Einblick in fremde Portemonnaies bekommt man als ehrlicher Mensch selten. Die Nationalbank hat sich bei 2000 Schweizern diese Erlaubnis eingeholt. In den Geldbörsen vorgefunden hat sie im Schnitt 133 Franken Bargeld, vornehmlich in Zehner- und Zwanzigernoten, und zwei Plastikkarten.

Das Plastikgeld setzen Schweizer im Vergleich zu Skandinaviern noch zurückhaltend ein. Nur bei jeder 20. Transaktion wird die Kreditkarte gezückt. Je jünger die Käufer und je grösser die Anschaffungen, desto häufiger kommen Visa, Mastercard und American Express zum Einsatz. Auf die kaufkräftige Klientel haben es die Herausgeber von Premium-Kreditkarten abgesehen. Dort rückt die Zahlungsfunktion ein Stück in den Hintergrund. Die Produkte kommen als Dienstleistungspakete aus Versicherungen, Bonusprogrammen und Zugängen zu Airport Lounges daher.

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Platinstatus ab 100 000 Franken

Das Ratinginstitut SFSI (Schweizer Finanz Service Institut) mit Sitz in Rorschach hat an wichtige Schweizer Kreditkartenherausgeber (Issuer) einen zehnseitigen Fragebogen verschickt. Sicherheit, Grundgebühren, Einsatzentgelte, Zusatzleistungen wie Versicherungen, Rabatte oder Bonussysteme wurden abgefragt und benotet. Das Ergebnis ist das Kreditkarten-Rating (siehe unten).

Die Hürden für den Zugang zum Kreditkarten-Premiumbereich sind anders als bei den Luxuskarten nicht sehr hoch. Bei der Postfinance erlangt man Platinstatus bereits ab einem Bruttojahreseinkommen von 100 000 Franken.

Die umfangreicheren Leistungen lassen sich die Anbieter im Premiumbereich jedoch mit höheren Gebühren bezahlen. Bei der Kartengebühr im ersten Jahr stechen American Express Platinum Card mit 850 Franken und das Kartenduo Swiss Miles & More Platinum mit 700 Franken hervor. Lockangebote fürs erste Jahr gibt es von World Mastercard Platinum (250 Franken), World Mastercard Gold / Visa Gold (100 Franken), UBS Gold Card (100 Franken) und UBS Platinum Card (250 Franken). Bei all diesen Angeboten verdoppelt sich die Grundgebühr im zweiten Jahr.

Häufig ist im Premiumbereich eine Gratis-Zweitkarte inkludiert. Bei Swiss Miles & More ist es ein «Bundle» aus American Express (Amex) und Mastercard. UBS kombiniert Visa und Mastercard. Die Zweitkarte ist auch in US-Dollar oder Euro erhältlich. Wer Einkünfte in diesen Währungen hat, spart sich den Wechsel. Bei der UBS ist das Kartendoppel für den Partner inbegriffen. Andere versorgen ganze Grossfamilien. Bei der American Express Platinum Card sind fünf Zusatzkarten im Preis dabei (eine Platinum und vier Gold). Bei World Mastercard Platinum sind zehn Platinum-Zusatzkarten gratis. Je mehr Karten, desto höher die Umsätze, so scheint die Devise.

SFSI Ratings Kreditkarte
Quelle: Bilanz

So wurde getestet: SFSI Ratings fragte bei dominierenden Herausgebern in Form eines zehnseitigen Fragebogens Daten in fünf Kategorien ab. Bis zu 32 Merkmale wurden je Kategorie erhoben. Abgestuft nach der jeweiligen Vorteilhaftigkeit für den Kunden wurden in den einzelnen Bereichen Punkte vergeben. Diese führten in den Kategorien Allgemein (Sicherheit, Limiten …), Kosten, Service, Zinsen und Zusatzleistungen zu Noten: 100–85 Prozent sehr gut; 84,99–70,00 Prozent gut; 69,99–55,00 Prozent befriedigend; 54,99–40,00 Prozent ausreichend; 39,99–00,00 Prozent mangelhaft. Der Prozentsatz orientiert sich am Besten der Kategorie. Für die Gesamtwertung wurden die Kategorien je nach Relevanz gewichtet und addiert.

80 000 Franken Limit im Monat

Premiumkarten haben hohe Standardlimiten. Bei der World Mastercard Platinum liegt sie bereits bei 50 000 Franken im Monat. Am oberen Ende steht Swiss Miles & More Platinum mit 80 000 Franken. Die Charge-Karten von Amex kommen ohne festgelegte Ausgabenlimite aus.

Eingeschränkter als die Transaktionen sind die täglichen Abhebungen. Im untersten Bereich der Skala liegt die Postfinance Visa Platinum Card mit einem Höchstbetrag von 1000 Franken. Am oberen Ende befindet sich die American Express Platinum Card mit 10 000 Franken pro Tag.

Premiumkarten sind in Sachen Sicherheit auf dem neusten Stand. Sicherheitschip, Hologramm, 3-D-Secure-Codes und Safekeys sind Standard. Im Hintergrund wird ein grosser Aufwand betrieben. «Die Betrugsbekämpfung geht bei den Kreditkarten weit. Man setzt auf künstliche Intelligenz und neuronale Netze», sagt René Gerig, Leiter Product Management Credit Cards bei UBS. Kundenprofile werden so erstellt. Weicht eine Transaktion vom üblichen Verhalten ab, leuchten bei Visa und Co. die Alarmlämpchen auf.

Es wäre wohl noch mehr Sicherheit möglich. «Kreditkartenanbieter unternehmen nicht alles, um die Karten so sicher wie möglich zu machen. Wird es für den Konsumenten zu kompliziert, werden verstärkt Zahlungen abgebrochen. Da nimmt man lieber den einen oder anderen Betrug in Kauf und entschädigt den Konsumenten», sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz.

Bei unverschuldetem Missbrauch wird der Schaden grosszügig ersetzt. Die Anbieter sind kulant. Doch geht es nach Stalder, wird sich das in Zukunft ändern: «Ist die kritische Masse an Nutzern erreicht, werden sie die Schrauben anziehen.»

Die Prozente wirken harmlos, in Franken dargestellt, werden die Gebühren jedoch eindrucksvoller.

Geld wird nicht nur mit den Grundgebühren, sondern durch die Einsatzentgelte gemacht. Mit Ausnahme der Postfinance Platinum langen die Dienstleister bei Bezügen am Geldautomaten zu. World Mastercard / Visa Gold verlangt wie viele andere Anbieter bei Abhebungen im Inund Ausland vier Prozent. Bezüge kleiner Summen werden bestraft. Mindestens zehn Franken werden bei jedem Bezug fällig. Die greifen im Inland neben World Mastercard Gold auch Postfinance Gold Card, UBS Gold Card und UBS Platinum Card ab.

Im Ausland werden die zehn Franken Mindestgebühr zum Standard. Dort kommen zudem noch die Fremdwährungs-Bearbeitungsspesen von 1,75 bis 2 Prozent dazu. Wie viel die Anbieter beim Geldwechsel verdienen, ist nicht transparent. In Stichproben liegen die Finanzdienstleister bei Euro-Franken-Transaktionen zwei Prozent unter dem Interbanken-Wechselkurs.

«Zu welchem Kurs die Transaktionen im Ausland stattfinden, kann man nicht sagen. In jedem Fall ist er für Konsumenten nicht vorteilhaft – hier wird nochmals mitgeschnitten», sagt Stalder.

Die Prozente wirken harmlos, in Franken dargestellt, werden die Gebühren jedoch eindrucksvoller. Wer etwa im Ausland 1000 Euro abhebt, lässt durch die 1,5-prozentige Bearbeitungsgebühr, die vierprozentige Bargeldbezugsgebühr und die rund zweiprozentige Differenz zum Interbanken-Kurs rund 90 Franken liegen. Beim Einkauf mit der Kreditkarte fällt die Bargeldbezugsgebühr weg. Die Kosten liegen in diesem Fall bei knapp der Hälfte.

Luxuskarten: Tickets für die Oscars

Bei Multimillionären fallen sogar die Tankrechnungen etwas höher aus: Diesel im Wert von 30 000 Franken passt in eine grössere Motoryacht. Selbst die hohen Limiten von Premiumkarten werden in der Welt der Schönen und Reichen schnell erreicht. Auf die besonderen Bedürfnisse der oberen Zehntausend gehen die Herausgeber von Luxuskreditkarten ein.

In der Schweiz wird das High-End-Segment der bargeldlosen Bezahlung vor allem von Swisscard und UBS besetzt. Swisscard hat die Luxuskarte American Express Centurion im Programm, UBS die Mastercard Excellence. Bei der UBS-Karte starten die Limiten bei 100 000 Franken, bei der Centurion sind sie nicht existent.

Weit verbreitet sind die Karten nicht. Bei UBS entfallen von 1,5 Millionen Karten nur 1500 bis 3000 auf das oberste Segment. Bei Centurion handle es sich in der Schweiz um einen «auserlesenen Kundenkreis». 2006 war von 2000 Besitzern die Rede.

Die Excellence kostet 2000 Franken im Jahr. Die Beitrittsgebühr beträgt 1000 Franken. Mit 4200 Franken im Jahr ist Centurion deutlich teurer. Einfach bestellen funktioniert in beiden Fällen nicht. Bei UBS braucht man eine Empfehlung durch den Bankberater und mehrere Millionen Franken an Vermögen, das bei der UBS gelagert ist. Die Centurion-Karte gibt es nur auf Einladung. «Die besten Kunden werden von uns persönlich angesprochen», sagt Swisscard-Sprecher Urs Knapp.

Neben unzähligen Versicherungsleistungen und VIP-Zugängen zu Clubs und Airport Lounges ist der Concierge-Service das Herzstück. «Der Concierge-Service hat für viele Kunden den grössten Stellenwert», sagt Smaroula Müller von der UBS. Im Vergleich zu den Platinkarten machen die spezialisierten Dienstleister offenbar selbst vor sehr ausgefallenen Wünschen und komplexen Dienstleistungen nicht halt. Die Organisation komplexer Reisen ist Standard. Bei Centurion kümmert man sich um Tickets für die Oscar-Verleihung oder die Eröffnung der Filmfestspiele von Venedig. Kurzfristig werden Helikopter oder Yacht besorgt. «Jedes Anliegen wird während 24 Stunden an sieben Tagen die Woche erfüllt», heisst es bei Swisscard.

Kreditkarte UBS American Express

Mit der Mastercard Excellence und der American Express Centurion sich selbst ausgefallene Wünsche erfüllen.

Quelle: ZVG

Zinsloser Kredit

Kreditkarten werden ihrem Namen zumindest noch durch die spätere Abbuchung gerecht. Bei den sogenannten Charge-Karten flattert die Abrechnung zu Beginn des Folgemonats ins Haus. Vom Kaufdatum bis zur Abbuchung profitiert der Kunde von einem zinslosen Kredit.

Wer die Schuld nicht begleicht oder Teilzahlungsoptionen nützt, wird ordentlich zur Kasse gebeten. Mit Ausnahme der Postfinance Visa Platinum Card (9,5 Prozent) liegt der Sollzins bei den geprüften Anbietern bei zwölf Prozent. Der im Schweizer Konsumkreditgesetz (KKG) festgelegte Maximalzinssatz von zwölf Prozent für Kredite im Rahmen von Kreditkarten wird somit voll ausgenützt. Den Kredit der Karte, der wie bei den sogenannten Revolve-Karten mitunter eine Teilzahlungsoption umfasst und über die nächste Abbuchung hinausgeht, gebrauchen Schweizer im Unterschied zu US-Amerikanern selten. «Schweizer sind keine typischen Kreditkartennützer, sie nützen den Kredit nicht. Für sie wäre eine Debit-Karte ausreichend», so Sara Stalder.

Die höheren Gebühren rechtfertigen die Anbieter nicht zuletzt durch mehr oder weniger umfassende Versicherungsleistungen. Die höchstpreisigen Karten in diesem Test sind American Express Platinum und Swiss Miles & More Platinum. Sie bieten auch den umfangreichsten Versicherungsschutz: Verkehrsunfall-, Auslandreisekranken-, Mietwagen-Vollkasko-, Reiseannullations- und Einkaufsversicherung sowie vieles mehr ist inkludiert. Bei den Versicherungen zurückhaltend ist Postfinance. Schutz in Form einer Reiseversicherung inklusive Annullierungskosten gibt es erst ab Platin-Ebene. Bei der UBS Platinum Card ist Reiseschutz Plus inbegriffen. Dort sind Todesfall und Invalidität mit maximal 750 000 Franken versichert.

Mit Rabatten gelockt

Interessant für passionierte Shopper: Mit der Gold-Karte von Viseca verlängert sich der Garantieschutz um 24 Monate. Reparatur– oder Ersatzkosten von bis zu 5000 Franken werden im Garantiefall pro Karte gewährt.

Gelockt werden Kunden mit Cashback-Funktionen, Bonussystemen und anderen Rabatten. Nachlässe gibt es für Hotels, Mietwagen, Tanken, Reisen und Events. Die meisten Goodies werden von Visa Bonus Card Exclusive und Visa Bonus Card Gold geliefert. Der Name ist Programm.

Anders als Postfinance Visa Platinum, American Express Platinum oder UBS Platinum erlauben diese Karten jedoch keinen Zugang zu speziellen Airport Lounges. Diese können für Leute interessant sein, die auf kurzen Flügen auf die Businessclass verzichten, den Aufenthalt in der Lounge aber schätzen. American Express Platinum Card gewährt unbegrenzt kostenlosen Zutritt zu 1200 Lounges weltweit, sowohl für den Haupt- als auch den Zusatzkartenhalter. Bei Postfinance Platinum gibt es einen Priority Pass mit zwei kostenlosen Airport-Lounge-Zutritten pro Jahr. UBS Platinum verhilft ebenfalls mit Priority Pass zu vier kostenlosen Besuchen.

First-Class-Schalter

Inhaber der Karte Swiss Miles & More Platinum checken am Swiss-First-Class-Schalter ein, ungeachtet der gebuchten Klasse. Diese Karte hat sich auf Prämienmeilensammler spezialisiert. Neukunden werden mit 10 000 Meilen gelockt. Später gibt jedes Jahr 5000 Meilen aufs Konto. Umsätze werden mit Meilen belohnt.

Auf Platinum-Niveau wird bei Anbietern wie Postfinance, UBS oder Amex der Concierge-Service zum Thema. Spezielle Dienstleister organisieren Tickets für Konzerte oder Spiele, reservieren einen Tisch in einem gefragten Restaurant oder verschicken Blumen an die Freundin. Im Vergleich zu Luxuskarten wie Amex Centurion oder UBS Excellence (siehe Box oben) geschieht dies in einer etwas abgespeckten Form. Statistiken darüber, wie häufig diese Dienstleistungen tatsächlich gebraucht werden, gibt es keine.

Dieser Text erschien in der Dezember-Ausgabe 12/2018 der BILANZ.

Erich Gerbl
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