Die Bewohner der US-amerikanischen Pazifikinsel Guam wurden in der Nacht zum vergangenen Dienstag unsanft vom Schlafen abgehalten. Eine halbe Stunde nach Mitternacht sendeten lokale Radio- und Fernsehsender eine Gefahrenwarnung. Es habe sich dabei um ein Versehen gehandelt, teilte Guams Sicherheitsberater kurz darauf mit.

Bei vielen Inselbewohnern dürften allerdings die Nerven blank gelegen haben. Guam steht im Zentrum des aktuellen Konflikts zwischen den Vereinigten Staaten und Nordkorea. Der nordkoreanische Diktator Kim Jong Un hat zuletzt erklärt, theoretisch in der Lage zu sein, Mittelstreckenraketen auf Guam abzufeuern.

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Säbelrasseln besorgt Investoren

US-Präsident Donald Trump und Kim Jong Un stecken in einer Eskalationsspirale. Nordkoreas Atomprogramm hat zuletzt offenbar raschere Fortschritte gemacht als gedacht. Nach Erkenntnissen von US-Geheimdiensten kann das Land mittlerweile Raketen mit Miniatur-Atomsprengköpfen bestücken – womöglich sogar Interkontinentalraketen. Trump drohte der Führung in Pjöngjang mit «Feuer und Wut», sollte sie sich nicht mässigen. Nordkorea antwortete mit der Drohung gegen Guam, woraufhin Trump wiederum erklärte, militärische Vorbereitungen für den Ernstfall getroffen zu haben.

Der Konflikt zwischen Nordkorea und den USA sei derzeit der gefährlichste der Welt, warnen Politikwissenschaftler. Auch Investoren sind besorgt. Das Säbelrasseln von Trump und Kim hat dem Aufwärtstrend an den Aktienmärkten einen Dämpfer versetzt. Der US-Leitindex S&P 500 sackte zwischenzeitlich auf unter 2440 Punkte ab.

Investmentprofis raten Anlegern, ihre Portfolios wetterfest zu machen. Sollte der Konflikt weiter eskalieren, dürfte Gold als sicherer Hafen profitieren, sagt etwa Ray Dalio, Gründer des Hedgefonds Bridgewater Associates. Er empfiehlt eine Gold-Quote von 5 bis 10 Prozent. Spekulanten versuchen, aus der Situation Kapital zu schlagen: Die Aktienkurse mehrerer US-Rüstungsunternehmen sind sprunghaft gestiegen.

Keine Panik

Ein gewisser Gold-Anteil im Portfolio kann nicht schaden. Und Rüstungstitel könnten nach Einschätzung von Analysten auf lange Sicht tatsächlich weiter steigen, wegen der vielen politischen Brandherde weltweit. Privatanleger sollten aber von Panikkäufen und kurzfristigen Kriegswetten Abstand nehmen.

Es sei äusserst unwahrscheinlich, dass die nordkoreanische und US-amerikanische Kriegsrhetorik in einen ausgewachsenen militärischen Konflikt münde, sagt UBS-Stratege Daniil Bargman. «Unser Basisszenario ist eine Kombination aus Diplomatie und weiteren Wirtschaftssanktionen, die darauf abzielen, Nordkoreas finanzielle Ressourcen zu beschneiden und bei seinem Nuklearwaffenprogramm für Verzögerungen zu sorgen.»

Makro-Umfeld unverändert

Ein US-Militärschlag gegen Nordkorea, der zum Kollaps des Regimes führen würde, hätte eine heftige Marktkorrektur zur Folge, sagt Bargman. Vor allem Schwellenländeraktien dürften dann unter die Räder kommen, insbesondere asiatische Werte. Bonitätsstarke Anleihen sowie der US-Dollar und der japanische Yen könnten profitieren. Weil ein solches Szenario unwahrscheinlich ist, hält die UBS allerdings an ihrer Übergewichtung globaler Aktien fest.

Andere Investmentgesellschaften schätzen die Aussichten ähnlich ein und haben ihre bisherige Allokation ebenfalls beibehalten. «Das Makro-Umfeld wird nach wie vor geprägt von einem soliden Wachstum, das auf einer breiten Basis steht», sagt Valentijn van Nieuwenhuijzen, Chefstratege des Fondsanbieters NN Investment Partners.

Anzeichen der Entwarnung

Tatsächlich gibt es Anzeichen dafür, dass sich die politische Lage bald wieder beruhigt. Südkoreas Präsident Moon Jae In hat angekündigt, unter Umständen Diplomaten nach Pjöngjang zu schicken. Er könne mit Überzeugung sagen, dass es auf der koreanischen Halbinsel keinen Krieg mehr geben werde, erklärte er auf einer Pressekonferenz. Auch Trumps Chefstratege Steve Bannon, der bislang nicht gerade mit Zurückhaltung und Diplomatie aufgefallen ist, schloss in einem Interview eine militärische Lösung für den Nordkorea-Konflikt aus.

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