Der gängigen Definition einer Finanzkrise entsprachen die Turbulenzen rund um Silicon Valley Bank und Credit Suisse noch nicht. Zu wenig global, zu kurz, das Finanzsystem stand auch noch nicht unmittelbar vor dem Abgrund. In der Finanzwelt wird die Episode etwas harmlos als «March Madness» bezeichnet. Die Finanzkrise von 2008 noch im Hinterkopf, gingen die Notenbanken entsprechend schnell und entschlossen vor. Das Feuer scheint gelöscht. «Ich würde in keinster Weise von einer Finanzkrise sprechen und sehe aktuell auch keine auf uns zukommen», sagt etwa Cronberg-CIO Alessandro Sgro. Auch die Volatilität ging an den Märkten deutlich zurück. Doch die Ruhe könnte trügerisch sein. Laut LUKB-Experte Thomas Härter «glüht das Madness-Feuer immer noch vor sich hin und könnte sich jederzeit neu entzünden». Die Notenbanken müssen in Bereitschaft sein. Höhere Zinsen und Bilanzverkürzung fordern ihren Tribut. Laut Härter gebe es in den nächsten Quartalen wohl weitere Finanzfeuer zu löschen.

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Bei Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann kommen beunruhigende Erinnerungen auf. «Die Turbulenzen von März erinnern mich stark an den Frühling 2007.» Auch damals habe man gedacht, eine Pleite von zwei Hedgefonds sei nicht so schlimm und der Immobilienmarkt kühle sich eben ein wenig ab, bevor die Finanzindustrie dann wenige Monate später am Abgrund stand. Laut Straumann hätten Krisen über den Sommer häufig unbeachtet vor sich hingebrodelt, bevor es nach den Ferien zu einer Neubewertung der Lage und einem heftigen Ausbruch kam.

Ein Brandherd liegt bei regionalen US-Banken. Wie in der Savings-and-Loan-Krise in den 1980er Jahren haben diese Gewerbeimmobilienkredite mit tief verzinsten und häufig unversicherten Kundeneinlagen finanziert. Als die Fed die Zinsen im Kampf gegen die Inflation erhöhte, wurden die Einlagen damals wie heute in besser verzinste Anlagen transferiert. «Gewisse Dinge der Savings-and-Loan-Krise haben sich mit der Pleite der Silicon Valley Bank bereits wiederholt», sagt Straumann. Fallende Immobilienpreise und die erwartete Rezession verschärfen die Situation.

Erich Gerbl
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