Die Finanzkrise hat speziell die Transportbranche stark in Mitleidenschaft gezogen. Das zeigt sich im Ertragsverlauf der führenden Schweizer Speditions- und Logistikkonzerne. Bei Panalpina schmolz der Betriebsgewinn in den Jahren 2008 und 2009 um neun Zehntel. Monika Ribar, die am Steuerrad der Transportfirma sitzt, bezeichnete 2009 als schwierigstes Jahr, seit sie für Panalpina arbeite. Kühne + Nagel dagegen ist weniger stark unter die Räder gekommen; die Krise hinterliess erst im vergangenen Geschäftsjahr Bremsspuren, Umsatz und Ebit gingen um je 19 Prozent zurück. Das Management hat die Wirtschaftsflaute frühzeitig erkannt und rasch reagiert.

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Die Branche hat sich erstaunlich schnell erholt. Reinhard Lange, CEO von Kühne + Nagel, meldete für die ersten neun Monate dieses Jahres ein Umsatzwachstum von 19 Prozent sowie ein um 17 Prozent besseres Ebit. Auch Panalpina befindet sich wieder in der Wachstumsspur, der Umsatz legte im ersten Semester um 17 Prozent zu. Die Erfolgsrechnung dagegen fiel tiefrot aus; das Management verbuchte mit Blick auf eine zu erwartende Busse der US-Justiz eine Rückstellung von 128 Millionen Franken. Panalpina soll in Nigeria mit Schmiergeldern die Zollabfertigung beschleunigt haben.

Beide Unternehmen befinden sich bereits wieder auf flotter Fahrt. An Tempo zugelegt haben auch die Aktien. Nur sind Kühne + Nagel mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 22,1 für dieses und 18,7 für das kommende Jahr inzwischen stattlich bewertet, während Panalpina etwas Aufholpotenzial aufweisen. Dennoch gefallen mir Kühne + Nagel auf lange Sicht besser. Das Unternehmen ist im Markt besser positioniert, und das Management hat gerade in der Krise seine Qualitäten bewiesen.

Alles Aussteigen. Ich habe immer wieder Schindler zum Kauf empfohlen. Und die Aktien haben eine prächtige Entwicklung gezeigt. Über die letzten zwei Jahre waren mit diesen Papieren mehr als 130 Prozent zu verdienen. Nur ist der Schindler-(Aktien-)Lift inzwischen in den oberen Etagen der Bewertung angekommen. Wohlgemerkt, dem weltweit zweitgrössten Hersteller von Aufzügen und Fahrtreppen, unverändert fest im Griff von Präsident und Mehrheitsaktionär Alfred Schindler, geht es gut. Zwar meldete das Unternehmen für die ersten neun Monate dieses Jahres einen minim tieferen Umsatz und eine leichte Erhöhung des Betriebsgewinns. Doch wird dieses Ergebnis von Analysten im aktuellen konjunkturellen Umfeld als stark gewertet. Ausserdem hat Schindler mit einem um 7,1 Prozent höheren Auftragseingang den ewigen Konkurrenten Otis ausgestochen. Dennoch bin ich gegenüber den Aktien von Schindler nicht mehr so positiv eingestellt – schlicht weil die Papiere nach der Dauerhausse etwas gar teuer sind. Langfristig sehe ich weiteres Kurspotenzial, doch für die nächsten Monate haben die Aktien des Schweizer Liftbauers ihr Pulver verschossen.

Ölspur im SMI. Hand aufs Herz: Haben Sie bis vor wenigen Wochen schon mal etwas gehört von Weatherford? Investoren wird dieser Name künftig öfters begegnen. Der US-Ölservicekonzern, der mit 53  000 Mitarbeitern einen Umsatz von 8,8 Milliarden Dollar erwirtschaftet, hat seinen Hauptsitz von Houston nach Genf verlegt und will nun seine Aktien als Dual Listing an die Schweizer Börse bringen. Präsident und CEO Bernard Duroc-Danner lässt keinen Zweifel daran, dass er alles unternehmen wird, damit die Papiere so rasch wie möglich in den SMI aufgenommen werden. Kommt Ihnen das bekannt vor? Genau, vor Monaten wurden bereits die Valoren des Tiefsee-Ölbohrers Transocean in den SMI aufgenommen, dafür mussten Swiss Life weichen. Wegen Weatherford würde Lonza aus dem SMI geschmissen. Der Swiss Market Index, in dem die 20 Unternehmen mit der höchsten Börsenkapitalisierung und der grössten Liquidität vertreten sind, steht weltweit für Schweizer Blue Chips. Doch immer mehr ausländische Firmen drängen an die Schweizer Börse. Tyco ist bereits in die Schweiz gezogen, andere Konzerne wie Noble, ACE Group oder Foster Wheeler überlegen sich einen Umzug. Einige wären durchaus qualifiziert für den SMI.

Jede Aktie, die hier neu kotiert wird, ist eine Bereicherung. Doch wenn im SMI laufend Titel heimischer Unternehmen von Papieren unbekannter ausländischer Konzerne verdrängt werden, geht mir das zu weit. Unerfreulich ist dies auch für die Pensionskassen. Weil die Leistungen der Verwalter an Indizes wie dem SMI gemessen werden, legen sie indexnah an. Mit anderen Worten: Meine künftige Rente wird zunehmend vom Kursverlauf ausländischer Firmen bestimmt. Und dies nicht immer zum Vorteil der Versicherten, wie das Beispiel Transocean zeigt. Doch auch Weatherford sind höchst volatil und beeinflussen entsprechend den SMI.

Geplatzte Verlobung. Beim Bergbaukonzern BHP Billiton wurde schon immer mit der ganz grossen Kelle angerichtet. Der Konzern entstand 2001 durch Fusion der britischen Billiton mit der australischen BHP, 2005 wurde für 7,3 Milliarden Dollar das Rohstoffunternehmen WMC Resources geschluckt. Doch damit war der Hunger noch lange nicht gestillt. Dem riesigen Eisenerzlieferanten Rio Tinto wurde eine Kaufofferte im Wert von rund 150 Milliarden Dollar unterbreitet. Nachdem die Wettbewerbsbehörde die rote Karte gezogen hatte, kam eine abgespeckte Variante auf den Tisch; die beiden Firmen wollten einen grossen Teil ihrer Eisenerzproduktion mit einem Volumen von 116 Milliarden Dollar zusammenlegen. Doch die Markthüter meldeten erneut Bedenken an, nun sind auch diese Pläne vom Tisch.

BHP-Konzernchef Marius Kloppers war wohl bewusst, dass er hoch pokerte – deshalb legte er noch ein weiteres Eisen ins Feuer. Im August schickte er ein Übernahmeangebot über 39 Milliarden Dollar an die Aktionäre des kanadischen Kalidüngerherstellers Potash. Dessen CEO, William Doyle, wies die Offerte postwendend zurück. Kloppers wird wohl heftig nachbessern; er steht unter Druck, endlich ein Grosswild zu erlegen. Bei BHP Billiton habe ich das Gefühl, dass sich die Manager ein Denkmal setzen wollen. Doch Grössenwahn war noch nie ein gutes Businessmodell. Ob all dem Jagdfieber geht das bestehende Geschäft vergessen. Hände weg von BHP-Aktien, bis sich die Situation geklärt hat.

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch