Ein Schweizer Start-up will die Filmproduktion revolutionieren: Producer ist eine Cloud-basierte Organisationssoftware, in der vom Entwickeln der Idee bis zur Ablieferung alle Arbeitsschritte in einer Applikation zusammengefasst und aufbereitet werden: Kreative und Produzenten sollen damit den Überblick über die komplexen Abläufe behalten sowie jederzeit von überall auf die Inhalte zugreifen können. Zudem steht eine Dokumentation der Versionsgeschichte zur Verfügung; das reduziert den Bedarf an Revisionen.

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Erfunden wurde Producer in einem Zürcher Filmstudio, vom Schweizer Regisseur und Produzenten Xaver Walser und dem Programmierer Paul-Emile Joëssel. Eine massgebliche Rolle soll auch Breitling-Vormann Georges Kern gespielt haben: Als er 2018 mit Walser an diversen Werbefilmprojekten arbeitete, entstand die Idee zu dieser Software. 2020 war die erste Version fertig, die zunächst hausintern bei Otakus, Walsers Produktionsfirma, zum Einsatz kam.

Im März 2022 wurde dann die Producer AG ins Leben gerufen. Bis dahin hatten die Gründer bereits rund 450'000 Franken in die Firma investiert, sagt Patrick Lambertz, der als Berater und COO dabei ist. Bei der ersten Fremdfinanzierungsrunde («Seed») schoss der Deutsche Volker Wendel als Lead Investor eine halbe Million Franken ein. Wendel hat das europäische Augenklinik-Netzwerk Sanoptis vor wenigen Jahren gegründet und zügig ausgebaut – und damit ein Vermögen gemacht. Aktuell läuft eine zweite Runde, die zwei bis drei Millionen Franken einbringen soll.

Die Producer-Software bei der Anwendung.

Die Producer-Software bei der Anwendung.

Quelle: PD

Das Geschäftsmodell basiert auf Abonnementsgebühren für die Software. Die Preisstaffel startet für kleine Studios, mit Zugang für zwei Nutzer, bei rund 50 Franken im Monat. Zu den ersten Usern gehören etwa Microsoft Learning und Produktionsfirmen wie Stories, Shining sowie Audi Schweiz. Als Partner, sagt Lambertz, seien Microsoft und Accenture an Bord.

Der angepeilte Markt dürfte gigantisch sein. Producer wendet sich nicht an klassische Hollywood-Spielfilmstudios, sondern an Firmen. Schätzungen zufolge liegen die weltweiten Ausgaben für Filme und Videos bei rund 300 Milliarden Franken, mehr als die Hälfte davon entfällt auf Werbevideos. Da zudem immer mehr Unternehmen Bewegtbild für ihre Webseiten, Geschäftsberichte und andere Zwecke nutzen, gelten praktisch alle grösseren Firmen als potenzielle Kunden. Auf längere Sicht hoffen die Gründer folglich auf einen Big Bang: Adobe hat im Jahr 2021 Frame.io übernommen und dafür fast 1,3 Milliarden Dollar bezahlt – eine ähnliche Software, die aber nur einen Bruchteil des kompletten Prozesses abdeckt, den Producer abbildet. Demzufolge dürften gute Chancen bestehen, dass hier ein neues Schweizer «Einhorn» entsteht: ein Start-up mit Milliardenbewertung.

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Dirk Ruschmann
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