Der diesjährige Literatur-Nobelpreis geht an die weissrussische Journalistin und Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch. Das gab die Schwedische Akademie in Stockholm bekannt. Die Autorin darf sich nicht nur über Ruhm und Anerkennung freuen, sondern auch über die Dotierung von 8 Millionen Schwedischen Kronen (940'000 Franken). Hinzu kommt: Die Bücher der Weissrussin sind nun besonders gefragt, das wissen auch Verlage und Buchhandlungen.

Schon Minuten nach der Bekanntgabe begannen die Händler auf ihren Webseiten für die Bücher von Alexijewitsch zu werben. Und bald schon werden ihre Werke prominent in Schaufenstern und auf thematischen Büchertischen präsentiert. Den Nobelpreis-Effekt bestätigt Orell Füssli Thalia für die Nobelpreis-Gewinner der vergangenen beiden Jahre: Nach der Bekanntgabe verkauften sich sowohl Alice Munros Bücher als auch die von Patrick Modiano um ein vielfaches besser als zuvor. «Munro und Modiano werden heute noch sehr gut nachgefragt», sagt der Presseverantwortliche.

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Kleiner Zürcher Verlag freut sich über Munros Gewinn

Zahlen der Verlagshäuser bestätigen den Nobelpreis-Effekt: 90'000 Bücher von Patrick Modiano konnte der Suhrkamp Verlag nach der Preisvergabe an den Franzosen im vergangenen Jahr in der kurzen Zeit bis Weihnachten absetzen, teilt der Verlag gegenüber von handelszeitung.ch mit. Der zweite deutschsprachige Verlag des Schriftstellers Carl Hanser Verlag bekräftigt die positive Auswirkung auf den Verkauf. Bei Vielschreiber Modiano verteile sich der Effekt auf eine grosse Anzahl von Büchern.

Der Zürcher Verlag Dörlemann hat zwei Bücher von Munro im Programm. Bei beiden stiegen Verkaufszahlen nach der Ehrung der Kanadierin 2013. «Der Verkauf von 'Der Tanz der seligen Geister' hat sich nach Bekanntgabe des Nobelpreises verdoppelt, der Absatz von 'Was ich dir schon immer sagen wollte' fast verdreifacht», so Verlegerin Sabine Dörlemann.

Effekt beträgt 4424 Prozent

Eine kanadische Studie hat den Kurzzeiteffekt bei Munro genauer untersucht. Dazu wurden die wöchentlichen Verkaufszahlen der Autorin vor und nach ihrem Gewinn in zehn Ländern verglichen. In allen Ländern verzeichneten die Verkäufe eine deutliche Zunahme.

Der grösste Effekt zeigte sich erwartungsgemäss in Kanada, dem Heimatland der Preisträgerin. Gegenüber der Woche vor dem Nobelpreis, verkauften sich Munros Bücher in der Woche danach um satte 4424 Prozent besser. In anderen Ländern variierte das Absatzplus von 369 Prozent (Australien) bis 4213 Prozent (Italien).

Die Nachfrage muss gedeckt werden

Teils relativieren sich die gewaltigen prozentualen Veränderungen durch die niedrigen Verkäufe aus der Zeit vor dem Nobelpreisgewinn. Doch auch in absoluten Werten ist die Steigerung der Verkäufe beachtlich. In den USA verkauften sich die Kurzgeschichten der Kanadierin insgesamt am besten. Die Verkäufe stiegen von 3000 (Woche 38) auf 32'000 in Woche 44. In Kanada wurde der Höchstwert von 6'345 Exemplaren erreicht. Zum Vergleich: In der Woche vor dem Nobelpreis verkauften die Händler nur 94 Bücher von Munro. In Italien verkauften sich schliesslich 10'128 Bücher, nach zuvor 178.

Wann und wie stark der Effekt ausfällt, hängt auch von der Verfügbarkeit der Bücher ab. In Kanada war diese sehr gut, weil nur zwei Tage vor Bekanntgabe des Gewinns das neuste Buch der Autorin in den Verkauf kam. Auch der Nachschub konnte in Kanada und den USA schneller sichergestellt werden als etwa in Australien.

Schnelle Reaktion ist gefragt

Schweizer Buchhandlungen müssen nun ebenfalls schnell reagieren und ihre Lager mit den Büchern der aktuellen Preisträgerin füllen. Der Preis verschaffte unbekannteren Autoren wie Patrick Modiano oder auch dem Sieger von 2011 Tomas Tranströmer viel Publizität. Andere Autoren wie zum Beispiel Doris Lessing (Literatur-Nobelpreis 2007) wurden durch den prestigeträchtigen Preis wiederentdeckt.

Wie Orell Füssli Thalia meint, werden Bücher von Nobelpreisträgern häufig auch von Gelegenheitslesern nachgefragt. Der Presserummel macht sie neugierig auf die nun im Rampenlicht stehenden Schriftsteller. Trotzdem können nicht alle Autoren langfristig vom Nobelpreis-Effekt profitieren. Hilfreich sei da, wenn der betreffende Preisträger schon vorher bekannt war oder aber leicht lesbare Texte schreibt.