Sein Name war schon gesetzt, bevor es ihn gab, und er ist nicht sehr originell. Der 27. Februar 2007 wird als der «Schwarze Dienstag» in die Annalen der globalen Finanzmärkte eingehen. Dabei war nichts Besonderes geschehen. Die Börse in Shanghai, sicher nicht der bedeutendste Handelsplatz, tauchte an diesem Februartag um neun Prozent und riss erstaunlicherweise die Weltbörsen mit in die Tiefe.

Die Schweizer Börse SWX konnte sich dem Sog nach unten nicht entziehen. Mit einem Negativsaldo von 3,4 Prozent war sie einer der am stärksten betroffenen Aktienmärkte. In der Folge verlor die SWX praktisch die ganze Performance des laufenden Jahres. Es war der stärkste Kurssturz seit vier Jahren. Mit der zunehmenden Verunsicherung der Anleger stieg die Volatilität an den Aktienmärkten sprunghaft an.

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Die Banker und Börsenhändler bemühten sich um Schadensbegrenzung. «Ruhig bleiben und neue Möglichkeiten prüfen», riet etwa die Privatbank Clariden Leu, es handle sich nur um die erwartete kleine Korrektur. Die Fundamentaldaten seien weiterhin gut, die Bewertung des Marktes vernünftig. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 16 für den Gesamtmarkt dürfte diese Einschätzung nicht völlig abwegig sein. Auch Sarasin schrieb in ihrer jüngst veröffentlichten «Equity Strategy», «dass wir uns weiterhin in einem langfristigen Aufwärtstrend befinden».

Die Analytiker scheinen recht zu behalten, der Bullenmarkt dauert an. Genau eine Woche nach dem Crash in Shanghai kehrten die Börsen wieder ins Plus. Eine der kürzesten Korrekturphasen war vorbei. Solche Bewegungen, so hat Philipp Bärtschi von Sarasin herausgefiltert, seien in den letzten 15 Jahren öfters vorgekommen, aber nur wenige hätten Korrekturen von mehr als zehn Prozent gebracht.

Im Moment spricht in der Tat nicht viel für ein Ende des Bullenmarktes. Wiewohl der Ex-Notenbankchef Alan Greenspan von der Möglichkeit einer Rezession in den USA schwadronierte, spricht alles für ein Soft Landing der amerikanischen Wirtschaft. Der Rest der Weltwirtschaft ist kerngesund, einige Schwellenländer wachsen nach wie vor mit zehn Prozent, und selbst die Eurosklerose scheint überwunden. Seit vier Jahren wächst auch die hiesige Wirtschaft kräftig. Im letzten Jahr waren es 2,7 Prozent, und heuer dürften es gemäss den Voraussagen der Credit Suisse satte 2,2 Prozent sein.

Vier Jahre Boom haben ihre Spuren hinterlassen. Die Schatullen der Schweizer Firmen sind praller gefüllt denn je. In den vergangenen Jahren sprudelten die Erträge so stark, dass sich viele Firmen ein schönes Polster zulegen konnten. Gemäss Schätzungen der Bank Vontobel werden die Schweizer börsenkotierten Industrie-unternehmen im Finanzjahr 2007 rund 58 Milliarden Franken an freien Mitteln oder Free Cashflow erwirtschaften. «Im Vorjahresvergleich», so Vontobel-Analyst Patrick Laager, «entspricht dies einem Plus von 21 Prozent.» Allein die 20 Unternehmen mit den höchsten freien Mitteln (ohne Banken und Versicherungen) werden beinahe 42 Milliarden Franken ausweisen – eine gigantische Summe.

Der Erntesegen in Milliardenhöhe und die zunehmende Verunsicherung der Anleger darüber, wie es an den Börsen denn tatsächlich weitergehen wird, haben ein Thema hochaktuell werden lassen, das schon längere Zeit virulent war. Dividendenperlen, Aktien mit einer hohen Ausschüttung, werden in den kommenden Monaten eine beispiellose Renaissance erleben. «Wenn die Börse fröstelt», sagt Laager, «gehen die Investoren in Dividendentitel.» Denn der Bondmarkt ist keine Alternative. Die Bundesobligation mit zehnjähriger Laufzeit rentiert derzeit nicht viel besser als eine mittlere Aktie. Im Schnitt wirft diese eine Rendite von 1,8 Prozent ab, die Obligation kommt auf 2,6 Prozent – so viel wie ein durchschnittlicher Luxusgütertitel. Banken, Versicherungen oder Immobilien weisen dagegen mit bis zu drei Prozent eine deutlich höhere Rendite als Bonds aus. Kommt dazu, dass die Dividenden beim Bund künftig nur noch zu 70 Prozent besteuert werden sollen – sofern der Investor eine Beteiligung von mehr als zehn Prozent besitzt. In vielen Kantonen wurde oder wird die Besteuerung ebenfalls teilweise abgeschafft.

Sichere Aktienwerte sind wieder gefragt, sie werden in der Gunst der Anleger stark an Gewicht gewinnen. Defensive Werte sind Firmen mit stabilem Wachstum, regelmässigen Erträgen und intakten Zukunftsaussichten. Und Dividendentitel sind defensive Werte, da sie er-fahrungsgemäss weniger Schwankungen unterworfen sind als der Marktdurchschnitt. Die Bank Vontobel hat für BILANZ aus dem Schweizer Aktienuniversum 15 Dividendenperlen herausgefiltert. Hauptkriterium war dabei, welche Firma in diesem Jahr, gemessen am Aktienwert, die höchste Dividende ausschüttet. An der Spitze steht mit 4,8 Prozent Rendite die Firma Mobilezone, die in über 100 Filialen quer durch die Schweiz Handys verkauft und als führender Anbieter gilt. An zweiter Stelle steht der Plakatwerber Affichage mit einer Rendite von 4,6 Prozent, was einer Ausschüttung von acht Franken pro Aktie entspricht. Die Firma hat die Dividende in diesem Jahr um 66 Prozent erhöht.

An dritter Stelle findet sich der Maschinenbauer WMH (Walter Meier Holding), der 4,3 Prozent ausschüttet. Mit rund 700 Millionen Franken Umsatz generiert WMH freie Mittel von 19 Millionen Franken, was bescheidenen 2,8 Prozent entspricht. Dennoch will die Firma ihre Aktionäre nicht darben lassen. «Unsere Dividendenpolitik besteht darin, 40 bis 70 Prozent des Reingewinns auszuschütten», sagt WMH-Chef Silvan Meier. Auch künftig werde man eine aktionärsfreundliche Ausschüttungspolitik fortführen – mit einer hohen Payout Ratio. Diese bezeichnet das Verhältnis von Reingewinn zum gesamten Ausschüttungsbetrag. Die Chemiefirmen auf den zwei folgenden Plätzen könnten unterschiedlicher nicht sein. Ems-Chemie verfolgt zwar eine Dividendenpolitik auf hohem Niveau. Die Firma hat die Ausschüttung von 6.50 Franken auf 7.65 Franken pro Aktie erhöht. Dass die Rendite der Aktie trotz höherer Ausschüttung von 5,2 auf 4 Prozent sank, ist auf den steigenden Aktienkurs zurückzuführen. Generell gilt: Je höher die Aktie steigt, desto stärker sinkt die Rendite. Ciba SC wiederum, eine Firma mit Dauerproblemen, fror die Dividende bei drei Franken pro Aktie ein. Der dümpelnde Aktienkurs führt in diesem Fall zu einer stabilen Rendite von 3,9 Prozent. Bemerkenswert ist, dass 13 der 15 Dividendentitel ihre Ausschüttung Jahr um Jahr erhöht haben, also echte Perlen sind.

Freilich ist umstritten, was als Dividendenperle durchgehen mag. Die Vontobel-Analysten nehmen einfach die Titel mit dem höchsten Renditesatz. Der Dow Jones Select Dividend Index dagegen, bei dem Ems-Chemie, Swiss Prime Site und Ciba SC zuoberst stehen, unterlegt mehrere sich ergänzende Kriterien für die Aufnahme in den hehren Kreis der Dividenden-Diven. Der Einzeltitel muss liquide sein, die Dividenden müssen über die letzten fünf Jahre gewachsen sein, und die Payout Ratio darf 60 Prozent nicht übersteigen, damit die Substanz des Titels nicht ausgehöhlt wird. Dividendenperlen sind denn auch Substanzwerte, wie die langjährige Erfahrung lehrt. Eine Untersuchung der Bank Bär hat gezeigt, dass die Dividendenperlen im S&P 500 bei Rückschlägen im Durchschnitt nur drei Prozent gefallen sind, die anderen Titel hingegen neun Prozent. Und nach oben lassen sie den Markt regelmässig hinter sich (siehe Grafik «Dividenden zahlen sich aus» auf Seite 106). Die 30 besten Dividendentitel im Dow Jones Stoxx 600 haben die Konkurrenz seit 1999 um das Zweieinhalbfache geschlagen. «Über die letzten 30 Jahre», sagt Julius-Bär-Analyst Christoph Riniker, «hat eine dividendenorientierte Anlagestrategie im Durchschnitt pro Jahr vier Prozent zusätzliche Performance gebracht.»

Unterschiedlich sind auch die Ausschüttungsquoten in den einzelnen Branchen. Die Industrien mit der höchsten Payout Ratio sind traditionell die Finanzdienstleister, die Immobilienunternehmen, die Telekomindustrie und die Versorger wie Strom- oder Gasproduzenten. So hat zum Beispiel die liechtensteinische VP Bank ihre Payout Ratio seit 2003 von 31 auf 45 Prozent angehoben. Schlechte Dividendenzahler dagegen sind die Pharmaindustrie, die Medizinaltechnik oder die Nahrungsmittelproduzenten. «Heute ist es aber möglich, in den meisten Branchen dividendenstarke Titel zu finden», sagt Fritz Zwicky, Direktionsmitglied der Privatbank Maerki Baumann & Co.

Dass die Ausschüttungsquoten in den nächsten Jahren ansteigen werden, ist für die Experten ausgemachte Sache. In der Schweiz steht sie derzeit bei rund 40 Prozent – mit einem Tiefstwert von 30 Prozent in der Pharmaindustrie. Sie dürfte in den nächsten Jahren auf über 50 Prozent steigen. Es lohnt sich, jetzt ein Auge auf die Dividenden zu werfen. Dazu sagt Analyst Riniker: «Um von Dividendenzahlungen zu profitieren, sollten die Investments jetzt vor der Ausschüttungsperiode getätigt werden.»