Die Welt erwartet viel von Europa in den nächsten Tagen. Unsere Krise bedroht mittlerweile die globale Finanzarchitektur. Die Europäer stehen unter enormem Druck, endlich etwas zu tun. Herman Van Rompuy, der Präsident des Europäischen Rates, spricht erneut von einem allumfassenden Paket, das der Krise ein Ende setzen sollte. Es soll am Sonntag, dem 23. Oktober, ausgehandelt werden. Es ist nicht das erste. Ähnliche Pakete gab es im Mai 2010, im März 2011 und zuletzt im Juli 2011.

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Ich erwarte, dass da was kommen wird. Vielleicht wird man eine technisch clevere Lösung finden, den Rettungsschirm EFSF durch einen Finanzhebel zu erweitern. Vielleicht wird man einen Weg finden, die Europäische Investitionsbank in die Rettungspolitik einzubinden. Auch die Europäische Zentralbank muss sichtbar an einer Lösung der Krise beteiligt werden. Ohne sie ist eine dauerhaft stabile Lösung nicht denkbar. Vielleicht wird man auch eine Rekapitalisierung des europäischen Bankensektors beschliessen. Überfällig ist sie längst, zumal der Wirtschaftsabschwung den Banken weitere Verluste bringen wird. Wie immer werden die internationalen Finanzmärkte für ein paar Tage beeindruckt sein. Dann liest irgendjemand in New York das Kleingedruckte oder denkt auch einfach nur einmal über die Auswirkungen nach, und die Stimmung kippt wieder.

Das Problem liegt nämlich in der Natur der Sache. Wenn echte Lösungen wie eine Fiskalunion oder ein Eurobond politisch nicht möglich sind, dann fehlt es allen technischen Lösungen an Glaubwürdigkeit. Wenn wir definitiv keinen Eurobond wollen, dann können wir den Rettungsschirm auch nicht endlos weit aufspannen. Die multilateralen Garantien von 440 Milliarden Euro sind nahe an der Grenze dessen, was technisch verkraftbar ist. Ginge man höher, geriete das AAA-Rating der Franzosen in Gefahr, und die ganze Konstruktion würde kippen.

Politische Einigung auf eine Fiskalunion würde ausreichen

Um die Krise zu lösen, muss man den Eurobond nicht schon eingeführt haben. Eine politische Einigung auf eine Fiskalunion in zehn oder zwanzig Jahren würde ausreichen, um den Rettungsaktionen von heute Glaubwürdigkeit zu verleihen. Eine solche Einigung wird es weder auf diesem noch auf dem nächsten Eurogipfel geben.

Man wird die Krise daher nicht lösen, sondern bestenfalls einen kleinen Schritt weiter kommen. Man sollte das nicht gering schätzen, aber man sollte sich auch nichts vormachen. Die Krise wird selbst bei einer optimalen Politik noch einige Jahre andauern.

Wahrscheinlich so wie beim letzten Mal. Man geht einen Schritt nach vorne und zwei zurück. Die Vorteile einer Bankenrekapitalisierung und einer Verstärkung der EFSF werden durch eine Politik schleichender Privatsektorbeteiligungen bei einem griechischen Schuldenschnitt zunichtegemacht. Wenn wir den Bankrott Griechenlands akzeptieren, dann werden auch die Halter portugiesischer, irischer und italienischer Anleihen nervös werden. Die Zinsaufschläge werden wieder ansteigen, und die Banken brauchen erneut Kapital. Und in Brüssel wird ein Herr Van Rompuy das nächste allumfassende Paket ankündigen.

Wolfgang Münchau betreibt in Brüssel den Internetdienst Eurointelligence.com und schreibt als Kolumnist für die «Financial Times».