Anders als für die Euro-Zone und die USA prognostizieren wir für die Schweiz im Jahr 2023 keine tiefe Rezession. Die Schweiz dürfte wegen ihrer geringeren Abhängigkeit von Gas als Energieträger, des tieferen Stromkostenanstiegs und der geringeren Inflation mit einem Wirtschaftswachstum knapp über der Nulllinie davonkommen. Schweizer Anlegerinnen und Anleger sollten dennoch ihre Portfolios genau prüfen, um auf diejenigen Sektoren und Einzeltitel zu setzen, die sich im Umfeld allgemein sinkender Margen und steigender Kosten behaupten können.

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Im vergangenen Jahr hat der europäische Aktienmarkt besser abgeschnitten als der schweizerische. Sobald die Weltwirtschaft wieder abkühlt, was im Jahr 2023 zu erwarten ist, dürfte der Schweizer Aktienmarkt aber wieder von seiner defensiven Ausrichtung profitieren und sich besser entwickeln als der breite europäische Aktienmarkt.

Zwar sind die Schweizer Firmen auf die Weltwirtschaft angewiesen, aber die defensive Ausrichtung der grössten Sektoren und die leicht wachsende Wirtschaft in der Schweiz sollten dennoch zu einer Outperformance von Schweizer Aktien im Jahr 2023 führen. 

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Frederik Bröker ist Portfolio Manager beim Asset Manager Bantleon.

Bei den Sektoren und Einzeltiteln dürfte es klare Gewinner geben, wie unsere quantitative Analyse zeigt: Das Gesundheitswesen ist ein solider Sektor, wenn die Konjunktur abkühlt – unter anderem, weil Konsumentinnen und Konsumenten in Industriestaaten zuletzt an der Gesundheit sparen. Zudem reagieren Aktien aus dem Gesundheitswesen positiv auf fallende Inflationsraten. Gleichzeitig haben sie in der Regel einen tieferen Beta-Faktor als der Swiss Market Index (SMI), was bei einem Wirtschaftsabschwung von Vorteil sein wird, da solche Aktien bei einer Abwärtsbewegung in der Regel weniger stark fallen als Aktien mit einem hohen Beta-Faktor. 

Schweizer Investoren denken bei diesem Sektor schnell an Roche und Novartis, aber hier ist zurzeit Vorsicht geboten: Die Alzheimer-Medikamente von Roche haben in den jüngsten klinischen Studien enttäuscht. Zudem klingt der Rückenwind der Corona-Pandemie aus. Und Novartis hat ebenfalls mit Problemen zu kämpfen: Einige Patente laufen aus und der Erlös des geplanten Spin-offs der Generikasparte im zweiten Halbjahr 2023 muss erfolgreich reinvestiert werden.

Der Gesundheitsdienstleister Galenica hingegen hat bereits in den Ergebnissen für das erste Halbjahr 2022 auf die positive Auswirkung der starken Grippewelle hingewiesen. Auch am Anfang dieses Jahres dürften die Verkäufe rezeptfreier Medikamente die Erwartungen übertreffen. Tatsächlich profitiert Galenica, die 99 Prozent ihrer Erträge in der Schweiz erzielt, von der Aufhebung Corona-bedingter Massnahmen – im Jahr zuvor gab es so gut wie keine Erkältungen und Grippeerkrankungen. 

Finanzbranche mit hohen Dividenden

Den Schweizer Finanzsektor würden wir aktuell nicht pauschal übergewichten, doch einzelne Unternehmen der Finanzbranche könnten sich auch 2023 gut entwickeln. Bei den Versicherern haben Zurich Insurance Group und Helvetia Holding von den steigenden Zinsen profitiert, während Swiss Re stark unter den Lebensversicherungsauszahlungen infolge der Corona-Pandemie und der jüngsten Naturkatastrophen gelitten hat.

Unter den Banken sticht die UBS positiv hervor, die überdurchschnittlich von den Zinserhöhungen profitiert und ein deutlich solideres Risikomanagement hat als die Credit Suisse. Zudem können Anlegende in der Schweizer Finanzbranche, vor allem bei den Versicherern, auch weiterhin recht hohe Dividenden erwarten. 

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Der Basiskonsumgütersektor wird in der Schweiz bekanntlich von der Nestlé-Aktie dominiert, die gut 90 Prozent des Sektorengewichts im SMI Expanded Index (SMIEXP) ausmacht. Im Vergleich zu den europäischen Wettbewerbern ist die Nestlé-Aktie relativ teuer, denn das Forward-Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt bei 21,6x (Danone: 14,2x, Kraft Heinz: 15,0x). Dieses erhöhte Kurs-Gewinn-Verhältnis ist zum Teil Folge der hohen Krisenresistenz des Unternehmens. Daher sollte Nestlé sich auch im schwierigen Umfeld der nächsten Monate gut behaupten können. So hilft der starke Markenname dabei, steigende Produktionskosten in Form von Preiserhöhungen an die Konsumentinnen und Konsumenten weiterzugeben. Zudem hat Nestlé eine sehr solide Bilanz. 

Immobilienunternehmen sind zwar keine klassische Wahl bei einem Wirtschaftsabschwung, aber sie sind hierzulande besser positioniert als ihre Pendants im Ausland. Börsenkotiert im SMIEXP sind hier lediglich Swiss Prime Site und die PSP Swiss Property. Und diese beiden Firmen könnten in unserem Szenario relativ gut dastehen.

So ist der jüngste Zinsanstieg in den aktuellen Aktienkursen bereits eingepreist und wir erwarten im März 2023 nur noch eine kleine Anhebung von 25 Basispunkten durch die SNB. Die Immobilienbewertungen fallen zwar in der Regel bei Zinserhöhungen – einen Rückgang von über 20 Prozent, wie zum Beispiel für Schweden und England prognostiziert, erwarten wir in der Schweiz aber nicht.

Die Aktien von Swiss Prime Site und PSP Swiss Property haben quantitativ gesehen einen äusserst tiefen Beta-Faktor und schwanken somit im Durchschnitt deutlich geringer als der breite Markt in Form des SMI. Zudem haben beide Firmen ein rein schweizerisches Immobilienportfolio – ein Vorteil, wenn die EU und die USA in eine Rezession rutschen, die Schweiz aber hiervon verschont bleibt. Ferner ist die Dividendenrendite der beiden kotierten Unternehmen mit 3,85 Prozent überdurchschnittlich hoch.