Der Steuerkniff hat sich herumgesprochen: Eine Einzelfirma oder eine Personengesellschaft muss spätestens fünf Jahre vor dem geplanten Verkauf in eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH umgewandelt werden. Mit dem Verkauf der Aktien beziehungsweise der Stammanteile bei der GmbH kann danach ein steuerfreier Kapitalgewinn realisiert werden.
Zur Überraschung so manchen Firmenverkäufers bleibt der steuerfreie private
Kapitalgewinn des Öfteren ein Wunschtraum, vor allem auf Grund der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichts. Dass dieses im Zweifelsfall zu Gunsten des Fiskus entscheidet, hat mittlerweile Tradition. Nun aber haben die Richter in Lausanne mit ihrem Entscheid vom 11. Juni 2004 den Vogel abgeschossen: Das Bundesgericht hat die so genannte Erbenholding als indirekte Teilliquidation bezeichnet und Gleiches für die Finanzierungsholding bei Management-Buy-outs angedeutet.
Der Entscheid hat in der Fachwelt Kopfschütteln ausgelöst. Doch die Steuerverwaltungen stürzten sich mit Eifer auf die Materie und liessen verlauten, dass sie die durch das Bundesgericht vorgezeichnete neue Praxis umgehend anwenden würden. Die Eidgenössische Steuerverwaltung veröffentlichte am 14. Februar 2005 den Entwurf des Kreisschreibens Nr. 7. Eigentlich eher ein «Kreisbuch» als ein «Kreisschreiben», werden doch auf 26 Seiten minutiös alle möglichen Varianten dargestellt und dem neuen Regime unterstellt. Die steuerliche Hürde ist damit für unzählige Unternehmensnachfolgen unerreichbar hoch geworden.
Bei der familieninternen Unternehmensnachfolge wurde nicht selten folgende Variante gewählt: Die am Unternehmen interessierten Nachkommen gründeten eine Holdinggesellschaft, welche die Beteiligungsrechte gegen Darlehen käuflich erwarb. Der veräussernde Vater konnte auf diese Weise einen steuerfreien Kapitalgewinn einstreichen und damit die übrigen Erben abfinden. Gleichzeitig konnten die unternehmerischen Nachkommen über die Erbenholding den Kaufpreis beziehungsweise das daraus entstandene Darlehen steueroptimal amortisieren. Bisher war dieses Vorgehen unproblematisch, wenn die Mittel für die Amortisation aus Gewinnen stammten, die nach dem Kauf der Gesellschaft erwirtschaftet wurden. Mit der neuen Praxis wird auch dies untersagt.
Dramatisch wirkt sich die Praxisverschärfung auf Management-Buy-outs aus. Nicht selten sind neben dem Management keine weiteren potenziellen Käufer vorhanden. Allerdings ist das Management in den wenigsten Fällen in der Lage, den Kaufpreis aus eigenen Mitteln aufzubringen. Die Käufer sind darauf angewiesen, dass sie den Kaufpreis aus den zukünftigen Gewinnen der übernommenen Firma refinanzieren können. Und die Geld gebenden Banken verlangen in der Regel die Rückzahlung des Kredits innert drei bis fünf Jahren. Müssen die Mittel für diese Amortisationen aber zuerst privat als Einkommen versteuert werden, wird die Finanzierung zu einem Ding der Unmöglichkeit.
Die Lösung waren bisher zwischengeschaltete Finanzierungsholdings. Doch mit der neuen Steuerpraxis zur indirekten Teilliquidation sind derartige Finanzierungsmodelle nicht mehr möglich. Und das Interesse des Unternehmers, an sein Management zu verkaufen, ist verschwindend klein geworden, denn die Gefahr ist gross, dass ein Teil des Kaufpreises nicht als steuerfreier Kapitalgewinn anfällt, sondern als Einkommen besteuert wird.
Und die Konsequenz für den Unternehmer? Da im KMU-Bereich bereits heute das Angebot an Firmen grösser ist als die Nachfrage, wird eine sinnvolle Unternehmensnachfolge noch schwieriger. Glück hat jener Unternehmer, der einen potenten Grosskonzern als Käufer findet. Für viele andere bleibt nur der Weg, die Firma entweder zu verschleudern oder
sogar zu liquidieren. Einmal mehr wirkt sich damit eine unsinnige Steuerpraxis nachteilig auf die KMU aus.
Die Empfehlung, ein Unternehmen schlank zu halten, wird damit noch wichtiger. Das heisst, regelmässig angemessene Lohnbezüge zu machen und einen Gewinn als Dividende auszuschütten. Die Steuerfolgen der höheren Bezüge können mittels Gegenmassnahmen auf der Privatseite (zum Beispiel Ausbau der Vorsorge) geschmälert oder sogar eliminiert werden. Die ohnehin schwierige Aufgabe, einen externen Käufer zu finden, wird noch zusätzlich erschwert, wenn die Unternehmung über einen hohen Substanzwert verfügt. Eine schlanke Unternehmung hat somit nicht nur steuerliche Vorteile.