Auf den ersten Blick ist es eine unscheinbare Personalie: Im Verwaltungsrat der Schweizer Ferienfluglinie Edelweiss kommt es zu Neubesetzungen. Der neue Swiss-CEO Dieter Vranckx ersetzt den scheidenden Thomas Klühr als Edelweiss-Präsident, dazu zieht Swiss-Finanzchef Markus Binkert in den VR ein. Dort sitzt ausserdem weiterhin Karl Ulrich Garnadt, ein hoch respektierter Lufthansa-Topmanager im Ruhestand.

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Auf den zweiten Blick stellen sich diverse Fragen. Warum hat man den bisherigen Verwaltungsrat, dem Binkert folgt, den früheren Flughafen-CEO Josef Felder, nicht früher ersetzt? Felder hatte Edelweiss, von aussen unbemerkt, schon im vergangenen Frühling verlassen. Ein Insider sagt, Felder habe nach zwölf Jahren etwas anderes sehen wollen.

Neu soll er, der von Luzern aus arbeitet, in den VR der SGV Holding einziehen, die unter anderem die Schifffahrt auf dem Vierwaldstättersee betreibt. Doch warum verzichtet der Lufthansa-Konzern künftig auf die oft wertvolle Perspektive eines externen VR-Mitglieds?

Offiziell sagt die Swiss, in der aktuellen Luftfahrt-Krise stünden vor allem finanzielle Themen im Vordergrund, deshalb mache die Berufung von Swiss-CFO Binkert Sinn. Und dass die Swiss gleich zwei Vertreter in den Edelweiss-Verwaltungsrat entsende, habe es auch früher schon gegeben.

Normales Passagiervolumen schon 2022

Beides nicht falsch – doch die festere Umarmung der Edelweiss dürfte noch weitere Gründe haben. Zum einen als Zeichen der Wertschätzung für Binkert, der als logischer Nachfolger von Klühr galt, aber Vranckx den Vortritt lassen musste.

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Zum anderen und Wichtigeren aber, dass Airlines nun verstärkt auf das Geschäft mit Touristen setzen – Luftfahrtexperten von Bernstein Research etwa gehen davon aus, dass das Passagiervolumen im Segment «Leisure» schon 2022 wieder auf das Vor-Corona-Niveau steigen wird, während es bei den lukrativen Geschäftsreisen mindestens bis 2025 dauern dürfte – wenn überhaupt. Denn viele Firmen ersetzen wohl teure Dienstreisen dauerhaft durch Videokonferenzen.

Auch deshalb konzentriert sich Lufthansa-Boss Carsten Spohr derzeit darauf, die touristischen Flugangebote in Deutschland, derzeit auf mehrere Lufthansa-Töchter verteilt, unter dem Dach der Eurowings zu zentralisieren.

In der Schweiz arbeiten Swiss und Edelweiss unter CEO Bernd Bauer bereits eng zusammen. Flugpläne werden abgestimmt, das Ertragsmanagement wird aus einer Hand erledigt, Swiss fungiert mit ihren Kurzstrecken als Zubringer für die Langstrecken der Edelweiss, vertritt sie in Konzerngremien.

Doch da geht noch mehr. Und zudem plant die Swiss schon länger, für die beiden Airlines einen gemeinsamen Jahresabschluss vorzulegen, sicherlich unter Führung der grossen Schwester: Da ist der Weg zu gemeinsamer Finanzplanung nicht weit. Binkert läuft sich für alle Fälle warm.

Dirk Ruschmann
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