Internet, E-Business, E-Commerce, permanente Verfügbarkeit, globaler Wettbewerb, neue Marken und Produkte — durch den Wandel von der Old zur New Economy werden die Karten neu gemischt:

Traditionelle Unternehmen haben heute auch Konkurrenz aus dem Internet und sehen sich auf ihren angestammten Märkten teils von neuen, unerwarteten Mitbewerbern bedroht.

Anderseits geraten speziell die Internetwerte an den Börsen unter hefti-gen Druck. Sie scheinen die Unternehmen vor allzu grosser Euphorie in diesem Bereich zu mahnen. Eine trügerische Mahnung: Denn der Zug ins Internet ist nicht mehr aufzuhalten, und die Hinwendung der Unternehmen zur New Economy mit ihren eigenen Gesetzen damit ein Muss.

Vieles scheint also nicht mehr zu stimmen. Doch was sich im täglichen Wettbewerb um Kunden und Anleger verändert hat, lässt sich auf einen Nenner bringen: Die Marke und das Prestige eines Produkts oder eines Unternehmens bestimmen als prägende Kriterien stärker denn je die Nachfrage im Markt und schliesslich den Unternehmenswert. Technologiestärke, Leistungsnutzen, Innovationspotenzial usw. werden hingegen vom Kunden und vom Anleger als Selbstverständlichkeiten vorausgesetzt.

Im Markt werden demnach jene Unternehmen als Sieger hervorgehen, die prestigeträchtige und imagestiftende Produkte und Leistungen mit dem besten Service zum günstigsten Preis verkaufen und dabei auch noch höchste Reaktions- und Liefergeschwindigkeit beweisen.

All diese in dieser Ausprägung neuen Anforderungen, Regeln und Mechanismen lassen sich mit dem Marketing traditioneller Denk- und Bauart nicht mehr bewältigen und mit den Marketing-Etats von einst oft auch nicht mehr finanzieren.

New Marketing als Paradigmawechsel
Die vorgängig geschilderte Anforderungsvielfalt nötigt die Unternehmen zum Paradigmenwechsel schlechthin. Zuerst: Marketing ist künftig noch weniger die Aufgabe der dafür ausgebildeten Fachkräfte, sondern eine interdisziplinäre Herausforderung. Will heissen: Erfolgreiche Vermarktungsstrategien und deren Umsetzung werden dereinst mehrere Väter haben — angefangen von den Entscheidungsträgern aus dem Vertrieb über die Werbe-, PR- und Strategieexperten bis hin zu den Führungskräften aus dem Controlling. Nur in enger Absprache und Koordination der unterschiedlichen Bereiche werden die Kunden auf allen Kommunikationskanälen mit den richtigen Inhalten, Bildern und Botschaften erreicht werden können.

Die Integration von Strategieplanung und Controlling mag auf den ersten Blick erstaunen; beide Bereiche stellen in der schnelllebigen New Economy jedoch eine wichtige Korrekturinstanz dar. Nicht mehr strategiekonforme oder unrentable Produkte und Leistungen können dank des Einflusses von Strategieplanung und Controlling nämlich rechtzeitig aus dem Vermarktungsprozess herausgenommen werden; neue, verheissungsvollere Marktaspiranten sollten frühzeitig nachgeschoben werden.

Die Integration bisher marketingfremder Disziplinen macht natürlich den ausgewiesenen Marketingspezialisten keineswegs überflüssig. Seine Tauglichkeit für die New Economy basiert — neben der Beherrschung des klassischen Marketings — insbesondere auf folgenden Eigenschaften, Kenntnissen und Fähigkeiten:
  • Interdisziplinärer Approach: Der Marketingleiter braucht ein umfassendes Verständnis für das gesamte Unternehmen und seine Abläufe. Dieser Blick über den Tellerrand ist nötig, um sämtliche für das strategische Marketing relevanten Faktoren einsetzen zu können.
  • Informationsbeschaffung: Der Marketingleiter sollte sicherstellen können, dass er Zugriff auf sämtliche relevanten Datenbanken hat, um Informationen über Produkte, Leistungen, Zielgruppen, Marketing-Massnahmen und potenzielle Märkte extrahieren zu können.
  • Verkaufsförderung: Der Marketingleiter sollte die strategische Planung von Verkaufsförderungsmassnahmen unter Einbezug aller Kommunikationskanäle beherrschen.
  • Profitabilitätsanalysen: Das Verständnis für und die Beherrschung von Profitabilitätsanalysen ist insbesondere in sich rasch verändernden Märkten notwendig. Unrentable Produkte und Leistungen müssen frühzeitig aus dem Sortiment genommen und neue lanciert werden.
  • Enger Kontakt zum Markt: Nur wer permanent in Tuchfühlung zum Markt und seinen Teilnehmern steht, kann Veränderungen frühzeitig aufnehmen und adäquat darauf reagieren.
  • Professionalität in der Kommunikation und im Internet-Marketing: Die Fähigkeit zum Prägen und Umsetzen von zentralen Inhalten, Bildern und Botschaften zur Stärkung der Corporate Identity und von Markennamen ist im Zeitalter der New Economy essenziell.
  • Agilität: Geschwindigkeit ist derzeit der Erfolgsfaktor im E-Commerce. Nur wer über die Fähigkeit zum schnellen Handeln und über die Kraft verfügt, das Geschäft immer wieder gezielt voranzutreiben, hat auf Dauer Erfolgschancen.
  • Gespür und Teambildungsqualität: Marketing im E-Commerce ist nichts für Einzelkämpfer. Der Marketingleiter muss über das Talent verfügen, neue und kreative Marketingspezialisten zu rekrutieren und sie in ein schlagkräftiges Team zu integrieren.
Erfolgsfaktor Marketingstrategie
Für die Marketingstrategie gilt in der New Economy folgende Faustregel: Die Konzentration und das Augenmerk sollten weniger nach innen auf die Financial Scorecards gerichtet sein. Im Fokus sollten kundenorientiertes Marketing und Marketing-Scorecards stehen.

Als Leitlinien bei der Entwicklung einer E-tauglichen Marketing-Strategie können gelten:
  • Konzentration auf vorhandene oder erreichbare Wettbewerbsvorteile: Im Fokus der Marketingstrategie müssen jene Märkte und Produkt-/Leistungssegmente stehen, in denen das Unternehmen über echte Vorteile verfügt — sowohl hinsichtlich der Marktstellung als auch hinsichtlich der Profitabilität.
  • Forcierung von Serviceleistungen: Diese sind für das Überleben in der New Economy essenziell. Voraussetzung, dass ein Unternehmen kundenadäquate Serviceleistungen erbringen kann, ist, dass sich der Servicegedanke im eigenen Unternehmen auch vollständig durchsetzt. Dies ist in der Regel jedoch nur dann der Fall, wenn nicht nur die Konsumenten, sondern auch Abteilungen und Mitarbeiter wie Kunden behandelt werden. Nur mit dieser von innen heraus marktorientierten Sicht harmonieren Entwicklung, Produktion, Marketing, Verkauf und Kundenunterstützung.
  • Gezielter Einsatz von Incentives: Die Marketingmaschinerie im Front-End muss permanent am Laufen gehalten und der Servicegedanke ständig gelebt werden. Ohne ständige Motivationsspritzen für leistungsbereite Mitarbeiter, beispielsweise in Form von Incentives, geht dies nicht. Solche Motivationsspritzen für die Spitzenkräfte stacheln gleichzeitig die Leistungsbereitschaft bisher wenig motivierter Mitarbeiter an.
  • Systematische Kundenbindung: Die Sicherstellung von Kundenzufriedenheit im täglichen Geschäft und die rationale (z.B. via Service) wie emotionale Kundenbindung (z.B. via Marke und Image) sind gerade im E-Commerce wesentliche Bestandteile der Marketingstrategie. Denn im Internet ist die Konkurrenz nur einen Mausklick entfernt — und es ist bis zu zehnmal teurer, einen neuen Kunden zu gewinnen, als einen bestehenden Kunden zu halten.
  • Supply-Chain-Management: Wenn sich ein Unternehmen in der New Economy gut positionieren und halten kann, dann ist die Ursache dafür auch, dass die einzelnen Leistungsträger (vom Lieferanten des Lieferanten bis zum Kunden des Kunden) gut zusammenspielen. Wichtig ist hier nicht nur die partnerschaftliche und organisationelle Integration der Lieferanten und Distributoren in ein Netzwerk, sondern auch deren durchgängige IT-technische Vernetzung.
  • Unternehmens- und Markenidentität: Sie sind sowohl für Kunden als auch für die Mitarbeiter die Fixpunkte in einer ansonsten permanent im Umbruch stehenden Welt. Der Identitätsbildung und -anpassung von Unternehmen und Markennamen ist deshalb bei der Entwicklung und Umsetzung der Marketingstrategie höchste Aufmerksamkeit zu schenken.
  • Informationstechnik: Sie ist heute selbstverständliche Voraussetzung für Flexibilität, Geschwindigkeit, Prozessbeherrschung und Rentabilität nicht nur im E-Commerce. Internet-basierte Call-Centers, Unified Messaging und CRM (Customer Relationship Management) sind die bisher für die Realisierung der New Economy zur Verfügung stehenden Konzepte.
Das Image: die Stellschraube zur Gestaltung des Marktes
Die Nase vorne im Markt hat, wer den Bedarf und die Bedürfnisse der Kunden treffsicher beeinflusst und gestaltet. Unternehmen, die lediglich auf die Kunden und auf deren Bedürfnisse reagieren und sich anpassen, werden auf Dauer nur in der zweiten oder dritten Liga spielen können. Ein New-Economy-taugliches Marketing ist also dazu gezwungen, seine Produkte, Leistungen, den Vermarktungsprozess, die Serviceleistungen usw. permanent weiterzuentwickeln.

Die eigentlichen Stellschrauben zur Gestaltung des Marktes und zur Steuerung von Kundenbedürfnissen sind jedoch das Image einer Marke und das vom Kunden — durch den Erwerb eines Produktes oder einer Leistung — generierbare Prestige. Sie werden bestimmt und beeinflusst durch die der jeweiligen Marke anhaftenden Inhalte, Bilder und Botschaften und durch daraus zu schaffende Erlebniswelten. Folgende vierstufige Vorgehensweise bietet sich an:
  1. Finde die Nische und wecke/erneuere die Nachfrage durch die professionelle Nutzung aller Kommunikationskanäle (Medien, Internet, WAP und traditionelle Instrumente wie z.B. Broschüren, Präsentationen usw.). Mit datenfähigen Diensten wie GPRS (General Packet Radio System) und UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) werden die Konsumenten zunehmend auch mobil auf Marketinginformationen zugreifen.
  2. Kreiere eine Käufergemeinschaft (Community) über Meinungsführer und wichtige Marktbeeinflusser zur Verstärkung dieser Nachfrage. Dazu gehört auch, die Aufmerksamkeit der Konkurrenz auf sich zu ziehen und Wettbewerbsvorteile bewusst darzustellen. Beides sensibilisiert zusätzlich den avisierten Markt.
  3. Vergrössere diese Community zu einer umfassenden Zielgruppe, die sich mit den Inhalten, Bildern und Botschaften des Angebots identifiziert. Hilfreich ist hier u.a. ein gemeinsamer, starker und stimmiger Online-Marktauftritt mit Kooperationspartnern.
  4. Präge den fokussierten Markt mit Technologie- und Marktstandards.
Diese oberste Stufe der Marktgestaltung erreichen naturgemäss immer nur einige wenige Unternehmen. Lukrativ kann jedoch auch die Nutzung und Ausweitung des Geschäfts in profitablen Nischen sein. Diese Nischen werden in der New Economy häufiger und schneller als in der Old Economy entstehen. Insofern gilt: Entscheidend ist nicht, ob ein Unternehmen in der New Economy Standards zu setzen vermag oder sein Heil in Nischen sucht. Entscheidend ist, sich frühzeitig der New Economy zu stellen und an ihr zu reifen. Nur dann besteht Aussicht auf Erfolg.
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