Ein mysteriöser Aktienhändler sorgt in Japan für Furore. Der 35-jährige Tageshändler, der nur unter dem Pseudonym Cis bekannt ist, hat nach eigenen Angaben aus dem Nichts in zehn Jahren ein Vermögen von 16 Milliarden Yen (rund 139 Millionen Franken) angehäuft. Sein Trick: Der Einkauf von riesigen Mengen an Aktien einer Firma, nur um sie wenige Stunden später wieder zu verkaufen.

Ohne seine Anonymität preiszugeben, hat Cis der amerikanischen Wirtschaftsagentur Bloomberg Einsicht in einige seiner Deals gewährt. Ein besonders extremes Muster seiner Strategie lieferte Cis demnach am 4. Februar 2014. Kurz nach Handelsstart kaufte er 300'000 Aktien des Softwareunternehmens Softbank, weil er die Papiere für unterbewertet hielt. Sofort folgten andere Käufer und als er die Aktien nach 90 Minuten wieder verkaufte nahm er einen Gewinn von über 140 Millionen Yen (1,2 Millionen Franken) mit. Sein mit Comicbüchern vollgestopftes Zimmer habe er dafür keine Sekunde verlassen müssen, sondern gemütlich in seinem Pyjama eine Karotte gemampft, sagte er Bloomberg über jenen Arbeitstag.

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Maskiert und mit Stimmenverzerrer

Alleine im letzten Jahr habe er mit solchen Deals sechs Milliarden Yen (52 Millionen Franken) an Tokios Börse gemacht, so Cis, der inzwischen unter japanischen Tradern zur Kultfigur aufgestiegen ist. Zum Beweis für den Wahrheitsgehalt seiner Aussagen zeigte er Journalisten seine Steuererklärung, auf der ein Handelsvolumen von 1,7 Billionen Yen (rund 15 Milliarden Franken) für 2013 ausgewiesen ist. Damit gingen 0,5 Prozent aller Transaktionen, die von Einzelpersonen an Tokios Börse getätigt wurden, alleine auf Cis zurück, schreibt Bloomberg.

Kein Wunder, dass über den jungen Börsenstar viele Geschichten erzählt werden. Es gibt sogar eine japanische Wikipedia-Seite, die seine Transaktionen nachzuvollziehen versucht. Er selbst ist bislang dagegen erst einmal im Fernsehen aufgetreten. Durch eine Milchglasscheibe verdeckt und mit einem Stimmenverzerrer ausgestattet um seine Identität zu bewahren, erzählte Cis, dass er früher als Video-Game-Spieler und Pachinko-Zocker seine Tage verbracht habe. Cis sei sein Gamername gewesen («sis» steht in Japan für Tod).

Die Lektion aus der Fantasywelt

Seine Tage als Gamer seien vorbei, so Cis, inzwischen sei er verheiratet und habe drei Kinder. Seine Studienzeit habe er mehrheitlich im Online-Rollenspiel Ultima Online verbracht, was ihm zwar beinahe seinen Abschluss in Maschinentechnik gekostet hätte, doch dafür habe er sein Können auf der Tastatur perfektioniert. «Zudem lernte ich beim Rollenspiel Waffen, Schätze und Nahrung anzuhäufen», sagt Cis. Doch das Game habe ihn noch eine viel wichtiger Lektion gelernt: «Du verlierst nichts, wenn du davonrennst». Genau so sei es nämlich an der Börse, man müsse merken, wann man aufhören und abhauen muss.

Beim erwähnten TV-Auftritt wurde Cis gefeiert wie ein Popstar. Der Gastgeber fragte ihn wer er sei. «Ich bin der Mann, der zehn Milliarden durchs Traden verdient hat», antwortete Cis unter dem Jubel des Publikums im Studio.