Nachhaltige Anlageprodukte sind gekommen, um zu bleiben. Seit Jahren verzeichnen sie eine konstant hohe Nachfrage. Allein in der Schweiz wurden 2021 gemäss Swiss Sustainable Finance knapp 800 Milliarden Franken nachhaltig angelegt – das entspricht 53 Prozent des Schweizer Fondsmarkts. So schreibt es die Zürcher Kantonalbank in einer Mitteilung zu ihrem neuen ESG-Kompass. Es ist ein Tool, das im nachhaltigen Fondsuniversum Orientierung bieten und zeigen soll, wie strikt das Thema Nachhaltigkeit tatsächlich umgesetzt wird.

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Gibt es entsprechende Analysen für betriebliche Standards betreffend Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) nicht längst genug? Nein, sagt Omar Brem, Leiter Research bei der ZKB: «Die meisten im Markt verfügbaren ESG-Analysen beziehen sich auf eine absolute Bewertung der Daten. Das bedeutet, dass die ESG-Qualität von Unternehmen anhand von Checklisten und dem Erreichen von Punkten ermittelt wird.» Die Folge: Erfüllt eine Firma nicht die internationalen Standards oder weist sie nicht die von den internationalen Datenanbietern geforderten Kennzahlen aus, erhalten diese Unternehmen ein relativ tiefes Rating oder gar keine Bewertung.

Das könne zu einer Art Bewertungs-Gap führen. Insbesondere kleinere, börsenkotierte Schweizer Unternehmen fielen so durchs Raster. «Viele haben im Bereich Berichterstattung zu Nachhaltigkeitsthemen noch nicht die erforderlichen Ressourcen für die umfassende Datenerfassung eigener Tätigkeit – also hinsichtlich Emissionen, weiteren Umweltfaktoren oder verschiedener sozialer Aspekte», sagt Brem. Das beeinflusse deren Rating negativ, obwohl die Firmen häufig relativ gut aufgestellt seien.

Vier Unternehmen stechen hervor

Das ESG-Rating der ZKB soll diese Datenlücke schliessen. Analysiert wurden seit der Lancierung im Herbst 142 in der Schweiz kotierte Aktiengesellschaften hinsichtlich Nachhaltigkeit nach den Kriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG-Faktoren). Sie decken 97 Prozent der Marktkapitalisierung des Swiss Performance Index ab. Die Ergebnisse sind vielversprechend: Mehr als 60 Prozent der untersuchten Unternehmen haben Ziele zur Emissionsreduktion publiziert, knapp 46 Prozent haben Netto-null-Ziele veröffentlicht.

Die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Analyse werden auch grafisch ausgedrückt: Eine Einschätzung in null bis fünf «Sternen» soll eine Indikation geben, wie nachhaltig beziehungsweise ESG-konform die ZKB das jeweilige Unternehmen einschätzt. Angefangen bei der Erfüllung von Standards und «Best Practice»-Ansätzen bis hin zur strategischen Ausrichtung des operativen Geschäfts im Sinne der Nachhaltigkeit. 

Vier Unternehmen dürfen sich über eine Bewertung mit fünf Sternen freuen und gelten als ESG-Leader. 17 Unternehmen haben laut ZKB Nachholbedarf (zwei oder weniger Sterne). Am besten schneidet bei der ESG-Bewertung der Finanzsektor ab, gefolgt vom Gesundheitswesen und der Industriebranche. Allerdings lohnt ein Blick in die Details: Während der Finanzsektor es zwar dank den sozialen Faktoren und den Unternehmensführungskriterien an die Spitze schafft, schneidet er im Bereich Umwelt aufgrund von teilweise kritisch beurteilten Finanzierungstätigkeiten vor allem bei den Banken unterdurchschnittlich ab. 

Der grösste Nachholbedarf besteht laut Analyse im Bereich Konsumgüter/Detailhandel sowie im Immobilien- und Bausektor. Kein Wunder: Der schweizerische Gebäudepark ist für rund 25 Prozent der nationalen CO2-Emissionen verantwortlich. Und der Zementhersteller Holcim hat mit Abstand den grössten CO2-Fussabdruck aller Schweizer Unternehmen.

Keine Auswirkung auf Zinskonditionen

Das ESG-Rating soll laut ZKB einen Mehrwert für die institutionelle Kundschaft bieten und sei unabhängig. Auswirkungen auf allfällige Zinskonditionen habe es nicht, betont die Bank. Eine Weiterentwicklung ist indes schon geplant: Im Laufe des Jahres soll die Analyse auf Immobilienfonds und Immobilienanlagestiftungen sowie Obligationen-Emittenten ausgeweitet werden.