Douglas Moser hat beim Bügeln stets BBC geschaut. Diese Aussage ist weniger lapidar, als sie scheint. Sie steht für eine Geisteshaltung: Moser entschied sich 2007 für den Ausstieg aus dem Beruf und wurde wenig später Vollzeitpapa. Der Banker wusste: Er muss sich fit halten für die Rückkehr in den Job.

«Meine Frau und ich leben mit konventionellen Rollen, nur eben vertauscht», sagt Moser. Der 44-Jährige wirkt auch im Anzug locker, lacht gern und viel. 13 Jahre lang hat er für mehrere Schweizer Grossbanken Schweizer Aktien gehandelt, ein Adrenalinjob mit bis zu 60 Stunden die Woche. Dann bekam seine Frau – ebenfalls Bankerin – eine Chance in Australien. Moser kündigte und ging mit ihr.

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32'000 potenzielle Rückkehrer

Aus einem Jahr im Ausland wurden fünf, inklusive einer Station in Hongkong. Die Söhne, heute sieben und neun Jahre alt, kamen zur Welt. Es war Moser, der für die beiden zu Hause blieb, während seine Frau arbeitete. Jetzt, nach mehrjähriger Pause, steht er an der Schwelle zurück in den Beruf.

Moser ist einer von rund 32’000 Hochqualifizierten in der Schweiz – so eine Schätzung der Uni St.Gallen –, die nach einer Auszeit potenziell zurück in den Beruf wollen. Der Grossteil von ihnen kümmert sich in der Jobpause um Kinder, zu einer deutlichen Mehrheit sind es Frauen.

Deals für Fortune-500-Kunden

So wie Claudia Wenzel. Die 43-Jährige blickt vor der Familienzeit auf eine beachtliche Karriere zurück. Die studierte Biotechnologin zählte bei einem Rückversicherer zu den High Potentials. Zu Spitzenzeiten hat sie Deals für Fortune-500-Kunden strukturiert und mitakquiriert.

«Priorität auf meinen Kindern»

Claudia Wenzel hat sich nicht gegen eine Karriere entschieden, sondern für ihre Kinder. Die Ehe mit dem Vater der beiden wurde geschieden, sie blieb zu Hause: «Die Priorität lag erst einmal auf meinen Kindern, vor allem als Alleinerziehende. Auch wenn ich den Wunsch hatte, in den Beruf zurückzukehren, wusste ich, dass ich auf meine Kinder damit nahezu hätte verzichten müssen.» Fast zehn Jahre lang kümmerte sie sich hauptsächlich um ihren Sohn (12) und ihre Tochter (7).

Mit Anspruch und in Teilzeit

Für ihren Wiedereinstieg wollte sie eine Position mit Anspruch und in Teilzeit: «Die Schwierigkeit ist der erste Schritt – am offenen Markt eine herausfordernde Anstellung zu bekommen, in der man die Chance hat zu zeigen, dass man auch in Teilzeit Spitzenleistung bringen kann.»

Skepsis gegenüber Rückkehrern überwunden

Für Claudia Wenzel und Douglas Moser ist das Portal für die Rückkehr in den Beruf ein Programm der Credit Suisse, das in diesem Jahr zum zweiten Mal in der Schweiz durchgeführt wurde. Im ersten Jahr gab es intern Skepsis gegenüber dem Programm. Abteilungsleiter fürchteten, dass die Wiedereinsteiger nicht konkurrenzfähig seien. Diese Bedenken wurden widerlegt: Laut einer Umfrage nach dem ersten Turnus wollten 100 Prozent der verantwortlichen Führungskräfte wieder einen Rückkehrer beschäftigen. 90 Prozent der Absolventen aus dem ersten Jahr sind heute fest bei der CS angestellt.

Rückkehr nach 19 Jahren

«Es ist eine Frage von maximal sechs Monaten, bis sich eine Berufsrückkehrerin wieder eingearbeitet hat, auch wenn sie lange pausiert hat», sagt Gudrun Sander, Professorin für Management in St. Gallen und Leiterin des Studienprogramms «Women back to business». «Wenn ein Arbeitgeber sich diese Zeit nimmt und die Frau mit einem spannenden Job betraut, bekommt er dafür im Normalfall eine hochloyale, leistungsstarke Mitarbeiterin.»

«Ich habe es vermisst, zu arbeiten»

Anne-Katrin Scherer kann diese Erfahrung bestätigen. Die 52-Jährige arbeitet seit einem Jahr im Risk Management der Credit Suisse, auch sie ist über das Rückkehrprogramm eingestiegen. «Ich habe die Zeit zu Hause genossen, aber ich habe es auch sehr vermisst, in einer Bank zu arbeiten», sagt Scherer. In ihrer Abteilung war die Berufspause schnell kein Thema mehr – obwohl sie 19 Jahre lang pausiert hatte. Scherer hat allerdings beherzigt, was laut Rückkehrexpertin Sander zentral für einen geglückten Wiedereinstieg ist: «Elementar ist, sein Netzwerk zu pflegen und sich weiterzubilden.»

Anne-Katrin Scherer hatte noch aus der Berufstätigkeit heraus ihre Aktivitäten in der Auszeit geplant: Sie wurde ehrenamtlich Vorstandsmitglied der CFA Society Switzerland, einer Institution für Finanzweiterbildung. Claudia Wenzel hat ebenfalls den Kontakt zum Berufsleben gehalten. Nach der Geburt ihres Sohnes hat sie einen MBA in Singapur absolviert. Jetzt wird sie bei der Credit Suisse bleiben und sich eine Vollzeitstelle mit einer Kollegin aus dem Rückkehrprogramm teilen.

Schulterklopfen für den Vollzeitpapa

Auch Douglas Moser hat längst nicht nur BBC geschaut, um sich auf seine Rückkehr vorzubereiten. Er übernahm bereits im Ausland Auftragsarbeiten für frühere Kollegen. Nach den Monaten der Projektphase beginnt er mit einer 80-Prozent-Stelle in der Compliance Simplification der CS.

Moser brauchte für seine Entscheidung, zu Hause zu bleiben, ein Stück weit Mut zum Aussenseitertum. «Super, das wollte ich auch immer», diesen Satz hat er oft von anderen Männern zu hören bekommen, wenn er bei einem Apéro mit ihnen zusammentraf. Sie klopften ihm auf die Schulter, dem Vollzeitpapa. Dann entschuldigten sie sich – auf der Suche nach einem Gesprächspartner, der ihr Netzwerk voranbrachte.

«Arbeiten, Geld verdienen und Steuern zahlen»

Auch unter den daheimbleibenden Frauen war Moser oft ausgeschlossen. «Eine junge Mutter möchte zum Beispiel nicht mit einem Mann über die Geschichte ihrer Geburt sprechen.» Moser sieht es positiv: «Auf diese Weise hatte ich viel Zeit, mich um die Kindern zu kümmern und habe heute eine fantastische Beziehung zu ihnen.»

Entsprechend schwer fällt der Schritt zurück in den Job. «Am Anfang, als ich wieder gearbeitet habe, habe ich die Buben ziemlich vermisst», sagt Moser. «Aber die Entscheidung war richtig so. Ich will weiterhin arbeiten, Geld verdienen und Steuern zahlen.»

Das Real Returns-Progamm der Credit Suisse richtet sich an Wiedereinsteiger, die für mindestens zwei Jahre beruflich pausiert haben. Es ist das einzige Angebot dieser Art eines Grosskonzerns in der Schweiz. In einer Projektphase von vier Monaten (in der Schweiz) übernehmen die Teilnehmer direkt eine Aufgabe im Unternehmen. Netzwerkveranstaltungen und Workshops ergänzen das Programm. Männer und Frauen können sich bewerben. Jedem Partizipanten steht ein Mentor und ein Absolvent des Vorjahres zur Seite. Der Wiedereinstieg ist in Teilzeit von minimal 70 Prozent möglich. Das Programm ist darauf ausgerichtet, die Übernahme im Unternehmen möglich zu machen. Das Programm gibt es in den USA, Grossbritannien und neu auch in Indien. In der Schweiz hat es von April bis Ende Juni zum zweiten Mal stattgefunden, gut 400 Anwärter hatten sich auf 28 Plätze beworben.