Zwei lange Jahre habe man verloren im Kampf mit dem Verwaltungsrat von Charles Vögele. Erst dann wollte dieser einsehen, dass der Modekonzern neu ausgerichtet werden müsse, hat mir jüngst einer der Hauptinvestoren erzählt. Doch nun sei Vögele klar besser aufgestellt, und die frisch eingewechselten Topmanager, CEO André Maeder sowie Finanzchef Markus Voegeli, «machen mir einen guten Eindruck».

Mich hat amüsiert, wie frisch von der Leber weg André Maeder in einem Interview mit der «Handelszeitung» redete. «Wir besitzen heute noch Kleider, die zum Teil sieben bis acht Jahre alt sind. Derartige Ware ist das Todesurteil für einen Retailer», redete der CEO Klartext. Dass Maeder damit eigentlich den Tod des eigenen Arbeitgebers ankündigt, ist Situationskomik. Die Altwaren werden nun bereinigt, sprich abgeschrieben. Womit 2009 wohl rote Zahlen anfallen, denn bereits für das erste Halbjahr musste Vögele einen Verlust melden.

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Das scheint die Börse wenig zu kümmern; die Vögele-Aktien vermochten in diesem Jahr über 50 Prozent zuzulegen. Trotz roten Zahlen. Trotz dem (Teil-)Ausstieg von Laxey; der Hedge Fund hat seinen Anteil an Vögele kräftig reduziert, auf unter drei Prozent. An der Börse wird gerätselt, wer die Pakete gekauft habe. Und so spriessen die Übernahmegerüchte, was den Aktienkurs auf lichten Höhen hält. Der eingangs zitierte Grossinvestor ist überzeugt, dass Laxey die Papiere nicht weitergereicht, sondern über den Markt verkauft hat. Wenn sich die Hoffnungen auf ein Übernahmeangebot zerschlagen, wird der – an Fundamentaldaten gemessen – viel zu hohe Aktienkurs fallen. «Die Ertragssituation verbessert sich erst in ein bis zwei Jahren spürbar. Bis dann wird die Firma noch einiges zu leiden haben», meint der bestens informierte Vögele-Investor. Sein Résumé: Kurzfristig ist die Absturzgefahr der Aktien gross, doch auf zwei bis drei Jahre gesehen, bieten die Titel einiges an Kurspotenzial. Dieser Einschätzung kann ich mich nur anschliessen.

Silberstreifen im Depot. Gold hat nach mehreren Anläufen die magische Grenze von eintausend Dollar pro Unze geknackt. Nun ist die Presse gespickt mit Artikeln über das populärste aller Edelmetalle. Nur hat sich ein anderes der edlen Metalle weitaus besser entwickelt: Silber. Während der Goldpreis innert Jahresfrist um ein Drittel gestiegen ist, haben sich die Silbernotizen fast verdoppelt. Dieser beachtliche Wertzuwachs ist eine Folge der sich aufhellenden Konjunktur. Denn während Gold von Privatpersonen und Notenbanken gehortet wird, spielt Silber eine Hauptrolle als Rohstoff; etwas über 50 Prozent der Nachfrage kommen aus der Industrie. Allerdings wird der Silberpreis derzeit auch von massiven Spekulationen getrieben. Die Gefahr einer heftigen Korrektur ist deshalb gross.

Preisrückschläge bieten anderseits eine Chance zum Neueinstieg. Denn längerfristig bin ich für Silber weitaus optimistischer gestimmt als für Gold. Zwar ist mit dem Aufkommen der digitalen Fotografie respektive dem Niedergang der Filmhersteller ein wichtiger Nachfrager fast komplett weggefallen. Zunehmend dient dieses Metall aber in der Elektronik als Ersatz für umweltbelastende Stoffe wie Blei oder Kadmium, hat doch Silber eine höhere thermische und elektrische Leitfähigkeit. Das Verbot der EU, bleihaltige Lötverbindungen zu verwenden, kurbelt die Nachfrage nach Silber an. Allerdings sind Silberinvestments den risikofreudigen Anlegern vorbehalten.

Segen für Hedge Funds. Seit die EU unter dem Eindruck der Finanzkrise bekanntgegeben hat, neue Regulierungen beispielsweise für Hedge Funds einführen zu wollen, laufen Banken, Institutionelle und natürlich Hedge-Fund-Manager Sturm gegen die Pläne. Jüngst haben sogar Bischöfe der anglikanischen Kirche lautstark gegen Brüssel gewettert. Als ich diese Meldung in der «Financial Times» las, konnte ich mir ein Feixen nicht verkneifen. Denn vor einem Jahr haben dieselben Kirchendiener schon einmal kräftig auf den Putz gehauen – nur hat es damals anders getönt. John Sentamu, Erzbischof von York, beschimpfte die Hedge-Fund-Manager als «Bankräuber» sowie «Kapitalvernichter» und bemühte mit Sätzen wie «Die Liebe zum Geld ist die Wurzel alles Bösen» die Bibel. Rowan Williams, Erzbischof von Canterbury, hieb in dieselbe Kerbe. Er kanzelte die Bankiers als «Götzendiener» ab und schrieb: «Karl Marx hatte recht, als er die Risiken eines ungezügelten Kapitalismus anprangerte.»

Vor kurzem haben die Erzbischöfe einen Brief an die EU-Kommission geschrieben. Darin zeigen sie sich besorgt, dass die neuen Direktiven für Hedge Funds «unsere Möglichkeiten, Gewinne zu erwirtschaften, stark einschränken». Und die Kirche brauche möglichst hohe Gewinne – selbstredend nicht für sich selbst, sondern «für unsere wohltätige Mission». Woher der plötzliche Sinneswandel? Die anglikanische Kirche musste Ende 2008 erschreckt feststellen, dass der Wert ihrer Anlagen innert Jahresfrist um ein Viertel auf 7,3 Milliarden Franken geschmolzen ist. Auch bei den Mitunterzeichnern des Briefs, fünf Wohltätigkeitsorganisationen, steht viel Geld auf dem Spiel; zusammen investieren sie nicht weniger als 32,6 Milliarden Franken. Jedes Prozent, um das die Performance besser ausfällt, lässt 326 Millionen in die Kassen der britischen Menschenfreunde fliessen. Da hält man sich doch noch so gerne an die früher verteufelten Hedge Funds. Nun können die guten Hirten im Chor den Psalm anstimmen: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch