Wer will teure Aktien? Ich! Sie sollten sie auch wollen – speziell die der grossen Luxusunternehmen, die es in der Schweiz reichlich gibt –, und davon besonders die teuersten. Lassen Sie mich das begründen.

Luxusaktien waren zuletzt gar nicht so luxuriös. Während die Aktien weltweit stiegen, verloren sie seit dem 24. April rund 6 Prozent – trotz des Aufwärtstrends im Juni. Diese Abspaltung löst bei vielen die Befürchtung aus, dass die seit dem Tiefpunkt im vergangenen Herbst an der Börse sehr gut laufenden Luxusaktien am Ende seien. Droht wegen der schwindenden Nachfrage in den USA und China sowie aufgrund hoher Bewertungen für deren Börsenkurse Schlimmeres? Nein, antworte ich darauf. Die jüngste Schwäche der Luxusaktien ist eine Gelegenheit zum Kauf.

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Ebenso wie die grossen Tech-Aktien stehen Luxus-Titel für Qualität und sicheres Wachstum – eine Seltenheit in dieser langsam wachsenden Weltwirtschaft. Wenn das wirtschaftliche Wachstum unsicher erscheint –  das ist gerade die Sorge der meisten Börsianerinnen und Börsianer –, verlangen die Märkte für ein Wachstum, das allen Konjunkturlaunen trotzt, einen Zuschlag. Genau das bieten die Luxusaktien. Es ist also keine Überraschung, dass sie jetzt nicht günstig sind.

Trotz des Rückgangs im Mai liegt der Zuwachs der Luxusaktien 2023 weltweit immer noch bei 14,2 Prozent. Seit dem globalen Tief 2022 gar bei 35,5 Prozent in Franken, was die 14,3 Prozent des Weltaktienindex in diesem Zeitraum matt wirken lässt. Europas Hotspots brummen. Auch die Schweizer Luxusgüteraktien widersetzen sich mit einem Zuwachs von 19,3 Prozent in diesem Jahr der allgemeinen Schwäche des Schweizer Aktienindex SPI. Die italienischen und französischen Luxusaktien sind mit ihren plus 32,9 Prozent beziehungsweise 24,1 Prozent sogar noch stärker.

Über den Gastautor

Ken Fisher ist Gründer und Executive Chairman von Fisher Investments, einer Vermögensverwaltungsfirma mit Niederlassungen weltweit, die über 192 Milliarden Dollar verwaltet. Fisher zählt zu den einflussreichsten (und auch reichsten) Investmentmanagern der USA.

Warum sind die Luxusgüter-Titel so gefragt? Erstens, weil die Kategorien, die in Bärenmärkten am stärksten betroffen sind, in neuen Bullenmärkten am kräftigsten zulegen. Beim Marktrückgang 2022 fielen die Aktien weltweit gegenüber dem Hoch 2021 um minus 20,8 Prozent in Franken. Die der Luxusunternehmen? Um minus 37,4 Prozent. Der grössere Rückgang verstärkte die Sorgen, schraubte die Erwartungen herunter und bereitete so die Erholung in 2023 vor.

Trotzdem warnen die Pessimisten, dass das Einbrechen im Mai, verstärkt durch die noch immer hohen Bewertungen, ein Abflauen der heissen Phase der Luxusaktien bedeutet – oder sie sagen sogar, dass günstigere Aktien sicherer seien. Das ist doppelt falsch! Es stimmt, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Branche (24,2) den entsprechenden Wert des SPI und des Weltaktienindex von 16,8 übertrifft. Aber hohe KGV-Werte können täuschen – speziell im frühen Aufschwung wie dem aktuellen.

Warum? Wie ich im März erklärt habe, schauen Aktien nach vorn, Gewinne zurück. Die Kurskomponente in dieser Relation klettert also schnell, wenn die Märkte bessere Zeiten voraussagen. Die Gewinne erscheinen jedoch viel später. Selbst die Gewinnprognosen hinken in der gedrückten Stimmung nach einem Bärenmarkt den Kursen hinterher. Dadurch wird gegenwärtig das KGV der Luxusgüter aufgebläht.

Schauen Sie sich den SPI nach dem Covid-Tief im März 2020 an. Das KGV lag bei mittelmässigen 15,3. Sechs Monate später war es mit 19,8 relativ hoch. Dennoch stiegen die Schweizer Aktien um weitere 30,3 Prozent bis zu ihrem Höchstwert im Dezember 2021. Global legte das KGV der Luxusgüter nach dem Tiefpunkt 2020 von einem noch höheren Wert (21,2) in sechs Monaten auf immense 37,4 zu. Trotzdem stiegen die Luxusaktien während des Weltmarkthochs im Jahr 2021 um 54,2 Prozent.

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Die KGV-Vorurteile der anderen sind Ihr Vorteil an der Börse, liebe Leserinnen und Leser. Wenn Wachstumsaktien gefragt sind, führen die teureren Aktien, jene, die hohes Wachstum bieten. Leute, die Wachstum suchen, wollen Qualität – einen klaren Weg zu Gewinnen. Das bedeutet höhere KGV.

Heute sehen die Fundamentaldaten der Luxusaktien nobel aus. Ungeachtet der hohen weltweiten Inflation sind die fetten Bruttogewinnmargen der Luxusunternehmen seit 2021 über 55 Prozent geblieben. Die Exporte von Schweizer Uhren legten aufgrund steil ansteigender Nachfrage aus den USA und China im Mai um 14 Prozent zu, während Schweizer und französische Unternehmen seit der erneuten Öffnung in China Umsatzzuwächse verzeichnen – die Ängste vor Wachstumsschwäche werden zurechtgerückt. Die Region Asien-Pazifik macht nun 37 Prozent des Umsatzes aus. Globale Marken dringen auch nach Indien und in den Nahen Osten vor.

Fürchten Sie sich also nicht vor diesen teuren Aktien. Nutzen Sie den Rückgang der Luxusaktien, um Qualität zu kaufen, bevor die Kurse dieser Titel wieder anziehen. Verteilen Sie das Engagement auf die Luxusaktien in der Schweiz, in Italien und in Frankreich. Ebenso auf die USA. Seien Sie jetzt nicht kleinlich.