In aller Stille hat ein Start-up aus Thalwil ZH eine neue Dienstleistung am Schweizer Automarkt etabliert. «Motorized» setzt am Käufer-seitigen Ende der Wertschöpfungskette an: Sie nehmen Kunden den Such- und Verhandlungsprozess beim Autokauf ab. Grundlage sind eine Modelldatenbank aller Marken, von den Firmengründern selbst erstellt, sowie direkte Kontakte zu zahlreichen Händlern.Auf dieser Basis beraten die Gründer, die Brüder Daniel und Marco Bazzi, ihre Kunden: «Wir sind markenneutral», sagen beide, und dank der Händlerbeziehungen wüssten sie nicht nur, welches Inventar Garagisten auf Auto-Plattformen wie AutoScout24 oder ihren eigenen Webseiten anbieten, sondern auch, was Markenhändler erst bei Herstellern bestellt und in der Lieferpipeline haben. 

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Motorized Gründer

Marco (l.) und Daniel Bazzi haben vieles gemeinsam. Die Firma gehört ihnen je hälftig.

Quelle: ZVG

Der erste Kontakt der Kunden zu Motorized findet online statt; sobald Kunden halbwegs feste oder bereits ganz konkrete Vorstellungen haben, «rennen wir für ihre spezifischen Wünsche», sagt Marco Bazzi, der als Beispiel von einer Kundin berichtet, die drei statt der zwei üblichen Haltevorrichtungen für Kindersitze benötigte. Wenn nötig, schlage man Alternativen anderer Marken vor – während Händler typischerweise vor allem ihre bestellten oder im Lager stehenden Fahrzeuge zu verkaufen suchen. Bei Motorized seien drei Viertel der Kunden Markenwechsler.Die Bazzis verhandeln zudem mit Händlern Rabatte für Kunden, etwa falls eine Autogeneration kurz vor der Ablösung steht – was Klienten selten bewusst sei. Und falls der Kunde sein Altfahrzeug eintauscht, suchen sie nach dem besten Abnehmer. Das sei oft bares Geld wert; wer die Marke wechselt, erhält vom Neuwagenverkäufer häufig nur Mindestpreise für den alten. Diesen versuchen sie stattdessen für mehr Geld bei Garagisten des entsprechenden Herstellers unterzubringen, weil die viel leichter Occasions-Interessenten finden.

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Seit rund vier Jahren existiert die Firma, hat inzwischen Autos im Wert von rund 90 Millionen Franken vermittelt, sowohl für Kauf als auch Leasing, in Stückzahlen etwa 1000 Autos; fast die Hälfte davon im Jahr 2022. Das Wachstum der Firma habe zuletzt stark angezogen, für 2023 erwarten die Gründer weiteren Aufschwung. Zudem sei absehbar, sagt Daniel Bazzi, «dass unser B2B-Geschäft mit Fahrzeugflottenbetreibern bald grösser wird als das Geschäft mit Individualkunden». Die Brüder sehen sich als Dienstleister, die sowohl Kunden als auch Händlern Arbeit abnehmen. Letztere entlasten sie von Kundenakquise und Beratungsarbeit. Als Einnahmequelle lebt Motorized von einem Teil der Händlerprovision.

Die beiden Enddreissiger Daniel und Marco Bazzi haben viel gemeinsam: Beide doktorierten beim selben Professor in Wirtschaft an der HSG St.  Gallen, wo ihr Start-up als offizielles Spin-off anerkannt ist. Sie fahren immer exakt baugleiche Autos, aktuell schwarze Sportkombis. Sie gründeten die Firma gemeinsam, jedem gehört genau die Hälfte, beide wohnen in Thalwil. Mit sechs Mitarbeitern, inklusive der Gründer, wollen sie weiteres Wachstum im Jahr 2023 möglichst noch stemmen, bevor sie an Ausbau denken. Zumal sie bisher alles selber finanzieren, ganz ohne Investoren. «Wir streben auch nicht nach einem Exit», sagen die beiden Brüder. Und tatsächlich firmiert Motorized nicht als AG, sondern ist KMU-typisch als GmbH angemeldet.

Dirk Ruschmann
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