Es war scharfe Kost, die Nationalbank-Vize Fritz Zurbrügg Ende August bei einem Vortrag in Luzern zum Schweizer Immobilienmarkt servierte. «Deutliche Anzeichen einer nicht nachhaltigen Hypothekarkreditvergabe», «hohe Verwundbarkeit», «erhöhte Gefahr einer Preiskorrektur». Mitte September legte er dann via «SonntagsZeitung» nach. In Zeiten, in denen Präsident Thomas Jordan sich von seiner Herzoperation erholt, markiert sein Stellvertreter mediale Präsenz: Wir sind voll handlungsfähig.

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In der Immobilienszene ist man über die markigen Worte jedoch verwundert –schliesslich ist es ja die Nationalbank selbst, die mit ihren Negativzinsen als grösster Beschleuniger des Preisanstiegs auftritt. Als Leiter des Zweiten Departments mag sich Zurbrügg zwar besonders über die Risiken sorgen – er ist für die Finanzstabilität verantwortlich. Doch die Klagen wiederholen sich. Vor drei Jahren schon trat er etwa bei den «NZZ Real Estate Days» mit ähnlichen Warnungen auf. Seitdem hat der Markt nochmals um fast 20 Prozent zugelegt – und die SNB hat tatenlos zugeschaut.

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Dazu liefern die Währungshüter eine weitere Angriffsfläche. Bis Ende Juli ist die Bilanzsumme der Nationalbank auf 1024 Milliarden Franken angeschwollen – sie ist fast so gross wie der gesamte Schweizer Hypothekarmarkt, der sich Ende 2020 auf 1100 Milliarden belief. Die SNB ist an den Finanzmärkten mittlerweile ein gigantischer Investor: Sie hält Milliardenbeteiligungen in US-Tech-Werten wie Apple, Microsoft oder Alphabet, hat dazu auch Klimasünder wie die Ölfirmen Chevron oder Exxon in ihrem Depot.

Der starke Börsenaufschwung der letzten Monate erhöht auch die Risiken bei den Investments. Der Immobilien-Unternehmer Claude Ginesta: «Die Nationalbank stellt die Immobilienbranche mit einem Hypothekarvolumen von rund 1100 Milliarden Franken als Systemrisiko dar, hat aber mit ihren Investments von mehr als 1000 Milliarden selbst eine Art Hedgefonds mit Systemrisiko aufgebaut.»

 

Dirk Schütz
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