der besonderen Art war etwa die Beziehung von Berger und Frau Stutz. Berger war in der Geschäftsleitung, sie war seine Sekretärin. Er begab sich völlig in ihre Hand. Sie beantwortete ohne Rücksprache seine Post, sie kaufte seine Krawatten, sie schrieb seine Reden.

Dann wurde Berger gekündigt. Eine halbe Stunde später reichte Frau Stutz ihre Kündigung ein. Dann liess er sich scheiden.

Das Erfolgsrezept von Allianzen ist, dass auch sehr unterschiedliche Partner kollektiv Erfolg haben können. Ein gutes Beispiel ist etwa die Zusammenarbeit zwischen dem Nil-Krokodil und dem kleinen Vogel Wassertriel. Wenn das Krokodil auf Jagd geht, schwimmt oder schläft, bewacht der Vogel sein Gelege. Er stösst einen lauten Alarmpfiff aus, wenn ein Eierdieb auftaucht. Das Krokodil liefert dieselbe Gegenleistung. Wenn sich ein Feind dem Vogelnest nähert, greift das Krokodil äusserst aggressiv an.

Im Tierreich funktionieren Symbiosen, wenn sich der grosse Partner und der kleine Partner gegenseitig respektieren. Die Biologie nennt das Mutualismus. Es ist die vernünftige Kooperation, bei der beide Seiten ihren Nutzen haben. Mutualismus ist in der Natur das Gegenteil des Räuber-Beute-Schemas.

Aus diesem Grund klappte es beim Steuerstreit mit den USA nicht. Hier versuchte das Krokodil, den Vogel zu fressen.

Kurt W. Zimmermann ist Verlagsunternehmer. Er ist Kolumnist und Buchautor zu den Themen Medien, Biologie und Outdoor-Sport.