Schon wieder ein Warenhaus weniger! In Zürich ist die Aufregung über die baldige Jelmoli-Schliessung gross. Ein Sonntagsblatt bezeichnete SPS, den Jelmoli-Betreiber und gleichzeitig Besitzer der Immobilie, sogar als «Totengräber der Innenstadt». Womöglich war der Schnappreflex ausgelöst durch Erinnerungen an die Schliessung des Kaufhauses Manor in der Nachbarschaft: Immobilieneigner Swiss Life wollte die Miete kräftig erhöhen, Manor diese nicht bezahlen, kämpfte vergeblich dagegen an und zog schliesslich aus.Dass man von börsenkotierten Immobilienbesitzern kaum erwarten kann, dauerhaft auf Renditen für ihre Aktionäre zu verzichten, um sich als Stadtentwickler zu profilieren, dürfte logisch sein. Vergleichbar sind die beiden Fälle nicht: Manor zahlte über viele Jahre für ihre Fläche eine Niedrigmiete, rund 6,5 Millionen Franken jährlich. Das Haus war laut Insidern profitabel; Manor verzichtete also freiwillig auf einen dreistelligen Millionenumsatz, weil man keine Marktmiete bezahlen wollte.

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Jelmoli, die der SPS 27 Millionen Miete zahlte, ist hingegen chronisch defizitär. SPS-Chef René Zahnd sprach von einem Verlust von 45 Millionen Franken in den vergangenen sieben Jahren, in der Branche kursieren sogar weit höhere Schätzungen, von weit über 35 Millionen für 2022 ist die Rede. Diese Zahl dementiert SPS hart – die Wahrheit könnte allerdings hier liegen: SPS hat dem Schliessungsbeschluss Taten folgen lassen und finale Abschreiber vorgenommen, etwa auf IT oder den Onlinestore, Mobiliar oder Waren. Diese sollen sich insgesamt, inklusive des Verlusts aus dem laufenden Warenhausbetrieb, der gut zehn Millionen betragen soll, auf rund 34  Millionen Franken belaufen.

Rene Zahnd CEO SPS Swiss

Rene Zahnd, CEO SPS Swiss

Quelle: Salvatore Vinci

Der Jelmoli-Betrieb war seit jeher inhaltlich ein Fremdkörper im Immobilienkonzern SPS. Zuletzt wehte der Wind jedoch immer heftiger: Corona-Schliessungen kosteten Umsatz, die steigenden Zinsen werden die Bewertung des Gebäudes drücken, umso weniger lohnt sich ein Warenhausbetrieb. Auch musste Jelmoli-Chefin Nina Müller zusehen, wie diverse ihrer Marken auch beim benachbarten Konkurrenten Globus (der ebenfalls tiefrote Zahlen schreiben soll) eingezogen sind.

Nina Müller, CEO Jelmoli, in den Räumlichkeiten des Personal Fitting Rooms

Noch-Jelmoli-CEO Nina Müller.

Quelle: Lea Meienberg

Der angepeilte Ausweg: Büros statt Retail, weil damit gerade in den oberen Stockwerken höhere Mieten erzielt werden können. Von den 24 000 Quadratmetern, die das Warenhaus belegte, sollen für Retailmieter noch rund 10 000 Quadratmeter übrig bleiben: Unter- und Erdgeschoss sowie ein kleiner Teil des ersten Stocks. Verhandlungen mit Interessenten sollen angelaufen sein. Als Betreiber will SPS nicht mehr agieren. Aber sie wäre bereit, den Brand «Jelmoli» einem künftigen Mieter zum Gebrauch zu überlassen; auch das Haus wird weiterhin als «Jelmoli»-Haus bezeichnet werden.

Die erzielbaren Einnahmen schätzen Experten auf «deutlich» höher als die bisher von Jelmoli bezahlten, zumal die Nachfrage nach grossen Büroflächen an guten City-Lagen derzeit sehr hoch ist. Michael Dressen von der Immobilienberatung CBRE, der keine Schätzung vornehmen wollte, weist darauf hin, dass es «stark auf die Neuaufteilung der Flächen ankommen wird». Weitere Perspektiven könnten sich laut Dressen auftun, wenn die Sihlstrasse wie geplant autofrei wird.

Nach der Schliessung Ende 2024 steht zunächst ein jahrelanger, kostspieliger Umbau an. SPS muss hoffen, dass die Nachfrage nach City-Büros bis dahin nicht abflaut.

 

Dirk Ruschmann
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