BILANZ: Geld anlegen wird oft – nicht nur von Frauen – als sehr trockene Materie empfunden. Wie bekommt man Spass daran?
Fleur Platow:
Frauen müssen anders angesprochen werden, um sie in diese Materie hineinzuziehen. In meinem Buch schaffe ich den Einstieg dadurch, dass ich viele Grundlagen in Geschichten und Anekdoten verpacke. Die derivativen Instrumente erkläre ich zum Beispiel mit der Geschichte der Spekulation mit Tulpenzwiebeln im 17. Jahrhundert. Kurz: Es kommt darauf an, lebendig und an Beispielen zu schildern, was Sache ist.

Ist es nach den jüngsten Börsenverlusten schwieriger geworden, Frauen für das Anlegen zu begeistern?
Im letzten Jahr haben wir bei den Frauen, die ja bis dahin im Vormarsch waren, einen deutlichen Rückgang des Interesses festgestellt. Jetzt sind wir im Turnaround. Ich kann das am Beispiel des Smart Ladies Investment Club erklären: Wir haben viele Neuzugänge. Aber das Interesse ist nicht mehr so stark auf Aktien und Börse konzentriert. Es besteht inzwischen ein noch stärkeres Interesse am gesamten Bereich von Finanzplanung und Vorsorge.

Handeln Anlegerinnen und Anleger nach den letzten beiden Börsenjahren sicherheitsorientierter?
Das ist abhängig vom verfügbaren Budget. Je grösser die finanziellen Ressourcen sind und je mehr Know-how vorhanden ist, desto grösser ist die Spekulationsneigung bei Männern wie bei Frauen. Wer das Geld hat, wird wieder zur Zockerin und zum Zocker, sobald es an der Börse aufwärts geht. Diejenigen, die für das Alter vorsorgen oder sparen müssen, sind vom Thema Optionen geheilt und diversifizieren nun vorsichtiger.

Also sind es weniger geschlechtsspezifische Merkmale, die Frauen anders investieren lassen.
Die Rahmenbedingungen der Frauen unterscheiden sich insofern von denen der Männer, als Frauen im Schnitt in ganz Europa zwischen 20 und 30 Prozent weniger verdienen. Ausserdem kommen bei Familiengründung und Teilzeitbeschäftigung geringere Rentenansprüche auf die Frau zu. Das zwingt sie, vorsichtiger anzulegen. Ein weiterer Aspekt ist das Know-how. Männer sind aus ihrer traditionellen Rolle als Familienoberhaupt heraus eher gewohnt, sich um die Finanzen zu kümmern.

Sie zitieren Ihren Vater, wonach verlassen ist, wer sich auf Berater verlässt. Ist Anlegen ohne Beratung überhaupt noch realistisch?
Nein. Aber in die Beratung – in den Dialog mit dem Berater – muss man eine eigene Meinung einbringen können. Das bedeutet, den Überblick über das Gesamtgeschehen zu haben und die Grundinstrumente zu kennen. Einzelheiten und Vorschläge sollte dann der Berater liefern. Und er sollte auch warnen, wenn man zu mutig in eine Anlage hineinspringt oder zu früh einsteigen will.

In den letzten Jahren haben Finanzinstitutionen die Frauen als Zielgruppe entdeckt. Entspricht diese spezifische Ansprache einem Bedürfnis der Frauen?
Aus Bankensicht ist die gezielte Ansprache der Frauen schlicht eine Marketingmassnahme zur Erweiterung des Kundenkreises. Frauen wollen allerdings über Finanzthemen in einer Frauengruppe diskutieren können. Ob solche Seminare von einer Frau oder einem Mann gegeben werden, ist nicht so entscheidend. Viel eher kommt es darauf an, ob die Chemie zwischen Kursleiter und Teilnehmerinnen stimmt.

Was empfehlen Sie Anlegerinnen im aktuellen Umfeld?
Die Konjunktur in den USA zieht an, was sich auch auf Europa überträgt, wenn auch Zweifel über die Intensität des Investitionszyklus bestehen. Der Konjunkturaufschwung basiert derzeit in erster Linie auf dem Lageraufbau. Die Nachfrage der Endverbraucher hinkt da noch hinterher. In diesem Szenario bevorzuge ich günstig bewertete Substanzwerte, in der Schweiz etwa Jelmoli.
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