Auf den ersten Blick ist es ein nur hübsches Detail, doch bei genauerem Hinsehen entpuppt es sich als die eigentliche Hauptsache: Das kleine spitzwinklige Dreieck unter dem Uhrenglas, normalerweise bei 12 Uhr gelegen, hat es in sich. Wir haben es dabei nämlich nicht mit einer Verzierung zu tun, sondern mit einer technischen Funktion – simpel und nützlich. Das Dreieck kann über den geriffelten Drehring um die Uhr gedreht werden. Und macht, so gesehen, das Instrument zu einer Art Chronographen. Man markiert sich damit den Startpunkt, zum Beispiel bei der Abreise mit dem Auto, und kann dann visuell wahlweise die vergangenen Minuten oder Stunden erfassen. «Starting time indicator» heisst der neudeutsche Begriff dafür. Umgekehrt funktioniert es ebenso: Man markiert eine Zielzeit, sieht, wie sich der Zeiger dem Dreieck annähert, und hat so einen optischen Countdown.

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Man ist versucht, von einer kleinen Komplikation zu sprechen, technisch aber war die Entwicklung der neuen Uhr eine Knacknuss. Denn sie sollte modernen Anforderungen genügen, also nicht nur sehr genau sein – die Uhr wird eingeschalt als präziser Chronometer zertifiziert –, sondern auch wasserdicht bis 100 Meter Tiefe. Das war bei einer solchen Konstruktion, man ahnt es, für die Ingenieure kein einfacher Spaziergang. Zumal das Preisschild für das gute Stück potenzielle Käufer nicht abschrecken sollte: 3500 Franken sind dafür auf der Kreditkarte abzubuchen, 3600 wenn man auch die Box und ein zusätzliches Bändeli wünscht. Im Vergleich zum Original ist die Lünette etwas massiver ausgefallen, was der Wasserdichtigkeit geschuldet ist. Doch generell ist die Vintage-Anmutung gelungen, dazu tragen auch das Super-Luminova-Leuchtmittel im «Old Radium»-Stil und die grossen arabischen Ziffern bei.

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Die Ur-Majetek war 1935 als Referenz 3582 entwickelt worden, gemäss einem strengen Anforderungskatalog für die Luftwaffe der Tschechoslowakei. Auffallend neben dem Dreieck und der geriffelten Lünette waren die üppig aufgebrachte Radon-Leuchtmasse, die Präzision des Kalibers 15.68 und seine paramagnetischen Eigenschaften. Aber auch das Design – notabene am 1. April 1935 beim Amt für geistiges Eigentum in Bern geschützt – war eigenständig: Die Bandanstösse am kissenförmigen Gehäuse spreizten sich leicht nach aussen, eine seltene Lösung, welche getroffen worden war, um solide grosse Uhrenbänder einsetzen zu können. Auf dem Boden waren die Worte eingraviert, die der Uhr später ihren Namen gegeben haben: «Majetek Vojenske Spray», «Eigentum der Militärverwaltung».

Im Krieg, dies nebenbei, waren tschechische Soldaten der Luftwaffe aus dem früh von Deutschland okkupierten Land nach England geflohen, wo sie als erfahrene Piloten sehr willkommen waren. Über 1200 Mann sollen es gewesen sein, darunter 400 bis 500 Piloten. Einer, so wird berichtet, habe allein 17 deutsche Flugzeuge abgeschossen.

Die Drehlünette mit Dreieck ist bei Longines allerdings älter als die Majetek und seit 1923 eine Art Signatur der Marke. Schon die damals im Auftrag von Jules Vial gebaute Fliegeruhr hatte diese Features, man findet sie auch an Borduhren aus Saint-Imier. Oder am Eindrücker-Chronographen mit schwarzem Zifferblatt von 1937, der bei Sammlern begehrten Referenz 3811 mit dem Kaliber 13ZM.

Steckbrief Longines Pilot Majetek

Grösse: 43 Millimeter

Material: Stahlgehäuse mit gravierter Plakette «1935» am linken Rand

Preis: 3500 Franken

Werk: Automatikkaliber L893.6 mit 72 Stunden Gangautonomie

Besonderheit: Über die Lünette einstellbarer «Starting time Indikator» mit Dreiecksindex

Longines Pilot Majetek

Die Longines Pilot Majetek.

Quelle: ZVG