An den Pforten zu den Aktienmärkten vieler Schwellenländer herrscht heilloses Gedränge. Börsengehandelte Aktienfonds (Exchange Traded Funds, ETF) sind nicht mehr in der Lage, die Indizes des chinesischen oder des indischen Aktienmarktes direkt abzubilden. Dafür sind die Märkte zu wenig liquid und die Transaktionskosten zu hoch. Um die Nachfrage dennoch zu befriedigen, wenden Indexanbieter einen zweifelhaften Kunstgriff an: Ein ETF etwa auf den indischen Aktienmarkt enthält keine indischen, sondern beispielsweise japanische Aktien. Der Ausgleich der Performance-Differenz zwischen den beiden Aktienmärkten erfolgt über einen sogenannten Total Return Swap zwischen ETF-Anbieter und einer Investmentbank. Damit geht der ETF-Käufer ein Gegenparteienrisiko ein, wenn die Investmentbank ihrer Pflicht zur Zahlung des Performanceausgleichs nicht mehr nachkommen kann.
Zwar schreibt das Gesetz vor, dass die Performance-Differenz spätestens dann ausgeglichen werden muss, wenn sie zehn Prozent des Fondsvolumens erreicht. Doch das Gegenparteienrisiko ist nicht das einzige Problem dieser Finanzinnovation: Mit der Synthetisierung von ETF werden Märkte für ein Massengeschäft erschlossen, die dafür nicht bereit sind. Alex Hinder, der sich mit seiner Investmentgesellschaft Hinder Asset Management auf ETF-Anlagen spezialisiert hat, hält synthetische ETF zwar für «vertretbar», zieht aber selber Investitionen in ETF vor, die ihre Märkte ohne solche Kunstgriffe replizieren. Vorläufig gilt das auch für die meisten Anleger. Doch die Fondsindustrie scheint dem Publikum ihre neuen Produkte buchstäblich aufzwingen zu wollen. Schon heute sind 60 Prozent aller in der Schweiz angebotenen ETF synthetisch.