Seit im letzten Herbst Chat GPT viralging, beherrschen diese beiden gegensätzlichen Standpunkte die Debatte. Manche glauben sogar an beides gleichzeitig! Also dass KI ein Weg zum Reichtum ist und gleichzeitig zum Ende der Gesellschaft führt.

Wenn sich die Aufregung über steigende oder fallende Märkte immer weiter hochschaukelt, überlegen sich die besten der Investorinnen und Investoren, was die Massen übersehen könnten. Zu erkennen, was die beiden Lager bei KI falsch verstehen, ist entscheidend dafür, es mit KI im Portfolio richtig zu machen.

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Vermeintlich bahnbrechendes Hightech schafft selten rasche oder grosse Veränderungen. Denken Sie an 3-D-Drucker und fahrerlose Autos. Genauso ist es mit KI. Sie ist weder der Beginn einer schönen neuen Welt noch das Ende der alten. Sie ist lediglich ein Mittel, das Unternehmen zur Verbesserung ihrer Produkte und Dienstleistungen einsetzen, um langfristige Gewinne zu erzielen. Hierin liegt die Chance für Anlegerinnen und Anleger, aber nicht so, wie es sich die meisten vorstellen.

Über den Gastautor

Ken Fisher ist Gründer und Executive Chairman von Fisher Investments, einer Vermögensverwaltungsfirma mit Niederlassungen weltweit, die über 211 Milliarden Dollar verwaltet. Fisher zählt zu den einflussreichsten (und auch reichsten) Investmentmanagern der USA.

Erst kürzlich waren humanoide Roboter mit künstlicher Intelligenz an der Genfer UN-Tech-Konferenz. Sie wirken wie hochmoderne Science-Fiction und lösen Begeisterung für KI aus. Aber lüften wir den Vorhang. Künstliche Intelligenz ist schlicht maschinelles Lernen – Algorithmen, die gelernt haben, Texte, Bilder, Videos und Codes zu generieren, indem sie Massen an Daten verwenden. Bei Chat GPT und anderen grossen Sprachmodellen handelt es sich um generative KI, die auf einfache Stichworte menschenähnliche Antworten ausspucken. Sie wirken «intelligent», weil sie Fragen beantworten und Texte schreiben, sie geben jedoch nur die Programmierung wieder.

Dennoch gibt es reichlich Hype und auch Angst. Viele fürchten sich vor «KI-Deepfakes» oder Telefonbetrug, Bedrohungen der Cybersicherheit und einer möglichen «KI-Investitions-Blase». Ihre Anhänger schwärmen hingegen davon, dass KI die «Welt retten» und frühe Investoren enorm bereichern wird.

Alle übertreiben. Die sozialen Auswirkungen von KI auf Arbeitsplätze, Sicherheit, die Macht der grossen Tech-Firmen und andere – sind ungewiss. Es könnte Gutes entstehen. Oder Schlechtes. Oder beides! Oder es verläuft zögerlich – eben wie mit den 3-D-Druckern. KI-Betrügereien stellen ein Risiko dar. Aber von der Ausgestaltung abgesehen, sind die Betrügereien strukturell ähnlich. Nichts wirklich Neues.

Die Zukunft der KI wird Zeit brauchen. Technologie entwickelt sich langsamer als anfängliche Hoffnungen – für Aktien, die sich auf die Erträge in 3 bis 30 Monaten konzentrieren, ist das ein Hintergrundrauschen.

Es stimmt, dass die KI-Begeisterung in diesem Jahr weltweit den Tech-Aktien zu im Schnitt 34,3 Prozent Kursgewinnen verhalf. Hauptgewinner waren Halbleiter-Titel, die für die KI wesentlich sind und um 57,1 Prozent nach oben schossen. Die Führung der Techs hängt jedoch stärker mit dem qualitativen Wachstum zusammen, über das ich schon das ganze Jahr schreibe, und mit der Erholung vom Rückgang im Jahr 2022.

Bedenken Sie dies: Das langsame US-Wachstum und die wackelige Wirtschaftsentwicklung in Europa sorgen für anhaltende Rezessionsängste. Echte Allwetter-Wachstumsaktien sind selten – daher werden sie jetzt in die Höhe getrieben. Die mit KI verknüpften Tech-Firmen sind ein Teil davon, aber nicht allein oder entscheidend. Nach der Befragung hunderter Firmen kann ich sagen, dass die aktuellen Anwendungen der KI banal sind – Effizienzgewinne durch die Automatisierung repetitiver Aufgaben wie Backoffice-Papierkram und Marketingfloskeln.

Wohlgemerkt, KI ist nicht neu. In der Schweiz gibt es fast 600 KI-Startups, einige davon sind über 20 Jahre alt. Tech-Startups, die KI im Visier haben, lockten schon Jahre vor Chat GPT Risikokapital an. Die grossen Technologieunternehmen nutzten enorme Gewinne, um KI-Bestrebungen zu subventionieren, deren enorme Rechnerleistung mit massiven Kosten verbunden ist. Die grossen Firmen in den Bereichen Chips, Software, Datenanalyse und -suche befanden sich in der Pole-Position.

Jetzt auf spekulative Gewinner zu setzen, wäre unvernünftig. Bei reinen KI-Anbietern einzusteigen, bedeutet zu erraten, welche Margen der Startups eine hohe Bewertung rechtfertigen werden – eines Tages. Viele sind Privatunternehmen – illiquide und mit vagen Bewertungen. Vorsicht!

Ein gewisses Engagement in KI könnte vorteilhaft sein. Aber es sollte die Aktien- oder Sektorentscheidung an sich nicht bestimmen. Intelligentes Anlegen heisst heute, qualitativ hochwertiges Wachstum anzustreben. Wenn KI dieses Wachstum teilweise fördert, schön und gut. Sonst nicht.

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