Frau Hilb, ein grosser Teil der Verluste ist an den Börsen wieder wettgemacht. Wie geht es weiter?
Es wird holpriger. Nach der Erleichterungsrally ist schon sehr viel Optimismus in den Kursen. Wir dürften wohl schon bald schwächere Kurse sehen.

Was könnte den Optimismus bremsen?
Konjunkturdaten, die nicht mehr positiv überraschen. Auch die Politik hält mit den US-Wahlen und dem sich wieder verschärfenden Handelskonflikt zwischen den USA und China einige Unsicherheiten bereit. Weniger problematisch sind Quartalsergebnisse: Hier sind die Erwartungen schon sehr tief.

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Sind solche Rückschläge Gelegenheiten zum Einstieg?
Ich denke schon. Der Bärenmarkt ist vorbei, die Tiefststände vom März werden wir in dieser Krise nicht mehr wiedersehen.

Die Epidemie kümmert die Börsen nicht mehr?
Das Virus ist natürlich nicht weg. Doch wir haben Wege gefunden, ohne Lockdown mit ihm umzugehen.

Aber die hohen Indexstände haben mit der Realwirtschaft nur noch sehr wenig zu tun. Hat sich die Börse von der Realität abgekoppelt?
Die Aktienmärkte haben die Krise abgehakt und schauen nach vorn. Sie gehen von einer rasanten Erholung im Jahr 2021 aus. Auch getrieben durch die vielen fiskalpolitischen Programme. Die Notenbanken, allen voran jene der USA, sind nahe an den Märkten und springen bei Bedarf noch stärker ein.

Caroline Hilb

Finanzexpertin: Caroline Hilb ist Leiterin Anlagestrategie und Analyse bei der St.Galler Kantonalbank.

Quelle: ZVG

Viele Anleger tun sich schwer, ihr Geld bei wieder so hohen Indexständen in Aktien zu investieren.
Man sollte sich von den hohen Indexständen nicht verunsichern lassen und investiert bleiben. Es macht Sinn, bei den Technologieaktien Gewinne mitzunehmen und etwa in Industrietitel umzuschichten. So holt man sich die Konjunkturerholung ins Depot. Wichtig ist es aber, bei Aktien zu bleiben. Das ist eine ehrliche, transparente und liquide Anlageklasse.

Welche Titel haben in Ihren Augen Potenzial?
Qualitätstitel wie Geberit, Ems-Chemie oder Schindler haben sehr gute Geschäftsmodelle und haben sich in der Krise bemerkenswert gut gehalten. Auch eine Deutsche Post könnte als klassische Restrukturierungs-Story Freude machen. Fresenius hat viel Wachstumspotenzial.

Welcher US-Präsident wäre für die Börsen besser?
Donald Trump wäre für die Märkte kurzfristig die bessere Wahl, mittelfristig Joe Biden. Unter Biden würden sich sowohl der Handelskonflikt mit China als auch die sozialen Spannungen im eigenen Land beruhigen.

Dies ist ein BILANZ-Artikel

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Erich Gerbl
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