Die Begeisterung, die der neuen Jobsuchmaschine von Google entgegenschlägt, ist fast schon verdächtig. Linkedin, Facebook, Glassdoor und grosse Konzerne wie Johnson & Johnson: Alle jubeln über den Vorstoss des Technikonzerns in den Stelleninseratemarkt.

Künftig soll die Suchmaschine weltweit der zentrale Aggregator aller Jobausschreibungen sein. Jobsuchende sollen dadurch schneller eine neue Stelle finden. Bald können sie in der Ergebnisliste Vakanzen sogar nach Fahrzeit zum Büro sortieren. Und Unternehmen sollen mehr und passendere Bewerbungsdossiers auf den Tisch bekommen. Erste Firmen berichten von bis zu 20 Prozent mehr Reaktionen auf Ausschreibungen.

Für Arbeitgeber dürfte der Job-Aggregator teurer werden

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Die Euphorie von Arbeitgebern und Karriernetzwerken wie Linkedin und Glassdoor könnte aber schon bald verflogen sein. Vor allem die Karriereportale kommen unter Druck: Es ist sogar möglich, dass wir gerade den Anfang vom Ende von Linkedin und Co. erleben.

Vor allem ein Punkt in der Google-Präsentation lässt darauf schliessen: Künftig sollen sich Mitarbeiter mit nur einem Klick auf eine von Google vorgeschlagene Stelle bewerben können. Woher Google die Lebenslaufdaten hat, die es für die «One Click»-Bewerbung braucht? Entweder die Karriereportale überlassen Google die Daten oder Google bittet seine Nutzer irgendwann, eigene Karriereprofile zu erstellen, die dann an Arbeitgeber weitergeleitet werden. Beides unterminiert das Geschäftsmodell der bisherigen Player.

Dass Google mit den grossen Anbietern im Karrieremarkt an den Start geht, ist dennoch logisch: Mithilfe der Millionen Inserate in den bestehenden Suchmaschinen kann Google schnell auf ein eindrucksvolles Volumen kommen und vor allem den eigenen Algorithmus perfektionieren. In einem zweiten Schritt könnten Firmen dann ihre Vakanzen direkt in das Google-System füttern. Die bestehenden Karriereportale werden dadurch nicht sofort verschwinden, aber sie werden irgendwann ein vernachlässigbarer Zwischenhändler.

Google nutzt die Schwächen von Linkedin und Co.

Unbekannt ist bis dato auch das Preisschild, das dann auf die Arbeitgeber wartet, die ihre Stellen bei Google ausschreiben. Vor allem bei begehrten Fachkräften könnte Google mit den Preisen spielen. Für die Stellensuchenden selbst könnten bei der Jobsuche effizientere Zeiten anbrechen. Natürlich dürfen sie kein Problem damit haben, dass ihre Kompetenzen und Jobstationen bald bei Google lagern.

Den Konzern als bösen Disruptor darzustellen, ist in dieser Sache nicht angemessen. Immerhin nutzt der Internetgigant nur die lange vor sich hinschwelenden Schwächen von Karriereportalen und Jobsuchmaschinen. Bisher waren diese nicht in der Lage, Jobausschreibungen sinnvoll zu sortieren und ihr Matching-System auf ein akzeptables Niveau zu bringen. Für Linkedin und Co. könnte Google Jobs ein entscheidender Wendepunkt sein.

Stefan Mair
Stefan MairMehr erfahren