Stolz erzählte mir jüngst ein Bekannter, dass er alle seine Aktien noch rechtzeitig vor dem letzten Kurssturz abgestossen habe. Zur Erinnerung: Fed-Chef Ben Bernanke sagte im Juni, falls die US-Wirtschaft weiter an Fahrt gewinne, werde er die Geldschleuse gegen Jahresende etwas zudrehen – worauf an den Börsen Panik ausbrach. Die Lage hat sich beruhigt, die Kursverluste sind mehr als aufgeholt. Mein Bekannter aber wollte wissen, ob er jetzt wieder einsteigen solle.

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Weshalb er überhaupt verkauft habe, wollte ich wissen; schliesslich sei gerade für Privatanleger die Strategie Kaufen und Halten, kurz KuH, die beste Variante. Dieses Konzept sei längst out, habe ihm sein Bankberater gesagt. Nun haben die Banken kein Interesse daran, wenn ihre Kunden Aktien kaufen und diese dann über Jahre im Depot liegen lassen, denn so verdienen sie kein Geld mit Courtagen. Steigt mein Bekannter jetzt neu ein, dann tut er dies nicht nur zu höheren Kursen, sondern bezahlt auch zweimal die Wertschriftengebühren.

Privatanleger haben meist kein Gespür fürs Timing. Sie steigen zu spät aus, nämlich wenn die Aktienkurse schon längst auf Talfahrt sind; und sie springen in einer Haussephase wieder auf, wenn die Preise bereits stark angezogen haben. Abhilfe schafft da nur das Anlagekonzept KuH. Zumal diverse Studien zeigen, dass Aktien langfristig andere traditionelle Anlagekategorien übertrumpfen. Also Blue Chips mit möglichst hoher Dividendenrendite ins Depot legen und einige Jahre nicht mehr antasten. Grossinvestoren können mit diesem Verhalten eine tolle Performance vorweisen. Der erfolgreichste Langfrist- investor ist Warren Buffett; er hat es mit dieser Strategie in vier Jahrzehnten zum 54fachen Dollarmilliardär gebracht.

Wenn eines nicht allzu fernen Tages Bernanke den Geldhahn tatsächlich zudreht, kracht es erneut an den Börsen. Davon lassen sich Langfristanleger nicht ins Bockshorn jagen.

Ein Konzern gibt Gas. Der Niedergang hat sich über Jahrzehnte erstreckt. Dennoch ist das Ende ein Schock: Die amerikanische Autometropole Detroit, wo in den goldenen Jahren General Motors (GM), Ford und Chrysler für Wohlstand sorgten, ist bankrott. Die einst viertgrösste US-Stadt weist die höchste Kriminalitätsrate des Landes auf, vor allem Weisse ziehen in Scharen weg, ganze Quartiere sind zu Geistersiedlungen verkommen, etwa 80 000 Gebäude stehen leer.

Fast schon als Witz der Geschichte nimmt sich daneben aus, dass es den beiden Autokonzernen GM und Ford – Chrysler parkt inzwischen in der Fiat-Garage – so gut geht wie seit langem nicht mehr. Noch vor vier Jahren rutschte GM in die Insolvenz, der Staat musste mit einer 50-Milliarden-Dollar-Spritze einspringen.

Seither geht es bergauf. 2012 blieb ein Gewinn von knapp fünf Milliarden hängen, obwohl das Europa-Geschäft mit der Tochter Opel unter der Absatzkrise leidet. GM-Chef Dan Akerson demonstriert Zuversicht; er will über die nächsten vier Jahre im Heimmarkt, in Europa sowie in China rund 30 Milliarden investieren. Den Aktionären stellt er eine Dividende in Aussicht. Und jüngst wurde mit Trara die Rückkehr der GM-Aktien in den S&P 500 gefeiert. Der frische Optimismus schlägt sich im Aktienkurs nieder; innert Jahresfrist rückten GM um 90 Prozent vor. Die Analysten sehen weiteres Kurspotenzial.

Noch in diesem Jahr wird eine Reihe von umweltfreundlicheren Pick-up-Trucks lanciert, diese Modelle erfreuen sich einer starken Nachfrage. Die Amerikaner geben denn auch so viel Geld aus wie seit fünf Jahren nicht mehr. Doch wer sich in GM engagiert, sollte dies nur unter langfristigen Aspekten tun.

Unter Zeitdruck. Die Aktien des Biotechunternehmens Actelion zählen mit einer Jahresavance von 40 Prozent zu den Starperformern der Schweizer Börse. Für die Hausse gibt es handfeste Gründe. So ist die von Jean-Paul Clozel gemanagte Firma 2012 wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt, und für das erste Semester dieses Jahres wurden über den Erwartungen liegende Ertragszahlen vorgelegt. Auch strotzt Actelion vor finanzieller Potenz; in der Kasse liegen 1,5 Milliarden Franken. Eine Dividendenaufbesserung sowie ein umfangreiches Aktienrückkaufs-Programm taten das Ihrige.

Was die Anleger dabei schnell vergessen: Actelion ist immer noch ein Ein-Produkt-Unternehmen. Im vergangenen Jahr steuerte Tracleer, ein Medikament gegen Lungenbluthochdruck, 88 Prozent an den Umsatz bei. Doch 2015 läuft der Patentschutz in den USA aus, 2017 fällt er in Europa. Das Allschwiler Unternehmen steht also unter Zeitdruck, damit rechtzeitig ein neuer Blockbuster die (Umsatz-)Lücke füllt. Der Hoffnungsträger heisst Opsumit und wird alternativ zu Tracleer angewendet. Laut der Firma ist das Zulassungsverfahren in den USA und Europa im Zeitplan. Zudem befinden sich zehn Substanzen in der klinischen Entwicklung.

Nun heisst es abwarten. Die Aktien sind auf langfristige Sicht interessant, verlangen jedoch ein gerüttelt Mass an Risikobereitschaft. Auch sind sie mit einem für dieses Jahr geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von über 19 teuer.

Luxuriöser Zwischenhalt. Jahrelang gehörten die Aktien der Luxusgüterproduzenten zu den heissesten Valoren. Doch seit die Weltwirtschaftslokomotive China an Dampf verliert, ist die Euphorie aus Valoren wie Swatch Group, Richemont oder LVMH entwichen. Vor allem der Absatz von ausländischen Luxusuhren ist im Land der Mitte rückläufig. Allerdings kaufen die Chinesen wegen der im Heimatland zu entrichtenden Luxussteuer ihre Edelticker lieber im Ausland, wo sie bis zu 40 Prozent billiger sind. Doch es ist unverkennbar: Auch in Europa und den USA harzt das Uhren- und Schmuckgeschäft.

Für Anleger ist es ungewohnt, dass sogar die Luxussparte wegen der Krise weniger verkauft. Das ist jedoch kein Grund, diese Aktien gleich links liegen zu lassen. Die Branche steckt lediglich in einer vorübergehenden Formschwäche, die Papiere bleiben unter langfristigen Aspekten attraktiv. Dabei bevorzuge ich die von Johann Rupert geleitete Richemont. Ein Einstieg aber eilt nicht, die Titel sind immer noch relativ hoch bewertet. Wer seine Position in Luxusgütervaloren breiter abstützen will, sollte sich an Fonds halten. Ich denke da beispielsweise an den im Februar aufgelegten Dynapartners Luxury Brands.

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch.