Zwei grosse Sportanlässe werden das BIP-Wachstum 2020 ankurbeln. Eine vermeintliche Wachstumsbeschleunigung ist denn auch die Konsensusmeinung. So rechnet das SECO für 2019 derzeit mit 0.8 Prozent BIP-Wachstum, für 2020 aber mit einer Zunahme um stattliche 1.7 Prozent.

Diese Zahlen werden aber durch die genannten Faktoren verzerrt und spiegeln die allgemeinen Trends in der Realwirtschaft nicht richtig wider. Die Stimmung in der Industrie bleibt gedämpft: Der Einkaufsmanagerindex liegt seit sechs Monaten unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Da 79 Prozent ihrer Produktion ins Ausland gehen, ist die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) besonders von der Unsicherheit im Welthandel und der abflauenden Dynamik in Deutschland betroffen.

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Laut Swissmem brachen die Aufträge innert Jahresfrist um fast 20 Prozent ein. Bemerkenswert ist, dass die Aufträge der MEM-Industrien während des Frankenschocks 2015 weniger stark zurückgingen. In diesem Sektor sind Jobs zunehmend gefährdet und die Arbeitslosigkeit dürfte im letzten Quartal 2019 steigen.

Die SNB publizierte ihre eigenen aktualisierten Inflationsprognosen. Diese wurden unter der Annahme erstellt, dass die Geldpolitik bis Mitte 2022 unverändert bleibt. Sogar unter der Voraussetzung einer unverändert akkommodativen Geldpolitik dürfte die Inflation zu keinem Zeitpunkt 1.1 Prozent übersteigen. Dies bestätigt unsere eigenen mittelfristigen Prognosen.

In der Eurozone liegts an den Finanzministern

Bis Mitte 2019 war die Abschwächung in der Eurozone weitgehend auf die schwache Auslandsnachfrage zurückzuführen, welche die führenden Industrie-Exporteure belastete. Aber je länger die Unsicherheit bezüglich Welthandel und Brexit anhält, desto eher dürften auch andere Sektoren und EWWU-Staaten betroffen sein.

Gemäss Einkaufsmanagerumfragen wirkt sich dies ausserhalb von Deutschland noch kaum auf den Dienstleistungssektor aus. Einkaufsmanagerindizes für die Industrie sind für acht europäische Länder verfügbar: In Deutschland und Österreich liegt er klar im Kontraktionsbereich, aus Frankreich, den Niederlanden und Griechenland wird leichte Expansion gemeldet.

Prognosen der EZB

Die Konjunkturabkühlung wird durch automatische fiskalische Stabilisatoren abgefedert. Aber das wird wohl nicht reichen. Der abtretende EZB-Chef Mario Draghi stellte klar, dass durch Geldpolitik alleine die Wirtschaft nicht unendlich stimuliert werden kann.  Er forderte nördliche Länder auf, ihren fiskalischen Spielraum zu nutzen. Während sich Deutschland weiterhin taub stellt, planen die Niederlande einen Investitionsfonds über 50 Milliarden Euro.  

Die wohl grösste Überraschung von der EZB waren für uns nicht die Lockerungsmassnahmen, sondern die Senkung ihrer Inflationsprognose für 2020. Die EZB geht nun von einer durchschnittlichen Jahresteuerung für 2020 von nur noch 1 Prozent aus.

Nach Jahren mit überoptimistischen Prognosen befindet sich die EZB nun am untersten Ende der bekannten Schätzungen. Die 30 Prognosen in der von Consensus Economics publizierten Auswahl reichen von 1.0 Prozent bis 1.8 Prozent. Nur eine Institution stimmt mit der tiefen EZB-Prognose überein.

 

*Marc Brütsch, Chefökonom bei Swiss Life Asset Managers