Dass die westliche Welt in einer heftigen Krise steckt, mag wohl niemand mehr ernstlich bezweifeln. Die Frage ist nur, wie tief die Krise geht und wie lange sie andauern wird. Sind sonst Ökonomen, Anlagespezialisten oder Politiker subito mit Lösungsvorschlägen zur Hand, schweigen heute alle beklommen. Sogar die Investorenlegenden Warren Buffett und George Soros, die ansonsten in Sachen Finanzmärkte ein umfassendes Wissen beweisen, sind ratlos. Der 81-jährige Soros gab kürzlich dem «Spiegel» zwar ein interessantes Interview – ein Rezept gegen die Krise aber konnte auch er nicht liefern.

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Was macht der Schweizer Anleger in dieser Situation? Festverzinsliche? Nicht attraktiv. Immobilien? Zu teuer. Edelmetalle? Zu viele unabwägbare Einflüsse. Rohstoffe? Die Konjunkturaussichten sind verhangen. Und Aktien? Die Krise hat an den Börsen tiefe Spuren hinterlassen. Auf der anderen Seite läuft es den Gesellschaften noch grösstenteils relativ gut. Von auf den Export ausgerichteten Firmen abgesehen, ist bei den Unternehmern von Panik jedenfalls wenig bis nichts zu spüren.

Heute muss der Investor primär darauf achten, sein Kapital zu erhalten, ergo den grössten Teil seines Portfolios in Cash zu halten. Auf der anderen Seite hat die miese Börsenstimmung viele erstklassige Aktien auf ein Mehrjahrestiefst abstürzen lassen. Wer langfristig denkt, findet deshalb gute Kaufgelegenheiten. Entscheidend ist, wie immer, das Timing. Eile tut nicht not, warten Sie auf gute Gelegenheiten! Ich bevorzuge Unternehmen, die solid finanziert sind, vom nächsten Konjunkturaufschwung profitieren, deren Aktien tief bewertet sind und im besten Fall noch eine hohe Dividendenrendite bieten.

Katzengold. «Die Goldhausse haben Sie verpasst», wirft mir ein Leser vor. Nun habe ich noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich mich höchst mässig für Gold begeistern kann – als Anlageobjekt, wohlgemerkt. Immer wieder führe ich an, dass die Goldhausse nicht nur von Angst, sondern vor allem von der Dollarschwäche genährt wird. Für Schweizer Investoren jedenfalls war das Goldspiel der letzten Monate grösstenteils ein Nullsummenspiel. Seit Mitte August 2010 schoss der Unzenpreis in Dollars um nicht weniger als 51 Prozent in die Höhe. In Franken dagegen war mit Gold kein Stäubchen zu verdienen. Erst über die letzten Wochen hat ein Investment auch für heimische Anleger eingeschenkt; nur ist der Grossteil des Kursgewinns dem erstarkenden Dollar zuzuschreiben.

Der Goldpreis wird von vier Hauptfaktoren getrieben: tiefen Zinsen, Angst vor Finanz- und Wirtschaftskrisen, einem schwachen Greenback sowie, fast schon in der Nebenrolle, der industriellen Nachfrage. Die Goldpreisentwicklung wird also von kaum abwägbaren Faktoren beeinflusst. Ich finde es zwar sicher angebracht, ein Portfolio mit einigen Prozent des Edelmetalls zu vergolden. Doch allzu viel ist ungesund, solange der Dollar lahmt.

Nobler Aktionärsclub. Als im Juli die Börsen zum Sturzflug ansetzten, erschraken bestimmt auch die Aktionäre von Lindt & Sprüngli. Doch nur wenige stiegen kopflos aus. Denn wer sich diese Titel ins Depot legt, bleibt meistens auf Jahre hinaus Aktionär, ja vererbt oft diese Valoren. Denn um in den Club der Anteilseigner aufgenommen zu werden, ist ein Eintrittspreis von aktuell rund 27 000 Franken zu bezahlen. Das sündhaft teure Papier schränkt den Aktienbesitz pro Kopf automatisch ein; in die 140 000 Namenaktien teilen sich 18 000 Aktionäre.

Ein solch hoher Kurs ist nicht zeitgemäss. In den USA wären die Titel schon längst im Verhältnis von mindestens 1:200 gesplittet worden. Auch bei uns werden immer wieder Stimmen laut, die einen Split fordern. Doch der oberste Chocolatier aus Kilchberg ZH, Ernst Tanner, denkt nicht daran. Er will den Aktionärskreis exklusiv halten – nicht zuletzt deshalb, um den Ansturm auf die Generalversammlung zu zügeln. In diesem Jahr pilgerten 3500 Aktionäre ins Zürcher Kongresshaus, in früheren Jahren waren es auch schon 4700. Nicht die GV, auch nicht der Apéro, sondern das «Bhaltis» lockt: vier Kilogramm hochfeine Pralinen im Marktwert von gegen 140 Franken.

Ich verstehe Tanners Unlust, noch mehr Aktien von Lindt & Sprüngli zu schaffen. Obwohl ein Split die Handelbarkeit deutlich verbessern und damit für eine höhere Nachfrage und wohl auch für steigende Kurse sorgen würde. Nichts ändern würde sich an der Bewertung der Schokoladenpapiere – und die ist saftig. Das Geschäft läuft zwar rund, wie jüngst die Zahlen für das erste Halbjahr gezeigt haben. Dennoch stellen die Valoren mit einem für dieses Jahr geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 22 keine Versuchung dar.

Ohne Netz. Keine Hemmungen in Sachen Aktiensplit kennt dagegen MondoBiotech. Der Verwaltungsrat schlägt der ausserordentlichen Generalversammlung vom 14. September vor, die Namenaktien mit einem Nennwert von zehn Rappen im Verhältnis von 1:10 zu splitten. Nicht weil die Papiere einen zu hohen Kurs aufweisen. Die Titel wurden vor zwei Jahren an die Börse gebracht und stiessen bis auf gegen 400 Franken vor. Seither kennen die Biotech-Papiere nur noch eine Richtung: abwärts. Aktuell verkehren sie auf rund 20 Franken, nach dem Split wären es noch zwei Franken. Auf den ersten Blick ein absurdes Vorhaben. Nur verfügt MondoBiotech über zwei Aktienkategorien, und zwar 1,6 Millionen Namen mit zehn und 52,9 Millionen Namen mit einem Rappen Nominalwert. Mit dem Split sollen die Werte angepasst werden. Ein Reverse Split, also das Zusammenlegen von Aktien, wäre vom Mehrheitsaktionär nicht akzeptiert worden: Prinz Michael von und zu Liechtenstein kontrolliert dank der bisherigen Aktienstruktur mit 59 Prozent des Kapitals 73 Prozent der Stimmen. Und er will natürlich seine Mehrheit behalten. Nach dem Split sind 69 Millionen Titel börsenfähig; dann kann auch Ihre Durchlaucht die Papiere versilbern.

Wie ich aus Regierungskreisen in Nidwalden gehört habe, wird bald die Bewilligung für den Umbau des MondoBiotech-Hauptsitzes im ehemaligen Kloster Stans erteilt. Dass das Good News sind für MondoBiotech, wage ich zu bezweifeln. In der Kasse der Biotech-Firma herrscht Dauerebbe. Woher die 19 Millionen Franken, die der vom Stararchitekten Lord Norman Foster ausgearbeitete Umbau verschlingen wird, kommen sollen, ist mir schleierhaft. Hände weg von den Mondo-Biotech-Aktien!

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch