In den Vereinigten Staaten sind die Exchange-traded Funds, kurz ETF, in aller Leute Munde, und die Investoren haben ihnen bereits 100 Milliarden Franken anvertraut. Dabei handelt es sich um börsenkotierte Anlagefonds, die wie Aktien handelbar sind; sie vereinen die Vorteile der Indexfonds mit niedrigen Managementgebühren und dem einfachen Handling von Aktien. Weit verhaltener als Amerika reagierte Europa auf die Einführung der ETF. Doch dabei wird es kaum bleiben, denn für einmal wurde ein Finanzinstrument entwickelt, das für jeden Investor in Reichweite ist. Eine Beweisführung in zehn Punkten.

1. Was ist ein ETF? Die Exchange-traded Funds sind nichts anderes als Fondsanteile (gegenwärtig ausschliesslich von Indexfonds), die an der Börse kotiert sind. Sie tauchten erstmals 1993 in den USA unter der Bezeichnung «Spiders» auf, hoben jedoch erst 1997 zu ihrem eigentlichen Höhenflug ab. Heute zählt man insgesamt 79 ETF mit einem verwalteten Vermögen von 100 Milliarden Franken. Nur gerade fünf davon sind in Europa kotiert, wovon zwei in der Schweiz (siehe Punkt 9).
Natürlich sind an der Schweizer Börse – in Form von Beteiligungsgesellschaften – bereits mehrere fondsähnliche Gesellschaften kotiert. Dabei handelt es sich jedoch um geschlossene Anlageinstrumente, die normalerweise eine deutliche Differenz zwischen dem inneren Wert und dem Börsenkurs aufweisen. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei den ETF um offene Instrumente, deren Kurs dem inneren Wert entspricht.

2. Für wen eignen sich ETF?
Zurzeit beschränken sich die ETF auf Indexfonds, deren Zusammensetzung jene eines Börsenindex widerspiegelt. Dies ist kein Handicap, im Gegenteil, denn die Erfahrung zeigt, dass die Performance der Indexfonds im Vergleich zu aktiv verwalteten Fonds langfristig meist obenaus schwingt. Ein weiterer Vorteil: Wenige Minuten Aufwand pro Jahr reichen zur Verwaltung des Portefeuilles aus.
Mittelfristig dürften die ETF auch nicht indexierte Fonds umfassen. Mehrere Banken seien gegenwärtig dabei, bei der amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde entsprechende Gesuche einzureichen, bestätigt Larry Larkin, Vizepräsident der Amex, jener Börse, die in den USA alle ETF handelt.

3. Welche Indizes decken die ETF ab?
Alle wichtigen amerikanischen Indizes sind durch mindestens einen ETF abgedeckt. Darüber hinaus existieren rund zwanzig weitere, auf nationalen Indizes basierende ETF, darunter auch einer in der Schweiz (iShare Switzerland). Dazu ist zu sagen, dass der Fonds aus vertraglichen Gründen nicht auf dem SMI basiert, sondern auf dem MSCI Switzerland. Eine komplette Liste mit direkten Links auf jeden Fonds findet sich im Internet unter www.thestreet.com/funds/funds/1063826.html.

4. Wer steht hinter den ETF?
Ende 2000 zählte man 79 ETF, die in vier grosse Familien aufgeteilt sind:
  • Die Spiders (SPDR) sind hinsichtlich Kapitalisierung und Volumen die Bedeutendsten. Sie sind mit den Standard-&-Poor’s-Indizes verknüpft und werden durch State Street Global Advisors ausgegeben.
  • Die Qubes (QQQ) sind die Bekanntesten. Sie basieren auf der Nasdaq und werden von der Bank of New York emittiert.
  • Die Leaders (LDRS), auch Holders (HOLDRS) genannt, sind dabei, Europa zu erobern. Sie kommen von Merrill Lynch und orientieren sich an den Stoxx-Indizes.
  • Die iShares schliesslich sind mit über 50 Stück die mengenmässig stärkste Gruppe. Sie werden von Barclay Global Investors ausgegeben und richten sich nach den MSCI-Indizes.
In nächster Zeit soll Vanguard mit eigenen ETF auf den Markt kommen, und auch Fidelity wird sich ins Abenteuer stürzen.

5. Wo stehen die Schweizer Banken?
Die Fonds-BILANZ hat die zehn grössten Emittenten von Investmentfonds zum Thema ETF befragt. Bis auf eine Ausnahme waren die Antworten klipp und klar: Für den Augenblick ist nichts vorgesehen. Serge Ledermann von der Union Bancaire Privée sagte, dass für die Zukunft alles offen sei. Florian Wiedmer von Swissca gibt zu bedenken, dass die gehandelten Volumen der beiden an der Schweizer Börse kotierten ETF noch sehr schwach seien. «Wir sind noch weit von der Begeisterung der amerikanischen Investoren entfernt. Deshalb ist unsere Strategie: Wait and see.» Eine Ausnahme macht die UBS. Ralph Spillmann, zuständig für Produkte-PR im Bereich Anlagefonds, kündigt an, dass im Lauf dieses Jahres vermutlich ein ETF lanciert werde. Im Moment stehe aber noch nichts Genaues fest.

6. Welches sind die Vorteile der ETF?
  • Die ETF bieten das einfache Handling einer Aktie und können zu jedem beliebigen Zeitpunkt des Tages gekauft oder verkauft werden. Möglich ist im Gegensatz zu den anderen Investmentfonds auch der Terminverkauf. Dies ist vor allem dann nützlich, wenn man sich gegen Kurseinbrüche schützen will.
  • Die Managementgebühren für ETF sind mit bis zu 0,1 Prozent extrem niedrig. Zwar sind auch die Indexfonds nicht teuer (bis 0,6 Prozent für die auf dem Schweizer Markt indexierten und von den hiesigen grossen Banken emittierten Fonds), aber auf lange Frist ist die Differenz dennoch beachtlich: 5,1 Prozent auf 10 Jahre, 16,1 Prozent auf 30 Jahre hinaus.
  • ETF kosten nur einige Dutzend Franken und weisen damit eine Stückelung auf, die weit kleiner ist als jene vieler Fonds, die pro Anteil bis zu mehreren Tausend Franken kosten. Für Privatanleger sind damit die Eintrittsbarrieren deutlich tiefer.
  • Auch die Transparenz der ETF kann als Vorteil betrachtet werden. Weil sie den Index so genau wie möglich abbilden, weiss der Investor immer, in welche Titel er investiert und wie es mit der Rendite steht.
7. Die Nachteile der ETF
  • Normalerweise sind Indexfonds ein langfristiges Investitionsinstrument. Die einfache Handhabung der ETF lädt aber geradezu ein, sie bei der geringsten Bewegung an der Börse zu verkaufen und wieder zu kaufen. Zahlreiche Studien haben jedoch aufgezeigt, dass eine solche Strategie nur etwas bewirkt: eine geringere Performance. Es macht kaum Sinn, in einen Indexfonds zu investieren, wenn man seine Anteile aktiv verwalten will.
  • Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass die ETF den Richtlinien der amerikanischen Börsenaufsicht unterstehen, die es verbieten, mehr als 25 Prozent in einen einzelnen Titel zu investieren. Dies ist nicht zwangsläufig ein Problem, ausgenommen in Ländern wie Finnland, wo Nokia als grösste Firma im Index mit 42 Prozent gewichtet ist. Dies erklärt, weshalb iShare Finland seinen Referenzindex um bis zu 18 Prozent unterschreitet. Die ETF konnten relativ zum Index nicht vollumfänglich am Kursfeuerwerk von Nokia teilhaben. Aus diesem Blickwinkel könnte auch die Zusammensetzung des Schweizer Marktes mit Novartis, die rund 20 Prozent, und Nestlé, die rund 15 Prozent des SMI darstellt, problematisch werden.
  • Schliesslich noch zwei weitere Aspekte, die gegen ETF sprechen: Beim Handling fehlt die Beratung. Und: Dauert es normalerweise einen Tag, bis es einem gelingt, seine Fondsanteile einzukassieren, dauert es bei den ETF drei, weil der Aufbau dieses Instruments derart kompliziert ist.
8. ETF und der Index
Mit Ausnahme der bereits genannten Beispiele klebt die Performance der ETF geradezu an jener des Index (die durchschnittliche Differenz beträgt weniger als 0,25 Prozentpunkte). Dies ist nur logisch, hat die Emissionsbank doch den Auftrag, den ETF möglichst genau der Marktentwicklung anzupassen.

9. Wo kann man ETF kaufen?
Heute sind an der Schweizer Börse nur zwei ETF erhältlich. Sie werden von Merrill Lynch ausgegeben und sind seit September kotiert. Der Euro Stoxx 50 LDRS (Valor 1 065 278) basiert auf den Aktien der Länder, die den Euro übernommen haben. Der Stoxx 50 LDRS (Valor 1 065 255) lehnt sich an alle europäischen Aktien an (Zusatzinformationen: www.ldrs-funds.com).
Laut Leo Hug, Sprecher der Schweizer Börse, sollten bald weitere EFT im Handel auftauchen, von denen einer auf den SMI ausgerichtet sein wird. Die Börse plant sogar, den EFT ein eigenes Segment zuzuordnen. In Europa können drei iShares gehandelt werden, und zwar an der Börse von London. State Street beabsichtigt, demnächst ein Dutzend seiner Spiders in Europa kotieren zu lassen. Die grösste Anzahl ETF wird jedoch in den USA umgesetzt, wo sie auch am billigsten sind.

10. Wie hoch sind die Kosten für ETF?
Der Hauptvorteil der ETF liegt in den niedrigen Managementkosten. Den Rekord halten die iShares S&P 500 mit 0,09 Prozent. Auf lange Frist zeigt diese Kostendifferenz Wirkung (siehe Punkt 6). Aber Achtung: Nicht alle ETF sind so günstig. Die iShares, die auf ausseramerikanischen Indizes basieren, kosten 0,89 Prozent, die in der Schweiz kotierten LDRS 0,5 Prozent.
Beim Handel erheben die Finanzinstitute wie bei allen anderen Wertpapieren eine Kommission. Diese ist häufig tiefer als jene für den Kauf von Fondsanteilen (vor allem, wenn es sich um eine Pauschalgebühr handelt). Es ist demnach interessanter, wenn Ihre Investition gross ist, und weniger rentabel, wenn regelmässig kleine Summen angelegt werden und sich die Transaktionskosten dadurch aufsummieren.
Für Investoren, die sich auf den Schweizer Markt konzentrieren wollen, macht es wenig Sinn, in den iShare Switzerland zu investieren. Seine Managementgebühr ist mit 0,89 Prozent höher als die 0,6 Prozent, welche die grossen Banken für ihre Indexfonds belasten. Weit vorteilhafter ist es, sich in anderen Ländern umzusehen, dort sind die Transaktionskosten und auch die Managementgebühren für ETF niedriger.
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