BILANZ: Sie beraten Firmen auf dem Weg zu höheren Gewinnen. Welche Preiskonzepte stehen bei Unternehmen hoch im Kurs?
Tim Brzoska*: Der Klassiker ist das Entbündeln eines Angebotes: Man individualisiert eine Leistung, indem man einzelne Serviceaspekte – bei Airlines etwa den Gepäcktransport – separat in Rechnung stellt. Dies hat zwei Vorteile: Die Kunden zahlen nicht für Leistungen, die sie nicht in Anspruch nehmen, und sind durch den geringeren Preis zufriedener. Und die Firma kann höhere Preise für die Zusatzleistung verlangen, da Nutzer der Leistung meist eine höhere Zahlungsbereitschaft haben.

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Worauf müssen Unternehmen achten, wenn sie Dienstleistungen an Konsumenten auslagern?
Man muss den Kunden unbedingt einen Vorteil bieten. Es braucht den Zusatznutzen. Wenn bei einem solchen Vorgehen nicht ein Zeit- oder sonstiger Servicevorteil klar ist, wird es schwierig.

Wenn man zum bestehenden personalintensiven Service eine Onlinelösung einführt: Soll man das klassische Angebot verteuern oder das neue verbilligen?
Wer die ursprüngliche Leistung verteuert, muss das geschickt und mit klugem Timing kommunizieren. In Deutschland gab es etwa 2008 massive Proteste, als die Deutsche Bahn einen «Bedienzuschlag» von 2.50 Euro für den Kauf von Zugtickets am Schalter einführte. Die Folge: Die Bahn musste den Zuschlag zurückziehen und erlitt einen Imageverlust. Dazu kamen entgangene Erlöse von 300 Millionen Euro und der Verlust eines guten Preiselementes, das nun auf lange Zeit «verbrannt» war.

Also soll man die Variante, bei welcher der Konsument selber mitarbeiten muss, vergünstigen?
Wenn in der neuen Lösung kein Vorteil für den Kunden entsteht, sollte man zumindest Teile der Kostenersparnis weitergeben. So erreicht man beim Kunden eine höhere Akzeptanz, sein Verhalten zu verändern.

Schweizer Ticketportale verlangen von ihren Kunden sogar eine Gebühr, wenn sie ihr Billett zu Hause ausdrucken.
Den konkreten Fall kenne ich nicht. Aber ich kann nachvollziehen, dass die Konsumenten so etwas auf die Palme bringt. Wenn Arbeit ohne Zusatznutzen für den Kunden ausgelagert wird, darf der Kunde nicht mit Zuschlägen bestraft werden.

Firmen sagen, dass die Kosten solcher Systeme wieder hereingespielt werden müssten.
Kunden interessieren sich nicht für interne Kosten. Firmen müssen den Kundennutzen eines solchen Systems vor der Implementierung eruieren. Wer nicht sicher ist, dass eine Kundenakzeptanz da sein wird, sollte es besser bleiben lassen.

*Tim Brzoska ist Partner von Simon-Kucher & Partners, die weltweit führend in der Pricing-Beratung ist.

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Andreas Güntert
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