BILANZ: Herr Lauda, ohne Ihnen schmeicheln zu wollen: Sie sehen in natura besser aus als im TV.

Niki Lauda: Das kommt davon, dass ich mich nie schminken lasse im TV. Nutzt eh nix.

Bei Formel-1-Übertragungen stehen Sie vor der Kamera jeweils rechts neben dem Moderator, sodass der Zuschauer Ihr lädiertes Ohr sieht. Macht Ihnen das nichts aus?

Das ist mir vollkommen wurst. Wissen Sie, als ich damals nach dem Unfall zum ersten Mal in einen Spiegel geschaut habe, hat es mich fast gerissen. Zu Hause in Salzburg, wo ich auf dem Land lebte, wohnte neben mir ein Freund und Bauer, Wastl hiess er. Als der mich gesehen hat, hat er einen Schock bekommen. Da hab ich mir gedacht: Was werden erst die Leute in der Stadt denken, die nicht so erdbezogen aufgewachsen sind wie der Wastl? Und damit war es für mich erledigt. Es ist eben so, ich kann es nicht ändern. Wenn ich die Leute erschrecke, haben sie eben Pech gehabt.

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Warum haben Sie nie eine plastische Operation machen lassen?

Ich habe mich verbrannt, und so sieht man eben aus, wenn man 50 Sekunden im Feuer sitzt. Zudem erkenne ich jede Schönheitsoperation sofort. Ich habe ein scharfes Auge. Sie zum Beispiel, Frau Gasser, haben keine Nasenoperation gehabt.

Sie haben recht.

(Lacht.) Ich schau eben hin. Wenn Frauen daherkommen mit aufgespritzten Lippen oder anderen Dingen, dann wird mir schlecht.

Ihrer Freundin würden Sie das also nicht empfehlen?

Nie im Leben!

Von Ihnen heisst es, Sie seien ein «österreichischer Schotte», sparten, wo es nur gehe, hätten nie Geld im Hosensack. Stimmt das?

Der Ruf, dass ich kein Geld ausgebe, ist komplett falsch. Ich weiss, wie man mit Geld umzugehen hat.

Wie viel Geld haben Sie gerade dabei?

So viel, wie ich gerade brauche.

Sie haben zwei Nierentransplantationen über sich ergehen lassen müssen. Sind das traumatische Erlebnisse?

Nach meinem Unfall und anderen Eskapaden, bei denen ich fast ums Leben kam, ist so eine Operation verhältnismässig leicht. Mich fasziniert mehr das Technische, wie man es überhaupt machen kann, eine Niere vorne einzubauen, obwohl sie hinten sitzen müsste. Über so etwas denke ich nach.

Ihre Freundin, Birgit Wetzinger, ist gleichzeitig die Spenderin Ihrer zweiten Niere. Was ist das für ein Gefühl?

Prinzipiell einmal ein schönes. Lukas, mein Sohn, hat sich sofort bereit erklärt, eine Niere zu spenden. Dann hiess es, dass seine Niere nicht passe. Darauf sagte Birgit, sie gehe mal einen Test machen. Die Niere passte. Das zog aber das Problem der Verantwortung nach sich – ich kannte sie ja erst seit acht Monaten.

Wie kam es dann dazu?

Da Birgit sich über längere Zeit wiederholt bereit erklärt hat, diesen Schritt zu gehen, und keine Unsicherheit gezeigt hat, haben wir beide den Termin fixiert.

Ihre Freundin ist 30 Jahre jünger als Sie und will sicher noch Kinder haben, oder?

Ja, prinzipiell hab ich nichts dagegen. Ich würde mir noch Kinder wünschen.

Sie haben zwei erwachsene Söhne. Waren Sie ein guter Vater?

Zum Teil ja, zum Teil nicht. Am Anfang, als ich Grands Prix gefahren bin, war ich nie zu Hause. Also Windeln gewechselt und Kinderwagen geschoben habe ich nicht. Aber jetzt, glaube ich, haben wir das beste Verhältnis.

Einer Ihrer Söhne fährt DTM-Rennserie – zunächst gegen Ihren Willen. Sind Sie unterdessen stolz auf ihn?

Jein. Mathias war nicht davon abzuhalten, ich habe es versucht. Lukas, der
Ältere, managt ihn. Aber es gefällt mir, wie die zwei das machen.

Fragt er Sie häufig nach Tipps?

Früher habe ich oft gesagt: «So gehts sicher nicht.» Dann entstand aber ein ganz logischer Vater-Sohn-Konflikt. Wenn ihm das ein Fremder gesagt hätte, hätte er die Tipps akzeptiert. Von mir nicht. Jetzt lasse ich sie allein, doch zu den Rennen gehe ich schon. Ich beobachte, und wenn mir etwas auffällt, sage ich es natürlich.

Reizt es Sie noch manchmal, Formel 1 zu fahren?

Nein, heute nicht mehr. Ich bin Weltmeister geworden, habe mich verbrannt, bin wieder Weltmeister geworden, habe aufgehört. Ich hatte genug. Nach zwei Jahren dachte ich mir: Ich möchte wissen, ob ein Comeback möglich ist in diesem Sport. Also habe ichs wieder gemacht, gewonnen, verloren und endgültig aufgehört. Ich wollte einfach nicht mehr im Kreis fahren, ich hatte endgültig genug.

Das hatten Sie zuvor schon einmal gesagt.

Nach dem ersten Ausstieg hatte ich beim Gedanken an die Formel 1 immer ein Negativgefühl, ich schaute mir die Rennen nie mehr ganz an, maximal abends im Fernsehen die Zusammenfassung. Und dann war ich einmal beim Österreich-Grand-Prix als Fernsehkommentator, da gab es einen irren Startcrash. Die sind zusammengefahren wie die Wahnsinnigen. Plötzlich dachte ich: Wow, das ist toll. Auf einen Schlag war ich wieder fasziniert von diesem Risiko. Ich fragte mich, was bloss mit mir los sei. Ich fuhr nach Monza zum nächsten Rennen. Wieder ein Crash, ein Auto in Fetzen, Flammen. Der Fahrer stieg aus, ihm war nichts passiert, und wieder dachte ich mir: Super. Damals rief mich Ron Dennis alle drei Monate an, ob ich nicht wieder zurückkommen wolle, und so auch an jenem Wochenende. Und dann hab ich gesagt: «Ich probiere es aus.»

Wie kamen Sie vom Rennsport zum Fliegen?

Flugzeuge haben mich zunächst überhaupt nicht interessiert, bis mich dann in Salzburg einer mitgenommen hat, um mir in einer Einmotorigen zu zeigen, wie schön Salzburg ist. Da schaute ich ihm zu, wie er flog, und dachte mir: Auch nicht schlecht. Probier es! Es ging mir aber nie ums Fliegen an sich, sondern darum, mir das Leben leichter zu machen. Die Fahrt von Salzburg zur Ferrari-Teststrecke bei Bologna dauerte sieben Stunden. Wenn man da in nur einer Stunde hinfliegen kann, ist es doch eigentlich besser. Ich hatte schnell eine zweimotorige Cessna mit einem Piloten. Das war in den siebziger Jahren.

Aber es ist ja ein Unterschied, einen Flieger zu besitzen oder gleich eine ganze Fluglinie.

Die Airline hat sich daraus entwickelt, weil ich mir zu überlegen begann, mein Flugzeug zu vermieten, um ein bisschen Geld damit zu verdienen. Das war der Ursprung der Lauda Air, zumal es in Österreich damals nur die Austrian Airlines gab.

Sie haben damals auch den österreichischen Bundeskanzler Kreisky zu Staatsbesuchen geflogen. Nicht einmal der konnte bei der Gründung Ihrer ersten Airline, als Sie zusammen mit Austrian fliegen wollten, zum Abheben verhelfen.

Damals gab es ein Riesenmeeting, da hat Kreisky den Austrian-Chef eingeladen, den Verkehrsminister, den Finanzminister und mich. Es gab Krieg, weil ich keine Erlaubnis zu fliegen erhielt. Kreisky eröffnete die Sitzung mit den Worten: «Den Porsche haben wir aus dem Land vertrieben, jetzt baut er die Autos in Deutschland. Ich will nicht, dass das auch mit dem Herrn Lauda passiert. Wieso kann der mit seinen Propellermaschinen nicht fliegen?» Darauf sagte der Chef der Austrian: «Mit dieser Fokker kann man nicht über die Berge fliegen, weil sie keine Druckkabine hat.» Da sagte ich: «Sind Sie verrückt? Ich flieg sie ja selber, natürlich hat sie eine Druckkabine. Sehen Sie, Sie haben keine Ahnung!» Der Finanzminister hat mich gefragt, was ich für eine Gesellschaftsform hätte. Ich: «Eine GmbH und Co KG.» Sagt der: «Lassen Sie sie doch in Konkurs gehen.» Darauf ich: «Ich habe mir von einer Bank Geld ausgeborgt, und ich will das zurückzahlen.» Da hat der gesagt, der Finanzminister, wortwörtlich: «Die Banken haben eh genug Geld, ist doch eh wurst.»

An Ihrer Lauda Air beteiligte sich später die Lufthansa, dann kam Austrian als Aktionär dazu, und an Austrian wiederum war die Swissair beteiligt. Wie empfanden Sie diese Konstellation?

Ich werde das nie vergessen, bei Sitzungen sassen Vertreter aller Swissair-Beteiligungen an einem Riesentisch, von zwölf Airlines oder so. Einmal ging es um die Entscheidung, wer wie im Board vertreten werden sollte. Oben sollten die Grossen sein, Austrian und Swissair, und ich war eigentlich nirgends so richtig vorgesehen. Dann musste jeder seine Airline präsentieren. Ich stellte meine Lauda Air vor mit dem Laptop, hatte das aber niemandem vorher gezeigt. Dann schob ich im Organigramm dieses Board auseinander und platzierte die Lauda Air ebenfalls oben. Da schaute der Bruggisser die Austrian-Chefs Rehulka und Bammer an, die wiederum schauten mich an, ich fragte: «Ist irgendwas?» Ja, warum ich da oben sei, ich würde ja von der AUA vertreten. Ich: «Moment! Wie wollt ihr mich in Australien vertreten?» Das war mein Argument. Keiner von denen flog dorthin, wie sollten die für mich mit der australischen Qantas über gemeinsame Flüge verhandeln? Und ich war seit Jahren in Australien. «Wir sind ja ein Team», sagte ich zu Bammer, Rehulka und Bruggisser. Und dann durfte ich als Präsident da oben mitspielen.

Später eskalierte der Streit mit der Austrian, Sie haben sich auskaufen lassen. Dann sind Sie mit Fly Niki, einem Billigflieger, noch einmal durchgestartet. Woher die Motivation?

Ich war ja bei Jaguar, eingestellt vom damaligen Ford-Topmanager Wolfgang Reitzle. Als der nach zwei Jahren ging und die Engländer Jaguar übernahmen, setzten sie dort überall Engländer ein. Ich hatte aber einen Dreijahresvertrag. Den haben sie behalten und ausbezahlt – und so durfte ich nichts tun. In dieser Zeit war ich dann bei EasyJet und Ryanair, einfach so aus Langeweile, und habe mir das Lowcost-Konzept angeschaut. Dann begann diese Idee in mir zu wachsen. Lowcost war etwas Neues und Interessantes.

Ein Spruch sagt: Wer Geld schnell loswerden will, muss nur eine Airline gründen.

Der stimmt auch. Aber nach den Lauda-Air-Erfahrungen war ich einiges gescheiter und reifer. Die Idee, mit Fly Niki eine Billig-Airline zu gründen, war auch wieder ein reiner Zufall. Ich wollte damals bei Sky Europe mitmachen und schaute mir das auch an, doch die Chemie mit den Chefs stimmte nicht. Und dann plötzlich ging die deutsche Aero Lloyd ein, die damals drei Airbusse besass. Ich dachte, die nehme ich jetzt mal. Ich wusste, dass es sinnlos war, alles allein aufzubauen. Also fuhr ich zu Air-Berlin-Chef Joachim Hunold, den ich eigentlich nur oberflächlich kannte. Wir haben uns am Arlberg getroffen. Bingo. Es hat gleich funktioniert. Ich habe ihm 24 Prozent an Fly Niki überlassen und mir damit den Internetvertrieb, das Ticketing die Preisgestaltung und vieles mehr eingekauft.

Wie viel Geld haben Sie in Ihre Fluglinien gesteckt?

Ich habe getan, was notwendig war. Bei der Lauda Air war das schon einiges. An Fly Niki halte ich 76 Prozent, Air Berlin den Rest. Sonst niemand, keine anderen Investoren, nichts. Wir finanzieren die Operationen aus eigenem Cashflow. Von den acht Fliegern gehören uns sieben, nur einer ist geleast.

Wie haben Sie das Grounding der Swissair erlebt?

Den Wahnsinn, den die Schweizer dort betrieben haben, habe ich nie verstanden. Dass sie Toblerone machen können, ist bekannt, aber von Airlines haben die überhaupt keine Ahnung. Die Swissair war die beste Airline, die es je gab. Die haben ihre Flieger cash bezahlt. Die sind mit dem Koffer hingefahren und haben das Geld abgegeben, was keine Airline konnte. Zuerst hat der Herr Bruggisser die Swissair in Grund und Boden rotiert mit seinen Ideen, alle Airlines kaufen zu wollen. Dann kam die Swiss. Jetzt hätte man von null aus anfangen und neue, tiefere Kollektivvertragslöhne bezahlen können, doch auch diese Chance hat die Schweiz verbockt.

Sie kennen die Debatte über Managergehälter. Wird die zu Recht geführt?

Ein Manager kann viele Millionen verdienen – zusätzlich bekommt er Aktienoptionen, wo er wieder viele Millionen verdient. Aber er riskiert nie sein eigenes Geld. Für mich gibt es nur eine Lösung: Grundgehalt null, nur Spesen, der Rest ist Risiko. Wenn er dann acht, neun Millionen verdient, weil der Aktienkurs steigt – wunderbar. Wenn nicht, hat er eben Pech gehabt. Diese wahnsinnigen Fehlentscheide von Managern und die hohen Löhne kommen daher, dass sie nie mit eigenem Geld hantieren, sondern nur mit fremdem.

Sie hatten Unfälle, Pleiten, Transplantationen. Was war für Sie der grösste Tiefschlag?

Der Absturz des Lauda-Air-Flugzeugs in Thailand.

War das schlimmer als Ihr Grand-Prix-Unfall?

Klar, für meinen Unfall bin ich selber verantwortlich, weil ich das Risiko kenne – das macht mir weniger aus. Aber wenn Sie 223 Menschen haben, die von A nach B fliegen und einfach sicher dort ankommen wollen, und dann passiert Ihnen so was, da denkt man schon …

Was waren Ihre erste Regungen, als Sie zur Unfallstelle kamen?

Was sich dort abgespielt hat, das vergesse ich mein Leben lang nicht. Die Gerüche von den Leichen, die im Wald lagen: Das war das Ärgste, was ich je gesehen habe. Und dann noch dazu überall Flugzeugteile, auf denen mein Name draufstand. Das war ein Schock.

Würden Sie heute etwas anders machen?

Ich habe sofort gesagt: «Wenn ich oder die Lauda Air daran schuld sind, dann hör ich sofort auf.» Das war für mich eine korrekte Aussage damals, ohne dass ich mir allerdings die Konsequenzen überlegt hatte. Jeder hat mir davon abgeraten, an den Unfallort zu fliegen. Ich solle daheim bleiben und Kommunikation betreiben. Ich habe gefragt, wie ich Kommunikation betreiben solle, wenn ich nicht wisse, was los sei. Ich lasse mich schliesslich nicht fernsteuern. Es hat dann rund sechs Monate gedauert, viel zu lange, bis klar war, dass die Schubumkehr der Auslöser des Absturzes war.

Sie sind vor Jahren mit Ihrer Familie nach Spanien gezogen. Im Gegensatz zu Ihnen lebt Ihre Familie noch immer dort. Hatten Sie genug von Österreich?

Ich bin aus Steuergründen nach Spanien gezogen, denn ich wurde in Österreich verfolgt ohne Ende. Als ich die Lauda Air gegründet hatte, kamen die Leute vom Finanzamt und sagten, sie müssten jetzt zehn Jahre zurück die Formel-1-Zeit überprüfen. Ich war damals in Salzburg ansässig, habe immer Steuern bezahlt. Das war ein irres Theater, zwei Jahre lang. Die haben gesagt, meine Rennfahrertätigkeit hätte komplett in Österreich versteuert werden müssen. Das Argument, dass ich im Ausland gearbeitet habe, hat nicht gegolten. Die Rennen würden schliesslich im TV in Österreich übertragen, sagten die, damit sei ich in Österreich tätig gewesen. Man hat mir sogar verboten, Flugtickets als Reisespesen abzusetzen. Fahren Sie doch mit dem Schiff, hat man mir gesagt. Da zahlte ich dann freiwillig Steuern nach, weil ich damals mit der Lauda Air begonnen hatte und dachte, wenn ich jetzt mit denen stritte, käme ich zu keinen Verkehrsrechten. Das war der grösste Fehler meines Lebens. Ich habe bezahlt und doch keine Verkehrsrechte bekommen.

Sie hätten auch in die Schweiz ziehen können, nicht?

Ich habe einmal Marlene (Laudas geschiedene Frau, Anm. d. Red.) durch Monte Carlo geführt, als die Diskussion damals aufkam. Sie hat gefragt, ob ich einen Vogel hätte, da könne man nicht leben, nur Hochhäuser. Wir kamen auf Ibiza, weil Marlene spanischer Herkunft ist.

Wie sehen Sie als Österreicher die Schweiz?

Die Schweizer sind Eigenbrötler, manchmal sehr kompliziert im Denken. Einfach, mit ihnen zusammenzuarbeiten, ist es nicht. Aber sie wussten in ihrer bedächtigen Art stets, wie es funktioniert, um aus der Schweiz das zu machen, was sie heute ist.

Würde eine Formel-1-Strecke in der Schweiz Sinn machen?

Es würde Sinn machen. Aber wenn ich mir anschaue, wie die Schweizer auf der Autobahn fahren und dass man fürs Schnellfahren gleich angezeigt wird … (lacht). Den Schweizern würde es gut tun, wenn man wieder eine Rennstrecke bauen würde. Aber es geht in der heutigen Zeit vermutlich nicht mehr wegen der Umweltproblematik und der Grünen.

Was fahren Sie selbst privat?

Mercedes-C-Klasse. Und ich habe noch einen M, den Geländewagen.

Was ist Ihre grösste Schwäche?

(Denkt lange nach.) Es gibt immer Leute, die sagen, wie schön es früher gewesen sei. Das interessiert mich überhaupt nicht. Ich bin heute da, muss an morgen denken und versuche nur, die negativen Erfahrungen der Vergangenheit mitzunehmen. Die positiven brauche ich nicht mitzunehmen, die sind sowieso passiert.

Das klingt nicht nach Schwäche, eher nach Pessimismus. Es fällt Ihnen also keine Schwäche von Ihnen ein?

Hm. Ich bin sicher pingelig und ärgere manchmal die Menschen, indem ich hundertmal das Gleiche sagen muss. Gerade in der Airline-Industrie. Ich fliege ja auch selber. Oft ist das Triebwerk am Flugzeug schmutzig. Dann sage ich hundertmal zu meinen Mitarbeitern: Wenn ihr da Öl einfüllt, wischt es danach ab. Ich garantiere Ihnen: Wenn ich morgen dorthin komme, ist schon wieder ein Ölfleck drauf. Das ist ein «ongoing process», der mich nicht mehr quält. Man muss es den Leuten jeden Tag sagen, jeden Tag dasselbe.

Das stört Sie nicht?

Das stört mich masslos. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Gestern bin ich aus Brasilien zurückgekommen in unserem Flieger. Wir waren zu dritt im Cockpit, zwei Piloten und ich. Irgendwann hat mich einer abgelöst. Der sass dann hinter mir, und hinter ihm standen seine Schuhe. Ich dachte mir: Hat der einen Vogel? Das hatte ich noch nie gesehen, das machte mich fertig. Ich musste es ihm natürlich sagen.

Sie machen auf Ihrer Mütze Werbung für OC Oerlikon. Wie kamen Sie dazu: durch Ihren Freund Ronny Pecik?

Das mit Ronny Pecik geht etwa zehn Jahre zurück. Er hat meine Gelder angelegt und tut dies heute noch. Mit Oerlikon war es so, dass der Fünfjahresvertrag mit meinem früheren Werbepartner Viessmann gerade auslief. Die Frage war, ihn zu verlängern oder nicht. Und genau im richtigen Moment kam Oerlikon mit einer Anfrage, ob ich das machen wolle. Wären die ein Jahr früher oder später gekommen, hätte es nicht geklappt – das ging ohne das Zutun von Pecik.

Kannten Sie das Unternehmen damals?

Oerlikon kannte ich durch den Einstieg von Georg Stumpf und Ronny Pecik natürlich schon. Das war in allen Medien in Österreich, in der Schweiz wahrscheinlich auch (bricht in Lachen aus).

Sind Sie selbst Aktionär?

Ja, seit längerer Zeit. Ich schaue besonders interessiert auf alles, was dort passiert, ich kenne mich auch relativ gut aus. Ausserdem hab ich als Werbeträger mehr Verantwortung, als wenn ich nur anonymer Aktionär wäre.

Wie viel kriegen Sie für den Werbevertrag?

Das darf ich nicht sagen, aber ich bin zufrieden. Das ist übrigens eine einfache Rechnung, diese Verträge sind ja nicht so, dass man sich etwas wünschen könnte, sondern da wird die Gegenleistung in Form von Werbepräsenz im Fernsehen ausgerechnet. Und das wird beinhart umgerechnet, da kann man wenig verhandeln.

Sie scheinen nicht viele Gemeinsamkeiten mit Ronny Pecik zu haben. Was verbindet Sie?

Wir haben Gemeinsamkeiten, nur sage ich immer: Schuster bleib bei deinen Leisten. Ich mache die Dinge, die ich kann, und er macht die Dinge, die er kann. Du musst also jemanden finden, zu dem du Vertrauen hast, was die Geldanlage angeht, und da mische ich mich im Grossen und Ganzen nicht ein. Er legt an, wo immer er glaubt, dass es richtig ist. Ich weiss oft gar nicht, was er wie wo tut, aber im Fall von Oerlikon war es mir natürlich bekannt. Gleichzeitig betreiben wir gemeinsam ein Flugzeug, eine Challenger 300. Ich hab meinen früheren Learjet eingetauscht und habe nun eine Hälfte von dieser Challenger.

Ein geteilter Businessjet?

Einen Flieger zu teilen, ist eine sehr sensible Sache. Prinzipiell teilt man nichts, schon gar nicht Frauen oder Flugzeuge (lacht). Also war das etwas Neues, für ihn auch, aber es funktioniert sehr gut.

Wie genau schauen Sie Ronny Pecik auf die Finger: Depotauszugskontrolle einmal im Jahr?

Nein, nein, regelmässig. Erst heute habe ich wieder zu Pecik gesagt, ich will reinschauen. Und wenn nichts vorangeht, muss ich auch mal schimpfen (grinst).

Welche Performance erzielt er denn?

Eigentlich eine sehr gute. Aber jetzt gab es ja diesen Rückschlag jüngst, ausgelöst durch die Hypothekenkrise in den USA. Es geht also auf und ab. Alle werden mitgerissen, und alle erklären einem immer das Gleiche: Wir haben weniger Geld verloren als die anderen. Das ist eine Geschichte, die höre ich schon mein ganzes Leben (grinst). Aber wenn man genau hinschaut, dann macht Pecik das schon gut.

Welches Land schneidet besser ab in der Euro 08: Österreich oder die Schweiz?

An einer Podiumsdiskussion habe ich neulich gesagt, ich halte diese Diskussionen über den depperten Fussball nicht mehr aus. Die Österreicher sind sowieso inexistent, und auch die Schweizer dürfen nur mitspielen, weil sie Veranstalter sind. Es ist wie in der Formel 1: Wenn du in der letzten Startreihe stehst, kannst du nicht gewinnen. Die Österreicher sind von vornherein falsch aufgestellt und so schlecht, dass sie immer in der letzten Reihe stehen werden. Also Ferrari werden die nie.

Niki Lauda

Der Sohn einer wohlhabenden Industriellenfamilie aus Wien wurde insgesamt dreimal Formel-1-Weltmeister. Der heute 58-Jährige verunglückte 1976 auf dem Nürburgring schwer, lag im Koma, gab ein Comeback, stieg 1979 ganz aus und baute die Chartergesellschaft Lauda Air auf, die 1997 von Austrian Airlines übernommen wurde. Im Mai 1991 stürzte eine Boeing 767 der Lauda Air in Thailand ab. 2003 gründete er den Billigflieger Fly Niki.

Dirk Ruschmann
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