Heute Freitag geht der Schweizer Softwarekonzern SoftwareOne an die Börse. Wie attraktiv ist das Unternehmen für Anleger?
Der Leistungsausweis der Firma beeindruckt. Jedoch herrscht auch in dieser Branche ein starker Wettbewerb und Kritiker verweisen auf eine grosse Abhängigkeit vom Giganten Microsoft. Positiv sind die fast schuldenfreie Bilanz und das Ziel, dass mittelfristig bis 50 Prozent des Gewinns als Dividende ausgeschüttet werden sollen.

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Anlegern muss aber bewusst sein, dass viele der angebotenen Aktien vom Private-Equity-Haus KKR verkauft werden. KKR wird zwar weiter eine bedeutende Beteiligung an SoftwareOne halten, hat aber grundsätzlich Interesse an einem attraktiven Emissionspreis. Für einen Anleger mit Fokus Schweizer Aktien ist SoftwareOne sicher eine interessante Depotbeimischung.

China wächst so schwach wie seit langem nicht mehr. Wie stark bedroht der Abschwung in der Volksrepublik die Weltwirtschaft?
Wie sehr die US-Zölle belasten können, zeigen die letzten Daten vom Statistikamt in Peking. Demnach ist das chinesische BIP in den Monaten Juli bis September nur noch annualisiert um 6,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Und wenn die chinesische Wirtschaft schwächelt, dann bekommt das auch der Rest der Welt zu spüren.

Da sich das Konjunkturklima schneller als erwartet abkühlt, gehe ich davon aus, dass die Chinesische Regierung weitere Massnahmen zur Stimulierung der Wirtschaft einleiten wird. Dabei denke ich nicht primär an geldpolitische Massnahmen, sondern an fiskalische Entlastungen für Privatpersonen und Unternehmen. 

 Valiant-CIO Renato Flückiger

Renato Flückiger ist seit August 2012 CIO der Bank Valiant in Bern. Zuvor war der Betriebsökonom bei der Grossbank UBS in verschiedenen Funktionen tätig. Renato Flückiger hat an der Fachhochschule in Bern studiert und besitzt zudem das Diplom des Chartered Financial Analyst.

Quelle: ZVG

Die Wirren um den Brexit nehmen kein Ende. Wie lautet Ihre aktuelle Einschätzung zu den wirtschaftlichen Auswirkungen?
Das geplante Austrittsdatum vom 31. Oktober ist Geschichte. Dennoch erwarte ich nicht, dass die EU unendliche Geduld hat und auf Neuverhandlungen eingeht. Klar ist einzig, dass noch Vieles unklar ist. Die negativen Auswirkungen sehe ich vor allem bei den aufgeschobenen Investitionen der Unternehmen. Der Investitionsstau wird sich erst dann lösen, wenn die Faktenlage klarer ist. An den Aktienmärkten spüren wir aber, dass sich das Thema Brexit langsam abnutzt und die Aktienmärkte gar nicht mehr mit volatilen Bewegungen auf die neusten Wirren reagieren.

Gold hat sich seit Jahresanfang massiv aufgewertet. Wird das Edelmetall weiter von seiner Rolle als sicherer Hafen profitieren?
Neben den zahlreichen (geo-)politischen Unsicherheiten sehen wir die stark gefallenen Anleiherenditen als preistreibende Faktoren für den starken Anstieg des Goldes. Das anhaltend raue Umfeld für die Weltwirtschaft und die offenen Geldschleusen der Notenbanken dürften dem Goldpreis weiter Rückenwind verleihen.

Zu einer gewissen Vorsicht mahnen zwar die stark gestiegenen ETF-Bestände und die hohen spekulativen Long-Positionen an den Warenterminbörsen. Wir sind jedoch überzeugt, dass Gold weiterhin in ein gemischtes Portfolio gehört.

«An den Aktienmärkten spüren wir, dass sich das Thema Brexit langsam abnutzt.»

Und was beschäftigt derzeit die Finanzmärkte sonst noch?
Im Moment gibt es drei Themen, welche die Märkte und Investoren beschäftigen: Erstens die Unternehmensgewinne vom 3. Quartal 2019. Zweitens mögliche Entspannungen beim Brexit und Handelskonflikt. Und drittens die Konjunktur: Wie ist der weitere konjunkturelle Verlauf, sprich Rezession oder Recovery. Solange sich in diesen Themen nichts ändert, gehe ich davon aus, dass trotz des positiven Jahresverlaufs die Wankelmütigkeit hoch bleiben wird.

Werden wir im Jahr 2020 eine globale Rezession erleben?
Das Abrutschen in eine globale Rezession bleibt unwahrscheinlich. Einige Volkswirtschaften wie beispielsweise Deutschland werden sich jedoch einer technischen Rezession nicht entziehen können.

Vermutlich befindet sich zwar der globale Industriesektor in einer Rezession, der Dienstleistungssektor und der Konsum bilden aber das Fundament gegen einen stärkeren Abschwung. Während der ersten Jahreshälfte 2020 ist eine Bodenbildung möglich, eine rasche konjunkturelle Beschleunigung sehen wir jedoch nicht.

Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Mit einem Plus von klar über 20 Prozent seit Jahresbeginn konnte sich der Schweizer Aktienmarkt im Vergleich zu den Hauptaktienmärkten überdurchschnittlich gut behaupten. Insbesondere haben die defensiven Werte wie Nestlé, Novartis und Roche zu dieser erfreulichen Entwicklung beigetragen. Aber seit Mitte September stellen wir eine Sektorrotation von defensiven zu zyklischen Titeln fest. Aktien wie SFS Group, Clariant, Kühne+Nagel oder Sika gehören seither zu den Top-Performern. Damit die Sektorrotation nachhaltig ist, braucht es klare Signale einer globalen konjunkturellen Bodenbildung.

Wo steht der SMI in zwölf Monaten?
Nachdem der SMI im Sommer die Grenze von 10'000 Punkten überschritten hat, kam es immer wieder zu temporären Rückschlägen. Damit der SMI weiteren Aufwind erhält, benötigen wir klare, positive Impulse aus den obengenannten Einflussfaktoren und eine nachhaltige Entspannung bei den Handelsstreitigkeiten.

Sollte die 10'000er-Marke nachhaltig überwunden werden, traue ich dem SMI einen Anstieg auf 10'400 Punkte zu. Falls sich die globale Konjunktur weiter abkühlt, die Unternehmen ihre Prognosen kappen oder sich der Handelskonflikt weiter verschärft, ist aber auch ein Sinken auf bis zu 9000 Punkten möglich.

(mbü)

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