Im Jahr 1989 sank vor Alaska die «Exxon Valdez». 44 Millionen Liter Öl liefen aus. Es war, wie uns Umweltschützer und Medien sagten, eine «Jahrhundertkatastrophe». Auf endlose Zeit hinaus sei das Ökosystem zerstört.

Das Gegenteil ist wahr. Die Region ist heute ökologisch in einem besseren Zustand als vor dem Unfall. Viele Schlüsselorganismen erholten sich unglaublich schnell. Die Zahl der Seeadler und Kormorane erreichte einen neuen Rekordstand. Der Pazifische Hering, anfangs stark betroffen, hat sich regeneriert.

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Greenpeace reagierte natürlich mit wütendem Protest, als die Biologen diese erfreulichen Erkenntnisse veröffentlichten. Es half nichts, denn die Erklärung ist einfach. Öl ist ein Kohlenwasserstoff und damit ein Nährstoff. Er wird durch Mikroorganismen abgebaut. Wenn sie Futter bekommen, vermehren sie sich, und die ganze Nahrungskette wird neu aktiviert.

Wenn man die Dinge in der Natur einfach laufen lässt, dann kommen sie von selber ins Lot. Das ist die Regel im Spiel. Man sieht das sehr schön bei den Waldbränden am Mittelmeer. Nach zwei Jahren sind die abgebrannten Hänge wieder grün, nach 20 Jahren sieht man keinen Unterschied mehr.

Nun vermuten natürlich die ersten Leser, dass ich von der Eurokrise und der Frankenstärke rede. Die Vermutung ist richtig.

Der Darwinismus ist die Lehre von der Fähigkeit zur Anpassung an veränderte Umweltbedingungen. In der Natur funktioniert sie bedingungslos. Wer sich nicht verändert, der verliert. Ausserhalb der Natur aber, in der Zivilisation, ist uns der Glaube an Regeneration und Anpassungsfähigkeit von Organismen völlig abhanden gekommen.

Noch im 20. Jahrhundert war es kein Problem, einen verrotteten Staat in die Pleite und eine verrottete Branche in den Konkurs rasseln zu lassen. Man liess es laufen und wartete auf die natürliche Regeneration. Das bankrotte Argentinien erholte sich vom Kollaps des Peso ebenso schnell wie zuvor die kaputte Schweizer Uhrenindustrie.

Im 21. Jahrhundert wich dieser Glaube an die natürliche Erneuerung dem Glauben an die Errettung. Errettung ist das Synonym für Regulation. Regulation ist die Leidenschaft der Politiker. Regulation schaltet die natürliche Selbstheilung aus. Politiker glauben daran, dafür verachten sie die Selbstverantwortung von Individuen und Organisationen.

Aus Sicht der Natur ist das kreuzfalsch. Erst im Überlebenskampf wächst die Widerstandskraft des Organismus. Wenn man dem Organismus keinen Überlebenskampf erlaubt, entwickelt er keine Widerstandskraft.

Den Griechen erlaubt man keinen Überlebenskampf. Man füttert sie grosszügig durch. Sie entwickeln darum keine Widerstandskraft, sondern machen mehr Schulden denn je. Regulation verhindert stets die Gesundung. Hielte man es wie in Alaska, dann wäre Griechenland heute zwar tot, aber in wenigen Jahren wieder lebendiger als je.

Gehen wir zurück ins Meer. 2010 gab es erneut eine «Jahrhundertkatastrophe», dieses Mal im Golf von Mexiko. Auch hier war die Zahl von Fischen und Mollusken ein Jahr danach höher als zuvor. Die Tier- und Pflanzenwelt hat sich schnell und erfolgreich angepasst. Ein potenzielles Problem sind nur die Chemikalien, die man zur Abbindung des Öls einsetzte. Hätte man gar nichts unternommen, wäre die Lage noch besser.

Nichtstun als Erfolgsprinzip. Das gilt nur noch für Seeadler und Heringe.

Kurt W. Zimmermann ist Verlagsunternehmer. Er ist Kolumnist und Buchautor zu den Themen Medien und Outdoor-Sport. Zudem studiert er Biologie.