Stilvoller und in prächtigerer Umgebung lässt sich nirgends ein Risotto essen als im Restaurant der Fürstenvilla Pincipe Leopoldo, zuoberst auf der Collina d’Oro mit einmaligem Blick auf den Monte Brè, den San Salvatore und den Golf von Lugano. Doch wer will schon im Tessin eines Risottos wegen ein Gourmetlokal besuchen?

Jedes Grotto bietet das einfache Gericht an, und jeder Hobbykoch hält sich für
einen Risottospezialisten.

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Das Argument sticht nicht. Im «Principe Leopoldo», dem «Hotel des Jahres» im aktuellen «Gault Millau», werden Risottoungläubige bekehrt und klatschen Risottokenner Beifall. Denn je nach Saison wird das Primo unterschiedlich verfeinert aufgetragen. Mal schenken ihm Frühlingsgemüse und Robiolino-Käse Frische und Raffinesse, dann wieder wird es mit Safran und Hummer veredelt, Pilze prägen den würzig-erdigen Geschmack, oder Merlot und Ochsenschwanz bringen eine deftigere Stilrichtung ins Spiel.

Die Zutaten variieren, die Konsistenz des Risotto bleibt perfekt: seine weiche Körnigkeit und der seidig glänzende Fluss. Und immer wird das Gericht auf einer Platte serviert, damit für den Nachschlag genug da ist oder sich auch das Tischgegenüber daran delektieren kann.
Küchenchef Dario Ranza wehrt sich nun zu Recht dagegen, auf den klassischen Risottokoch reduziert zu werden. Zwar räumt er ein, bei seinem Stellenantritt 1990 die Teigwarengerichte favorisiert und sich den Risotti erst in den vergangenen sechs Jahren mit zunehmendem Eifer und mit Experimentierlust zugewandt zu haben. Doch sein kulinarischer Rucksack ist viel zu
solide und zu reichhaltig bepackt, als dass ein solches Etikett zulässig wäre.

Ranza, gebürtig aus Bergamo, ist in Genf aufgewachsen, hat dort die Kochlehre absolviert und mit der französischen Küche Bekanntschaft geschlossen. Die Wanderjahre führten ihn in die grossen Hotelküchen Graubündens, wo ihn pulische Kollegen italienisch-
mediterran kochen lehrten – was mehr bedeutet, als grosszügig mit Olivenöl und
Aceto Balsamico zu hantieren. Dann übersiedelte er ins Tessin und kam in Tuchfühlung mit der eher kargen regionalen Tessiner Küche, die aus demselben wetterfesten Stoff gestrickt ist wie die Cucina der Nordlombardei oder des Piemonts. Wer sie erkunden will, zieht die Wanderstiefel an, elegante Halbschuhe wären da fehl am Platz.

Heute hat Dario Ranza seine eigene, unverwechselbare Handschrift gefunden: Sie ist mediterran da, wo er die Frische und Integrität des Produkts betont und dabei keinen Geschmackssalat poduziert, sondern möglichst einfach und puristisch bleibt. Sie ist tessinerisch, wo er mit regionalen Produkten und ihren typischen Zubereitungsarten arbeitet. Und sie ist klassisch französisch in der Beherrschung des Handwerks, in der Pflege etwa
einer hohen Saucenkultur.

Trotz allem Erfolg ist Dario Ranza bescheiden geblieben; künstliches Gehabe ist ihm zuwider. Der Auftritt vor den Gästen, den andere Köche lieben, ist seine Sache nicht. Die öffentliche Bühne überlässt er lieber seinen beiden geübten Servicechefs, dem souveränen,
omnipräsenten Claudio Recchia und dem temperamentvollen, gewichtigen
Gabriele Speziale, sowie ihrer flinken und emsigen Brigade.

Sie alle tragen sehenswert dazu bei, dass aus der Inszenierung von Ranzas Küchencrew ein grosses Schauspiel wird – unvergesslich gar, wenn einem das Wetterglück einen Abend auf der Terrasse beschert, illuminiert von den Lichtern des nächtlichen Lugano, die sich, tausendfach gebrochen, im See spiegeln und zu einem rauschhaften Farbenspiel verbinden.

Principe Leopoldo,
Le Restaurant
Dario Ranza, Via Montalbano 5, 6900 Lugano,
S 091 985 88 55, www.leopoldohotel.com,
16 «Gault Millau»-Punkte, Menü 108/125 Franken, Business-Lunch 58 Franken, keine Ruhetage.