Trotz der Schelte bleibt die slowakische Haltung eine parlamentarische Entscheidung, welche durchaus rechtens und für Schweizer Verhältnisse glücklicherweise (noch) nachzuvollziehen ist. Wehrt sich die slowakische Regierung doch gegen die Beteiligung an einem „solidarischen“ Hilfspaket, um einen anderen Mitgliedstaat - dessen Einwohner ein beinahe doppelt so hohes Bruttoinlandprodukt pro Kopf erwirtschaften - aus dem selbst verursachten Bankrott zu retten. Und dennoch glaubt sich die Europäische Union als selbst ernannte Solidargemeinschaft im moralischen Recht, die Slowakei für ein griechisches Hilfspaket zur Kasse zu bitten, und schalt das Land nach Bekanntgabe seiner eigenwilligen Entscheidung unverzüglich.
Kaum vorstellbar bleiben in diesem Zusammenhang die Summen, welche man von der Schweiz als potenziellem Mitgliedstaat mit gesundem Staatshaushalt für eine Deckung der durch Misswirtschaft und undisziplinierte Haushaltspolitik verursachten griechischen Staatsverschuldung fordern würde. Glücklicherweise ist dem noch nicht so, und hoffentlich bleibt ein EU-Betritt der Schweiz tatsächlich noch lange reine Hypothese mit Horrorcharakter.
Die Haltung der Slowakei in der Griechenlandfrage unterstreicht die Tatsache, dass uneingeschränkte Solidarität nur schwerlich einzufordern ist und ein realistisches Verständnis von Solidarität durchaus seine Grenzen kennt. Und zwar genau dann, wenn sich ein Land oder seine Regierung etwas grösstenteils selber hat zuschulden kommen lassen oder über Jahre hinweg bewusst unverhältnismässige Risiken eingegangen ist. Das heisst nicht, dass die europäischen Mitgliedstaaten Griechenland bei der Bewältigung der Krise nicht zur Seite stehen sollen. Eine pauschale Solidarität in Form einer milliardenschweren Finanzhilfe kann jedoch auch in einer Gemeinschaft dem Einzelnen nicht einfach aufgezwungen werden.
Hilfe zur Selbsthilfe wäre wohl weit mehr angebracht. Nur weil der europäische Währungskommissar die Stabilität der Gemeinschaftswährung gefährdet sieht, ist dies noch lange kein zwingender Grund, die einzelnen Mitgliedstaaten ungefragt in die „solidarische“ Pflicht zu nehmen.
Das Beispiel Griechenlands verdeutlicht, wie weit einzelne Mitgliedstaaten der Europäischen Union für die in der Vergangenheit begangenen Fehler anderer eintreten müssen. Glücklich, wer sich als Schweizer noch auf seine eigenen Aufgaben und Probleme konzentrieren kann. Denn ob arm oder reich, nicht nur Kollegialität und Solidarität allein, sondern mit diesen auch eine durchwegs wahrgenommene und gelebte Selbstverantwortung bilden mitunter die Grundlage einer funktionierenden Gemeinschaft.