Herr Lück, der jüngste Ausverkauf hat viele Anleger kalt erwischt. Wie ist die Stimmung an den Börsen?
Die Nervosität ist spürbar gross. Die Stimmung hat binnen weniger Wochen stark gedreht. Als ich vom Neujahrsurlaub zurückkam, waren viele Experten plötzlich ins Lager der Pessimisten gewechselt. Einige sind sich sicher, dass die USA in den kommenden zwei Jahren in eine Rezession schlittern. Europa hat Jahre gebraucht, um sich zu erholen, würde aber ein bis zwei Quartale später folgen. Die Investoren sind verunsichert und haben sich vorsichtiger positioniert.

Worauf basiert der Pessimismus?
Der Handelskonflikt zwischen den USA und China rückt in den Fokus. Dazu kommt die Angst vor einer Abschwächung der chinesischen Konjunktur und den Auswirkungen des Brexits. Wir haben ein Potpourri von Risikoszenarien, die vorher nicht wahrgenommen wurden.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Die meisten Risiken sind altbekannt, warum machen sie den Anlegern jetzt Angst?
Die Märkte haben auf das Brexit-Votum und die Wahl Trumps mit einem Schulterzucken reagiert. Doch die Zinsen waren niedrig, die Wachstumsaussichten gut, und die Unternehmen haben jede Menge Geld verdient. Das wirkte wie ein Schutzpanzer. Nun aber steigen die Zinsen, und die konjunkturellen Aussichten trüben sich ein. Die Lage für die Unternehmen ist nicht mehr so rosig, wie sie war. Der Schutzpanzer bekommt mehr und mehr Risse.

Martin Lueck , BlackRock , Chief Investment Strategist Deutschland, Oesterreich und Osteuropa,  in Berlin am 09.12.2015 . Wirtschaft Portrait Portraet .  [es gelten meine AGB - Veroeffentlichung nur gegen Honorar (zzgl. 7% MWSt.) und Namensnennung copyright by: Marc-Steffen Unger  Tel: 01715353875 Kto.Nr.: 26432245 BLZ: 37050198 S t a d t s p a r k a s s e  K o e l n ]  [#0,26,121#]

Martin Lück ist Leiter Kapitalmarktstrategie in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Osteuropa bei BlackRock.

Quelle: Marc-Steffen Unger

Liegt das Schlimmste schon hinter uns?
In einigen zyklischen Sektoren wie der Autoindustrie wurde eine Rezession bereits eingepreist. Auf dem Gesamtmarkt ist eine deutliche Abschwächung der Weltwirtschaft, aber noch keine Rezession in den Kursen enthalten. Jedoch könnten sich die negativen Erwartungen verfestigen. In so einem Szenario bremsen Konsumenten und Firmen ihre Ausgaben ein. Dann erfüllen sich die Prophezeiungen selbst, und wir schlittern in die Rezession.

Wie sollen sich Anleger in diesem Umfeld positionieren?
Unternehmen verdienen in dem aktuellen Umfeld noch gutes Geld. Die Bewertungen sind gefallen. Aktien sollte man leicht übergewichten. Chancen haben jene Unternehmen, die auf ihre jeweilige Binnenwirtschaft fokussiert sind, robuste Gewinne erwirtschaften und die Dividenden damit auch sicher zahlen können.

Erich Gerbl
Erich GerblMehr erfahren