Wie speziell diese Briten immer noch sind, trotz ihres vergleichsweise schnöden Eigentümers BMW, lässt sich am besten an ihrer Nomenklatur ablesen. Bei Rolls-Royce heisst der Sportmodus, der tatsächlich existiert, nämlich «low», was für geringeren Fahrkomfort stehen soll. Fahrwerk und Lenkung agieren in «low» ein wenig direkter, die Akustik erlaubt sich gelegentlich, auf sich aufmerksam zu machen. Der Zwölfender-Biturbo mit seinen bärigen 900 Newtonmetern Drehmoment hat aber so oder so keine Mühe mit dem 2,5-Tonnen-Gerät. Wie üblich bei Rolls-Royce gilt eine implizite Warnung vor der älteren Generation Schweizer Parkhäuser, insbesondere der fiesen Variante mit Bordsteinen an den Auf- und Abfahrten: Bei 5,50 Metern Länge und über zwei Metern Breite herrscht akute Felgenverschrammungs-Gefahrenlage.

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«Black Badge» steht bei Rolls Royce für ein dunkel ausgeführtes Sondermodell, das zudem rund 30 Pferde mehr beherbergt als die «normale» Variante. Chromteile, Kühlerfigur und diverse andere Teile sind abgedunkelt, das Interieur, mit Karbon und Metall ausgekleidet, passt sich selbstverständlich an, und wo es dann doch Kunststoffe hat – die sparsame Mutter aus Bayern lässt grüssen –, durften beim Briten die Oberflächen zumindest etwas abgeschäumt werden.

Der Testfahrer

Dirk Ruschmann fährt seit 25 Jahren Auto. Er schreibt über Unternehmen, Manager, Autos und andere bewegliche Teile.

Die klassische Mittelarmlehne hinten und das edle Lederpolster auf der Mittelkonsole vorne erinnern nicht nur an die gute alte Zeit, als die Spitze von Europas Fahrzeugbau noch aus Limousinen bestand, sondern auch daran, was ein Rolls-Royce eigentlich ist: ein schallgedämpft dahingleitendes Wohnzimmer, das zur zwischenzeitlichen Bespassung auch ein Gaspedal mit sich führt.

Sicher, der Ghost fährt sich auf Wunsch erstaunlich zackig. Allerdings erlaubt er sich keine abnormen Verhaltensweisen. Unterstützung kommt ausserdem von der Hinterradlenkung, die bei geringem Tempo in die Kurve hineinhilft und ab 70 Stundenkilometern den auch bei Traktoren beliebten Hundegang praktiziert, sodass schnelle Spurwechsel auf der Autobahn mit allen vier Rädern in derselben Ausrichtung bombensicher gelingen.

Rolls-Royce Ghost Black Badge
  • Antrieb: 6,8-Liter-V12-Biturbo
  • Verbrauch: 15,8 Liter Super Plus
  • Leistung: 600 PS (441 kW)
  • 0-100 km/h: 4,7 s
  • Vmax: 250 km/h
  • Preis: rund 400'000 Franken
Rolls-Royce Ghost Black Badge

Der Rolls-Royce Ghost Black Badge.

Quelle: PD

Selbiges gilt fürs Entertainment – und dieser Dank gebührt BMW: Bedienung und Navi erlauben sich keinerlei Extravaganzen, sondern funktionieren so einfach und zuverlässig wie in jedem Serien-BMW. Reinsetzen, einstellen, Halbgas und los.

Denn im Gleiten über Stadt- und Landstrassen liegt die eigentliche 400-Kilo-Franken-Gegenleistung: Köpfe rucken, Münder klappen auf, alle staunend, viele bewundernd, nur wenige neidisch. Rolls-Royce muss man sich trauen – und kann man sich trauen. Ein Rolls ist nach wie vor ein Ereignis. Ein positives.

Dirk Ruschmann
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