«Wenn Unternehmen Bilanzen fälschen,
ist das Problem nicht das System.
Wenn Sie Gangster an der Spitze haben,
dann können Sie Systeme haben,
wie Sie wollen.» Nick Hayek


Stabsübergabe im Familienclan
Nick Hayek (47) tritt mit Beginn des nächsten Jahres in die Fussstapfen seines Vaters und wird Konzernchef der Swatch-Gruppe. Bislang war Hayek junior Delegierter des Verwaltungsrats und verantwortlich für Swatch Deutschland, Griechenland, Indien, Italien, Spanien und Middle East sowie für die Sparte Hightech. Hayek ist seit 1991 mit der aus Sarajewo stammenden Liliana verheiratet.

Wo investiert der künftige CEO der Swatch Group sein Geld?
Nick Hayek: Geld, das ich habe, gebe ich aus. Wenn was übrig bleibt (viel ist es nicht, verwechseln Sie mich da nicht mit meinem Vater), dann eben in Aktien der Swatch Group und nur der Swatch Group.

Mit einem Kursverlust von 30 Prozent im letzten Jahr konnten Sie da aber nicht viel verdienen.
Ich investiere in keine andere Aktie als in die Swatch Group, weil ich weiss, was die Swatch Group wert ist, und weil ich weiss, dass die Börse in letzter Zeit reine Spekulation ist, furchtbar. Also werde ich den Teufel tun. Die Börse hat die Transparenz total verloren … das normale Publikum wird doch total manipuliert, mit all den neuen Instrumenten und Derivaten. Es braucht nicht mal viel Geld, um grosse Schwankungen auszulösen. Das sind sehr gefährliche Entwicklungen.

Gefährlich ist viel eher, dass nur mehr Hysterie an den Börsen herrscht und die konjunkturellen Daten beiseite geschoben werden.
Sehen Sie, früher ist die Börse beeinflusst worden von dem, was die Unternehmen getan haben. Und heute beeinflusst die Börse das, was Unternehmen tun. Das ist ein Problem. Wann die Börse nach oben geht? Keine Ahnung, es ist ja wie Roulette. Auf der anderen Seite sollten wir mit unserer Wortwahl aufpassen. Zum Beispiel, wenn wir darüber reden, wie viel Geld verloren oder gewonnen wurde. Die Leute haben tatsächlich das Gefühl, dass Geld vernichtet worden ist. Das stimmt aber nur, wenn die Aktien tatsächlich verkauft worden sind. Wenn Sie die Aktien behalten, weil Sie in etwas investiert haben, das Wert hat, und Sie sagen, ich bleibe die nächsten sechs, sieben Jahre dabei, dann ist keine echte Wertvernichtung passiert.

Sie sind nicht der Einzige, der das Vertrauen verloren hat. Nun werden an den wichtigsten Börsen Verschärfungen der Rechnungslegungsstandards geplant, um das Vertrauen wiederherzustellen.
Ich glaube nicht, dass sehr viele Unternehmen ihre Bilanzen wirklich gefälscht haben. Die Mehrheit auf alle Fälle sicherlich nicht, vor allem, wenn ich den SMI anschaue. Das Problem ist nicht das System. Wissen Sie, wenn Sie Gangster an der Spitze haben, dann können Sie Systeme haben, wie Sie wollen. Das amerikanische Bilanzierungssystem ist viel regulierter und umfangreicher als das europäische, aber wo haben wir die grössten Skandale? Aber reden wir doch nicht über die Bilanzierungsstrategien, reden wir über fehlende Managementstrategien. Wenn man die Strategien von Vivendi anschaut, das Resultat und die Verschuldung, dann muss man sich doch Fragen stellen. Oder die Hysterie um die überbezahlten UMTS-Lizenzen. Hat denn da einer überhaupt einen Businessplan erstellt und ihn auf Plausibilität geprüft?

Es gibt viele Kennzahlen, an denen man die Schieflage eines Unternehmens feststellt. Wann leuchten bei Ihnen die Alarmglocken?
Vorsichtig wäre ich bei Unternehmen, die unnatürlich wachsen. Es kann ja nicht sehr gesund sein, dass durch wilde Akquisition der Umsatz von einem auf das andere Jahr von 500 Millionen auf 5 Milliarden steigt. Sehen Sie, wir haben Rubattel & Weyermann gekauft, eine sehr kleine Firma, die Zifferblätter fertigt. Aber auch so eine kleine Firma muss integriert werden. Man muss ihr die eigene Kultur lassen, aber sie trotzdem in die Gruppe integrieren, ins Reporting einbinden, ohne die Mitarbeiter und das Management zu verunsichern. Das kostet Zeit und bindet Ressourcen für Monate. Es gibt Unternehmen, die haben innerhalb von sechs Monaten zwei, drei riesige Firmen gekauft. So geschehen bei Enron, WorldCom und Vivendi. Aber wer machte die Arbeit, die Integration, um dann die Synergien zu nutzen?
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