Herr Haase, in Zürich hat sich der Anteil des Stockwerkeigentums binnen eines Jahrzehnts verdoppelt. Woher der Run aufs Eigenheim in der City?

Nach Jahren der Stadtflucht ist es zu einer Art Landflucht gekommen. Viele Menschen schätzen es wieder, das Theater und den Arzt in der Nähe zu haben, nutzen gerne die ausgebaute Infrastruktur der Stadt. Die City ist auch für Leute attraktiv, die eventuell ihr zu grosses Eigenheim auf dem Land verkauft haben. Kommt dazu, dass das weiterhin günstige Zinsumfeld die Finanzierung eines Stadteigenheims leichter zulässt als früher.

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Ihr Modell zeigt für 4,9 Millionen Schweizer Mikrolagen, welche Quadratmeterpreise die Käufer zu zahlen bereit sind. Was ist der hauptsächliche Nutzen daraus?

Wir haben ein Modell erstellt, das die Immobilienpreise mit dem Fokus auf Lagequalitäten erklärt. Das feinmaschige Modell zeigt unter anderem etwas auf, das oft vergessen geht: Standorteigenschaften können innerhalb einer Gemeinde oder sogar im Vergleich mit dem Nachbargrundstück sehr unterschiedlich ausfallen.

Kann man eine schlechte Lage per Luxusprojekt wettmachen?

Das wünschen sich manche Entwickler wohl. Aber die natürliche Attraktivität einer guten Mikrolage ist bestimmt das nachhaltigere Investment. Auch «vergoldete Wasserhahnen» helfen nicht, ungünstige Faktoren einer Mikrolage auszumerzen.

Ihr Modell beruht auf Angebotspreisen, die während dreier Jahre verfolgt wurden. Werden aber Transaktionen zu tieferen Preisen getätigt als annonciert, besteht die Gefahr, dass Ihre Quadratmeterpreise zu hoch ausfallen.

Umgekehrt aber kommt es bei sehr begehrten Objekten auch zu Bieterrunden, was dann zu höheren Preisen führt als ursprünglich ausgeschrieben. In der Summe gleichen sich die Effekte wieder aus.

Wo stösst Ihr hedonisches Modell an Grenzen?

Neben den messbaren und objektiven Mikrolagefaktoren beeinflusst beispielsweise auch das Image eines Quartiers die Zahlungsbereitschaft der Menschen. Ein Image reflektiert positive oder negative Assoziationen mit einer Lage, die sich jedoch nur schwer messen lassen.

Soll man in der City noch kaufen? Oder sind die Preise zu hoch?

Das muss jeder Interessent selber wissen. Aufgrund der Preisanstiege muss man wohl beim Thema Renditeobjekt vorsichtiger sein. Aber wer in der Stadt an vernünftiger Lage sein Traumobjekt für den Eigengebrauch gefunden hat, es bezüglich Tragbarkeit seriös finanzieren kann und dabei auch die Zukunftsfähigkeit – etwa punkto Energieform und Barrierefreiheit – geprüft hat, kann den Schritt weiterhin wagen.

Ronny Haase ist Lagespezialist und Partner beim Beratungsunternehmen Wüest & Partner.