Ein guter Freund von mir ist Hautarzt. Bei jedem gesellschaftlichen Anlass werden ihm Muttermale präsentiert. Mir geht es mittlerweile ähnlich mit Uhren, mir werden bei jeder Gelegenheit Handgelenke gezeigt. Das ist ein gutes Zeichen.


Im April fand in Genf die weltweit grösste Uhrenmesse statt, die Watches and Wonders. Ich war mit einem Chrono24-Team zu Gast. Präsentationen und Gastfreundschaft waren grossartig. Was mir besonders aufgefallen ist, war die enorm gestiegene Präsenz an Medienvertretern. Ein klares Indiz für die wachsende Beliebtheit von Uhren, auch im Mainstream.
 
Die Branche selbst steht indes vor neuen Herausforderungen: Auf den Boom der letzten Jahre folgte im vergangenen Jahr eine heftige Preiskorrektur im Sekundärmarkt, und nun holpert es bei den Schweizer Uhrenexporten. Im März waren sie erstmals seit Jahren negativ im Vergleich mit dem Vorjahr, für 2024 wird ein Rückgang von fünf Prozent erwartet. Und was machen die Uhrenhersteller? Reagieren sie mit Innovationen adäquat auf die

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Bedürfnisse der potenziellen Kunden, oder machen sie es sich zu einfach? 
 
Mein Fazit im Nachgang zur Watches and Wonders: Es dominiert das altbewährte Konzept, auf Ikonen zu setzen und sie, geringfügig verändert, neu herauszubringen. Das funktioniert offensichtlich, die Preise dieser Modelle steigen jedenfalls kontinuierlich. Nur: wie lange noch? Wo der Kreis möglicher Kunden grösser wird, wächst auch die Menge kritischer Beobachter einer solchen Produkt- und Preispolitik.


Vielleicht bietet die Strategie der graduellen Veränderung, an der die Industrie seit Jahren festhält, in einer Welt voller ständiger technologischer Neuerungen eine beruhigende Konstanz: Schuster, bleib bei deinem Leisten. Während Tech-Unternehmen in gespenstischem Tempo menschliche Gewohnheiten verändern, bleibt die mechanische Uhr ein anachronistisches Symbol für Beständigkeit. Man muss der Uhrenindustrie vielleicht sogar ein Kompliment machen, dass sie den Mut besitzt, Kunden 150 Jahre lang die gleichen, nur leicht veränderten Produkte anzubieten. Mangelnde Innovationskraft ist heutzutage auch eine Form der Innovation.
 
Sie sehen: Ich selbst kann mich nicht richtig entscheiden, auf welcher Seite ich stehe. Ich liebe die Klassiker, sehne mich aber manchmal auch nach etwas ganz Neuem. Und ehrlich: Richtig beunruhigt wäre ich erst, wenn man mir auf Partys keine Handgelenke mehr präsentieren würde.