Künstliche Intelligenz (KI) wird aktuell entweder als Wundermittel zur Lösung sämtlicher Probleme der Menschheit oder als mögliches Weltuntergangsszenario beschrieben. Sam Altman, der Mann hinter ChatGPT, träumt von einer generellen künstlichen Intelligenz, die dem menschlichen Gehirn überlegen sein wird. Ihm schwebt ein schrittweiser Übergang in eine Welt mit menschenähnlicher künstlicher Intelligenz vor. Doch wie intelligent sind diese Systeme und Algorithmen wirklich? Am Ende kann niemand die Entwicklung der Anwendung von KI genau vorhersagen. Doch einige kritische Ansichten seien hier erlaubt.

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Anwendungen von künstlicher Intelligenz sind nicht wirklich intelligent, so wie wir den Begriff verstehen. KI besteht primär aus einer starken Rechenleistung, Algorithmen und grossen Datenmengen. Dieser Trainings-Datensatz ist gegeben, selbstständiges Weiterlernen ist also nicht möglich und die Handlungsfähigkeit der KI entsprechend stark eingeschränkt. Der Durchbruch zu heutigen Anwendungen kam durch die um ein Vielfaches gesteigerte Rechenleistung sowie die riesigen frei verfügbaren Datenmengen im Internet zustande. Der Algorithmus wird anhand von unzähligen Informationen trainiert, die man ihm vorlegt. In der Bilderkennung müssen über 100'000 Katzenbilder vorgelegt werden, bis die nächste Katze als solche erkannt wird. Das ist weit weg von intelligent. Im Alltagsjargon könnte man sagen, dem Computer fehlt ein gesunder Menschenverstand. Kaum eine KI-Anwendung besteht heute den Turing-Test, mit dem gemessen wird, inwiefern Menschen erkennen, ob sie mit einem Bot oder einem menschlichen Gegenüber hin und her schreiben. Was Computer wirklich gut können, ist, dass sie mit hoher Rechenleistung und vielen Daten enorm schnell lernen. Entsprechend ist der Begriff «Machine Learning» wohl passender als «künstliche Intelligenz». Echte Intelligenz wäre, wenn ein Computer etwas völlig Neues entwickeln respektive Probleme lösen könnte, für die es aus der Vergangenheit noch keine Lösung gibt.

Nicolas Durville ist Schweiz-Chef des weltweit tätigen Innovationsberaters Zühlke.

KI wird auf jeden Fall Berufsbilder verändern und verschieben. Neu ist – gegenüber früheren Entwicklungen der Industrialisierung und von Automatisierungen –, dass mit KI auch hoch qualifizierte Berufe betroffen sind, stärker, als uns vermutlich heute bewusst ist. Ein interessantes Beispiel ist Legaltech. Die Arbeit von juristischem Personal eignet sich gut für die Anwendung von KI, ein Grossteil besteht aus Recherche und der Auswertung grosser Datenmengen.

Der Einsatz ist aber nur dann erfolgreich in einem Unternehmen, wenn die Akzeptanz bei den Mitarbeitenden und in der Führungsetage vorhanden ist. «Ich mache diesen Job seit 20 Jahren, und ich kenne meine Kunden. Wieso soll mir jetzt eine Maschine sagen, wie ich meine Arbeit machen soll und was meine Kunden wünschen?» Mit solchen oder ähnlichen Aussagen muss in Organisationen gerechnet und die Veränderung aktiv vorangetrieben werden.

Auch wenn Maschinen nicht gleich die Weltherrschaft übernehmen, muss KI dennoch reguliert werden. Das Problem ist, dass der technische Fortschritt massiv schneller ist als jede regulatorische Leitplanke. Das ist per se bei allen Regulierungen so. Die Geschwindigkeit, mit der sich die KI vorwärtsbewegt, ist jedoch ungleich schneller als alles, was wir bisher erlebt haben.
Die Rechenleistung bietet eine enorme Hilfe bei routinemässigen Arbeiten. Diese Leistungen sollten wir uns zunutze machen, ohne dabei zu starke Angstszenarien heraufzubeschwören. Technologische Errungenschaften waren schon immer Quelle grosser Ängste. Diese gilt es zu überwinden und dafür zu sorgen, dass die KI-Technologie die Menschheit weiterbringt – als intelligent eingesetztes Instrument.