Ist der globale Bullenmarkt vorbei? In den Schlagzeilen ist die Rede von rasant steigenden Ölpreisen, potenzieller Gasverknappung, Rezessionsrisiken, Putin, Putin, Putin... und der Angst vor einem sich ausbreitenden Krieg.

Nein, weder Russlands Schrecken noch die Folgen für den Energiemarkt werden die Aktienmärkte vernichten.

Dieser globale Abschwung ist eine Korrektur, kein Bärenmarkt. Korrekturen, traditionell definiert als schneller Rückgang von 10 bis 20 Prozent gegenüber einem globalen Hoch, kommen und gehen schnell. Dann klettern die Aktien, frisch positiv gestimmt, wieder auf neue Höhen. Über Gruselgeschichten wird immer geschrieben.

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Regionale Kriege sind ein «Klassiker». Betrachtet man aufgrund seiner langen Geschichte den amerikanischen S&P 500, gab es seit 1925 ganze 59 Korrekturen – 13 davon mit regionalen Kriegen verbunden.

Dieses Mal ist es nicht anders

Dieser Krieg ist tragisch – wie es einige Schweizer aus erster Hand durch die Aufnahme von Flüchtlingen wissen. Aber die Märkte sind herzlos und preisen Folgen unbarmherzig vorab ein. Durch die Energie wird alles verkompliziert – die globalen Aktien und der SPI befinden sich teils deswegen in einer Korrektur.

Über Gruselgeschichten wird immer geschrieben

Viele sorgen sich nun, dass die Sanktionen ausgeweitet werden, dass der private Sektor russisches Öl boykottiert oder dass Putin den Rohstoffzufluss stoppt. Viele ziehen Schlüsse und fürchten, dass Russland seine Invasion über die Ukraine hinaus ausdehnt oder China in Taiwan einmarschiert – klassische Korrektur-Psychologie.

Jede Korrektur löst die Haltung aus, dass es «dieses Mal anders ist», «besonders» und «am Schlimmsten». Für Aktien macht es keinen solchen Unterschied. Nur ein Krieg hat seit dem Beginn der guten Datenhistorie einen fallenden Markt ausgelöst: Der Zweite Weltkrieg. Er war vollständig global. Dieser Krieg jetzt wird sich nicht auf die Welt ausweiten.

Die Ukraine ist nicht in der NATO. Ihre Nachbarn sind es überwiegend. Der Einmarsch in ein NATO-Land wäre lebensmüde. Putin ist töricht, nicht lebensmüde. China schlägt in Taiwan zu? Warum sollte Xi Putins Fehler wiederholen? Russlands Wirtschaft kann dem globalen BIP nicht viel Schaden zufügen.

Die Weltwirtschaft ist stark genug, um diesen Krieg zu verkraften

Sie ist kleiner als die kanadische und technologisch sehr rückständig, abhängig von Rohstoffexporten. Weltweit erzielen öffentlich notierte Unternehmen weniger als 1 Prozent ihres Umsatzes mit Russland. In der Schweiz? 1,4 Prozent. Das ist nicht viel. Viele befürchten, dass Sanktionen oder Einfuhrverbote eine Rezession verursachen. Lassen Sie es. Die Importstopps der USA und Grossbritanniens haben wenig Wucht, ihre Ölimporte aus Russland sind gering.

Ein Importstopp der EU würde sich in Europa ernsthaft auswirken, das aber wissen die Staats- und Regierungschefs – genau wie Putin weiss, dass eine Drosselung der Energieexporte seinen Haushalt zusammenbrechen lassen würde. Es wird also nicht passieren. Ölboykotts können auch nicht anhalten.

In Korrekturen wird Geduld immer belohnt

Die russischen Ölpreise liegen deutlich unter den Referenzpreisen, sodass die Arbitragemöglichkeiten für den Schwarzmarkt zu gross sind. Beachten Sie, dass der Ölpreis gegenüber seinem Höchststand am 8. März um rund 25 Prozent gesunken ist. Es ist zu einfach, durch Mittler über Länder wie China, die bereit sind mit Paria-Staaten zu handeln, zu verkaufen. Ausserdem sollte die Schweizer Wasserkraft die Folgen für Sie abfedern.

Dennoch reagieren die globalen Produzenten auf die Preise. Die Zahl der Bohrstellen in den USA stieg 2021 um 67 Prozent. Seither legte sie um weitere 13 Prozent zu. Die hohen Preise beflügeln zu mehr. Wenn die Preise erneut steigen, werden wir noch mehr bekommen. Die Weltwirtschaft ist stark genug, um diesen Krieg zu verkraften.

Die Zeichen stehen auf Wachstum

Der IWF rechnet im Jahr 2022 mit einem globalen Wachstum von 4,4 Prozent. Das ist ein Zuwachs von 4 Billionen US-Dollar. Die Gesamtkosten des Krieges werden nur einen Bruchteil davon betragen.

Das Seco erwartet ein überdurchschnittliches Wachstum des Schweizer BIP von 2,8 Prozent. In Europa gab es im vierten Quartal ein Wachstum, trotz den Omikron-Beschränkungen. Diese enden jetzt und kompensieren viel von Putins Kriegsschlag. Positiverweise sehen das nur wenige. In einer Umfrage der Credit Suisse vor der Invasion im Februar bröckelte die Stimmung in der Schweiz. Neuere Umfragen zeigen, dass die Wirtschaftsprognosen der globalen Fondsmanager ihren niedrigsten Stand seit Mitte 2008 erreicht haben.

Der deutsche ZEW-Indikator für die Stimmung in der Wirtschaft ging um den Rekordwert von 93,6 Punkten auf -39,3 zurück. 66 Prozent der von der deutschen Infratest Befragten fürchten eine Energieknappheit. Die Stimmung der Anleger in der Eurozone befindet sich auf dem Tiefstand von Mitte 2020. Diese Angst ist positiv.

In Korrekturen wird Geduld immer belohnt. Viel zu viele halten den wahren Kern der Schauergeschichten für eine echte wirtschaftliche Bedrohung. Haben Sie Geduld. Höhere Kurse kommen schneller als die meisten glauben.