Beim Stahlkonzern Swiss Steel bahnt sich ein neuer Konflikt der Grossaktionäre an. Der Anlass: die Wahlen in den Verwaltungsrat an der ausserordentlichen Generalversammlung Anfang Oktober, die lediglich zwölf Minuten dauerte, und die dazugehörige Vorgeschichte.

Drei Milliardäre dominieren das Aktionariat: Amag-Eigner Martin Haefner mit gut 40 Prozent, Oligarch Viktor Vekselberg mit rund 25 Prozent, Stadler-Rail-Chef Peter Spuhler stieg Mitte Mai mit zehn Prozent ein, die ihm Haefner damals verkauft hatte; schon zuvor hatte er ein kleines Paket privat gehalten.

Spuhlers Einstieg gestaltete sich holprig. Eigentlich war er mit Haefner bereits im Oktober zuvor einig – bis eine Meldung die Runde machte, Spuhler wolle Schweizer Honorarkonsul für Russland werden. Eine Ente, angeblich orchestriert von Haefners damaligem Vertrauten Heinrich Christen (seinerzeit bei EY).

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Christen wollte selbst VRP bei Swiss Steel werden, und mit der falschen Konsul-Nachricht hatte er einen Keil zwischen die zwei Milliardäre getrieben.

Martin Haefner, Inhaber des Automobilimporteurs AMAG.

MARTIN HAEFNER: Inhaber des Automobilimporteurs AMAG.

Quelle: Herbert Zimmermann / 13 Photo

Passenderweise zog sich der amtierende VRP Jens Alder, auch ein Vertrauter Haefners, bald zurück, Christen rückte nach. Als aber Spuhler und Haefner erkannten, dass, wie ein Insider sagt, «Christen sie gegeneinander ausgespielt hatte», waren dessen Tage gezählt. Alder kehrte zurück auf den lukrativen VRP-Stuhl, Spuhler stieg gross ein. Drei Milliardäre waren zufrieden.

Doch nun der zweite Akt: Spuhler, der in allen Beteiligungen Vertraute in den Verwaltungsräten platziert, brachte bei Swiss Steel keinen seiner Kandidaten durch; er hatte zwei Finanz- und Sanierungsexperten vorgeschlagen.

Mindestens ein VR-Sitz hätte ihm dank seiner zehn Prozent zugestanden. Das für Personalien zuständige Vergütungskomitee, von Alder selbst geleitet, hatte aber andere Vorstellungen.

Das Komitee war Insidern zufolge mit Headhunter und Kompetenzprofilen auf Kandidatensuche, hatte auch die Grossaktionäre um Personalvorschläge gebeten.

Laut einer Sprecherin von Swiss Steel «durchliefen alle denselben Evaluationsprozess», entschieden worden sei «nach professionellen, sachlichen Kriterien».

24.08.2020, DEU, Berlin, Peter Spuhler (VerwaltungsratsprŠsident und Group CEO ad interim von Stadler)

PETER SPUHLER: Verwaltungsratspräsident und Group CEO ad interim von Stadler

Quelle: Ullstein Bild

Insider gehen jedoch davon aus, dass Alder die Muskeln spielen liess: Bei seinem zweiten Antritt als Präsident hatte er sich von Haefner komplette Unabhängigkeit zusagen lassen und dies nun mit der Ablehnung von Spuhlers Kandidaten demonstriert – wohl zum Schaden Haefners.

Denn dass Alder damit Swiss Steel einen Gefallen tat, bezweifeln Eingeweihte: Den neu Gewählten soll Sanierungserfahrung fehlen; einer der drei, Ralf Göttel, ist CEO der österreichischen Benteler Group und hat dort bereits den zweiten externen Chief Restructuring Officer im Haus.

Ein weiterer neu Gewählter, Mario Rossi, war Weggefährte Alders in dessen Zeiten als Swisscom-CEO und wurde mit desaströsen 55 Prozent in den VR von Swiss Steel gewählt. Vor allem aber provoziert Alder neue Scharmützel zwischen den Aktionären: Spuhler, heisst es, sei aufgrund der Blockade enttäuscht und überlege ernsthaft, sein Paket wieder abzustossen.

Leisten könnte er es sich. Seit seinem Einstieg zog der Aktienkurs an, obwohl sich fundamental kaum etwas änderte; mit dem Verkauf wäre dieser «Spuhler-Bonus» an der Börse hinfällig.

Haefner hingegen muss bis Ende 2024 seine Beteiligung auf 33 Prozent abbauen, um einem Pflicht-Übernahmeangebot zu entgehen. Er braucht also eine Swiss Steel, die für Grossaktionäre attraktiv ist.

Präsident Jens Alder war ihm dabei zuletzt keine Hilfe. Alle Beteiligten lehnten Stellungnahmen ab. 

Dirk Ruschmann
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