Wer den Ausweis seiner Pensionskasse über eine längere Zeitperiode analysiert, stellt bisweilen Erstaunliches fest, wie das folgende Beispiel zeigt: Bei einem heute 46-jährigen Erwerbstätigen ist die prognostizierte Rente, die er dereinst nach seiner Pensionierung erhalten sollte, seit 2008 um rund zehn Prozent gesunken. Sie liegt inzwischen tiefer als die Witwenrente, die seiner Gattin heute bei seinem Ableben zustünde.

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Die wenigsten haben indes die Zeit und auch die Möglichkeiten, sich mit der eigenen Altersvorsorge derart intensiv auseinanderzusetzen. Vielen geht es wie Extrembergsteiger Stephan Siegrist oder Herzchirurg René Prêtre: Vorsorge ist zwar für sie ein wichtiges Thema, doch für die Planung der Zeit nach ihrer Karriere müssen sie sich auf die Empfehlung eines Beraters verlassen. «Vertrauen ist eine wichtige Voraussetzung, damit unser System der drei Säulen funktioniert», betont Nationalrätin Pascale Bruderer. Aber selbst sie, die bei der Krebsliga Aargau auch beruflich mit Vorsorgefragen konfrontiert wird, ist auf Expertenwissen angewiesen, um ihre Vorsorge optimal zu planen. Unter der fehlenden Transparenz und der zunehmenden Komplexität habe das Vertrauen enorm gelitten, stellt Bruderer fest.

Das zeigte sich beispielsweise in der Volksabstimmung  im März 2010 über die Senkung des Umwandlungssatzes auf 6,4 Prozent. Mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten wissen nicht, was dieser Begriff überhaupt bedeutet. Nicht selten ist der Satz, zu dem die Jahresrente anhand des Alterskapitals berechnet wird, sogar schon deutlich tiefer. Im Fall des 46-jährigen Erwerbstätigen beträgt er bloss noch 6,3 Prozent. Der Grund liegt darin, dass die Vorsorgeeinrichtung den Umwandlungssatz für den Teil des Guthabens über dem gesetzlichen Minimum nach freiem Ermessen festlegen kann. Ebenso die Verzinsung. Der Rückgang von 2,75 auf 2 Prozent im obligatorischen Teil und von 2,25 auf 1,5 Prozent im überobligatorischen seit 2008 führte zur eingangs geschilderten Rentenkürzung.

Das wuchtige Nein in der Volksabstimmung war deshalb in erster Linie ein Misstrauensvotum. Wenn Hans-Jakob Stahel, Leiter Unternehmenskunden der Swiss Life, von besorgten Kunden gefragt wird, ob eine Enteignung der beruflichen Altersvorsorge wie in Ungarn oder Polen auch bei uns möglich sei, kann er zwar beruhigt verneinen. Hingegen räumt auch er ein, dass durch eine Quersubventionierung des obligatorischen Teils zulasten des Überobligatoriums wie im geschilderten Fall die Versicherten letztlich schleichend um einen guten Teil des Altersguthabens gebracht werden können.

Nebst diesen ungewissen Aussichten wird die Verunsicherung über die künftige Altersvorsorge durch masslose Gebühren, undurchsichtige Honorare oder verlustreiche Spekulationen an der Börse geschürt, welche bei Pensionskassen immer wieder zum Vorschein kommen. Wird dazu noch die immer schiefere Alterspyramide in Betracht gezogen, dann überrascht kaum noch, dass die Zukunftsängste der Schweizer in Bezug auf ihre künftige Rente gross sind. Lebte ein Rentner in der Schweiz 1970 im Schnitt noch neun Jahre nach der Pensionierung, so liegt dieser Wert gemäss einer OECD-Studie nun bei rund 17 Jahren. Bis 2035 wird ein Viertel der Bevölkerung im AHV-Alter sein.

Die Altersvorsorge gilt laut dem Sorgenbarometer der Credit Suisse deshalb nach der Arbeitslosigkeit als grösste Herausforderung für unser Land. Und nach einer Umfrage des Internetvergleichsdienstes Comparis befürchten fast 30 Prozent der 18- bis 65-Jährigen, dass sie dereinst nicht einmal die AHV-Leistungen erhalten werden.

Daher gewinnt die private Vorsorge an Bedeutung. Allein damit ist aber noch keineswegs gewährleistet, dereinst so reich in Rente gehen zu können, dass der Ruhestand finanziell sorgenfrei genossen werden kann. Gute Chancen hat, wer die folgenden zehn Tipps beachtet.

Tipp 1: Gesund leben

«Ich treibe Sport», antwortet Hans-Jakob Stahel auf die Frage nach seiner persönlichen Vorsorge. Wer sich fit hält und gesund lebt, kann direkt von finanziellen Auswirkungen bei der Vorsorge profitieren. Ein 35-jähriger Nichtraucher zahlt beispielsweise für eine Todesfallversicherung mit einem Kapital von 300 000 Franken bei der Mobiliar 668 Franken Prämien pro Jahr. Einen Raucher kostet die gleiche Versicherung hingegen 1133 Franken. Auch im Alter zahlt sich eine gute Gesundheit aus. Übermässige Fettleibigkeit, Drogen- und Alkoholmissbrauch führen zu erhöhten gesundheitlichen Beschwerden und damit zu Kosten. Statt dass man den verdienten Lebensabend geniessen kann, wird das angesparte Vermögen durch horrende Ausgaben für Pflege und Heimaufenthalt aufgebraucht.

Tipp 2: Bedarf klären

Wie hoch sollte das Vermögen überhaupt sein, um den Ruhestand finanziell sorgenfrei geniessen zu können? Gemäss einer Studie der Universität St. Gallen von 2007 werden bei einem Einkommen zwischen 30 000 und 120 000 Franken pro Jahr über 60 Prozent der künftigen Rente durch AHV und Pensionskasse gedeckt. Das ist im europäischen Vergleich ein sehr tiefer Wert. Um darüber hinaus seinen Lebensabend finanziell unbeschwert geniessen zu können, muss man deshalb privat über die dritte Säule ein Altersguthaben ausparen. Wie hoch dieses sein sollte, zeigt die folgende Überschlagsrechnung: Am Ende der Erwerbstätigkeit sollte das Vermögen etwa der Hälfte des durchschnittlichen Nettoeinkommens aus den zurückliegenden 40 Berufsjahren entsprechen. Bei einem steuerbaren Einkommen von 90 000 Franken pro Jahr wären das somit rund 1,8 Millionen Franken. Wird davon noch die kapitalisierte AHV-Rente in Abzug gebracht, müsste das Vermögen aus Pensionskasse und dritter Säule somit etwa 1,2 Millionen erreichen. Rund zwei Drittel stammen aus der Pensionskasse, ein Drittel muss folglich über die dritte Säule privat angespart werden.

Tipp 3: Lieber früh als gar nie

«Als ich Mutter wurde, haben sich meine Prioritäten geändert», bekennt Miss-Schweiz-Managerin Karina Berger. Die ehemalige Schönheitskönigin war 25 Jahre jung, als sie mit der Vorsorgeplanung begann. Auch Pascale Bruderer und Stephan Siegrist sind bereits eifrig am Alterssparen. Aus gutem und ebenso einfachem Grund: Der Zinseffekt wird umso hilfreicher, je länger der Sparprozess dauert. Wer beispielsweise von Geburt an täglich zehn Franken spart, ist bei einem durchschnittlichen Zins von 3,75 Prozent mit 65 Millionär. Beginnt der Sparprozess erst mit 20, sind dazu bei gleichem Zins schon 25 Franken nötig, mit 40 gar 66 Franken pro Tag.

Besonders wichtig ist es, vor allem in jüngeren Jahren keine Lücken bei der AHV-Beitragszahlung aufkommen zu lassen. Denn jedes fehlende Beitragsjahr wird bestraft: die Rente verkürzt sich um 1/44 bei den Männern und um 1/43 bei den Frauen.

Tipp 4: Planung ist alles

Jede neue Lebensphase bringt Veränderungen für die Vorsorge mit sich, wie die Darstellung verschiedener Lebenssituationen zeigt (siehe Seite 82). Mit zunehmendem Alter verlangen auch die gesetzlichen Bestimmungen Planungen und Entscheide für den Ruhestand. In der Säule 3a ist die Laufzeit von Produkten aus steuertechnischen Gründen so zu wählen, dass sie nicht im gleichen Jahr ablaufen oder mit der Kapitalauszahlung aus der Pensionskasse zusammenfallen. Bei der Risikoversicherung sollte zudem frühzeitig eine Laufzeit bis zur geplanten Pensionierung gewählt werden. Mit zunehmendem Alter steigt nämlich das Gesundheistrisiko. Und damit auch das Risiko, dass bei einer Erneuerung die Versicherung Leistungsvorbehalte für Krankheits- oder Unfallfolgen anbringt.
Ob das Guthaben der Pensionskasse dereinst als Kapital oder als Rente bezogen werden soll, muss zudem festgelegt werden, bevor eine vorzeitige Pensionierung mit 58 Jahren möglich wird. Nach Einkäufen ist der Kapitalbezug zudem in den folgenden drei Jahren nicht mehr möglich.

Überhaupt muss geplant werden, wann das Erwerbsleben beendet werden kann. Wie Jörg Odermatt von der PensExpert erklärt, sind die Planungsmöglichkeiten zur Pensionierung seit dem 1. Januar 2011 mit der BVG-Strukturreform noch einmal erweitert worden. So kann das Pensionskassenreglement vorsehen, dass ein Versicherter zum Beispiel in den letzten fünf Jahren vor der AHV das Pensum um bis zu 50 Prozent reduziert und trotzdem seine Pensionskassenbeiträge auf dem bisherigen Lohnniveau weiter äufnet. Zweite-Säule-Beiträge zahlen kann auch, wer bis 70 erwerbstätig bleibt.

Tipp 5: Vorsorgen oder anlegen

Professor Bert Rürup rät im Interview mit BILANZ, zwischen Vorsorge und Vermögensbildung zu unterscheiden. Bei der Altersvorsorge gehe Sicherheit vor Rendite, mahnt der langjährige sozialpolitische Berater der deutschen Regierung. Ähnlich sieht es Swiss-Life-Manager Stahel. Wo es um seine Vorsorge gehe, sei seine Risikobereitschaft gering.

Wer sein Altersguthaben auf eigenes Glück anlegen will, sollte den Anteil an Anlagen mit hoher Wertschwankung umso tiefer halten, je kürzer sein individueller Zeithorizont ist. Bei Aktien beträgt die Wertschwankung in den ersten fünf Jahren zum Beispiel über acht Prozent, während jene von Obligationen unter zwei Prozent liegt. Erst nach 35 Jahren gleichen sich die Risiken der beiden Anlagekategorien einander an. Wichtiger als der Anlageentscheid selbst sind ohnehin die Wahl der richtigen Strategie und die Aufteilung der Anlagen.

Tipp 6: Die richtige Säule 3a

Eine der besten und beliebtesten Vorsorgemöglichkeiten bietet die Säule 3a. 57 Prozent der erwerbsfähigen Schweizerinnen und Schweizer haben laut einer Erhebung von Comparis ein Guthaben in diesem steuerprivilegierten Sparstrumpf. Die Hälfte davon verfügt über ein Bankkonto, rund ein Drittel über eine Versicherung und etwa 20 Prozent über ein Wertschriftenkonto.

Welche der drei Anlagen am besten abschneidet, zeigt ein Vergleich von BILANZ. Als Beispiel dient ein im Jahr 2001 50-jähriger Mann, der während zehn Jahren jährlich 5000 Franken ansparte. Bei der Banklösung wurde zusätzlich eine Risikoversicherung im Todesfall sowie bei Erwerbsunfähigkeit eingeschlossen. Mit einem Zinssatz für den verbleibenden Sparteil von 1,8 Prozent wären diesen März 51 000 Franken zur Auszahlung gelangt.

Ähnlich funktioniert auch die Versicherungslösung. Vom einbezahlten Betrag werden Kosten für Risiko und Verwaltung abgezogen und nur der verbleibende Sparteil verzinst. Mit einer Auszahlung von 49 000 Franken bleibt das Ergebnis hinter der Banklösung zurück. Vor allem wurden aber die damals gemachten Renditeprognosen teilweise deutlich verfehlt.

Einen Grund sieht Marc Gamba, Leiter Einzelleben bei Nationale Suisse, in den Einbrüchen an den Finanzmärkten 2002 und 2008, unter denen die Versicherungen gelitten hätten. Ausserdem macht er auf die kurze Laufzeit und das Alter des Kunden in diesem Beispiel aufmerksam. Ein solcher Vertrag wäre von ihm aufgrund der negativen Rendite nicht empfohlen worden.

Noch deutlich schlechter fällt das Resultat aus, wenn die Fondslösungen verglichen werden. Allerdings haben auch die Fondslösungen bei den Banken nicht wirklich überzeugt. Die Rendite dieser Produkte betrug im Durchschnitt lediglich 1,43 Prozent.

Den Schweizer Versicherungskonzernen ist anzurechnen, dass sie ihre Lehren aus den enttäuschenden Ergebnissen gezogen haben. Ihre fondsgebundenen Produkte bieten inzwischen ähnlich gute Garantien im Erlebensfall wie die konventionellen, stellt Manuel Martin vom Vergleichsportal Sparziel.ch fest. Allerdings mit Aussicht auf höhere Renditen bei einer guten Entwicklung der Finanzmärkte.

Tipp 7: Flexibilität wahren

Ein weiterer Vorteil der neuen Versicherungsangebote in der Säule 3a ist die Flexibilität. Wurde früher die starre Pflicht zur jährlichen Prämienzahlung für junge Versicherungskunden – vor allem bei der Familiengründung – zu einer finanziellen Bürde, so ist nun eine flexible Gestaltung der Prämienhöhe oder sogar ein Wechsel von der Säule 3a in die freie Vorsorge möglich. Dennoch bleibt der Risikoschutz durch die Versicherung erhalten.

Zwei Einschränkungen bleiben bei der Versicherungslösung aber bestehen: Die Kapitalgarantien gelten nur bis Vertragsende. Ein vorzeitiger Ausstieg ist in der Regel mit empfindlichen Verlusten verbunden. Und das Ende der Laufzeit sollte aus steuertechnischen Gründen nicht mit anderen Kapitalauszahlungen aus der gebundenen Vorsorge zusammenfallen.

Tipp 8: Steuern optimal sparen

Vielfach werden Vorsorgeprodukte mit steuerlichen Vorteilen angepriesen. Einzahlungen in die Säule 3a oder Einkäufe in die Pensionskasse können vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Bei jungen Erwerbstätigen ist dieser Effekt über die lange Anlagedauer hinweg jedoch nur von geringer Bedeutung. Wird dazu noch ein hoher Aktienanteil gewählt, kann sogar das Gegenteil resultieren. Guthaben aus der Säule 3a müssen bei der Auszahlung als gesondertes Einkommen zu einem reduzierten Satz versteuert werden und damit auch die ansonsten eigentlich steuerfreien Kursgewinne auf Aktien.

Wirklich lohnenswert werden Säule- 3a-Beiträge und Einkäufe in die Pensionskasse aus steuerlichen Gründen ab etwa 45, erklärt Jörg Odermatt von PensExpert. Von da an macht es auch Sinn, die Verstärkung der Altersvorsorge mit freiwilligen Einkäufen auszubauen. Diese werden in der Regel aus dem jährlichen Haushaltsüberschuss oder aus dem freien Vermögen finanziert. Bei einer finanziell gesunden Pensionskasse sind die Altersrentenleistungen trotz dem Abbau der letzten Jahre immer noch attraktiv.

Ein privates Vorsorgeinstrument wie etwa eine Leibrentenpolice bietet markant tiefere Altersrenten. Der garantierte Umwandlungssatz liegt dort bei lediglich vier Prozent. Die Renditen erreichen nicht einmal ein Prozent. Trotz Steuerrabatt fällt die Leibrente gegenüber der Pensionskassen-Rente somit wesentlich tiefer aus.

Tipp 9: Mein Heim ist mein Schloss

Wohneigentum gilt als beliebtes Vorsorgeobjekt. Allerdings lässt sich eine Wertsteigerung nur beschränkt realisieren. Zudem werden die Mobilität etwa bei einem Stellenwechsel und die finanzielle Flexibilität deutlich eingeschränkt. «Ich nutze meine Liegenschaft zum Wohnen und zum Leben», betont deshalb Hans-Jakob Stahel von Swiss Life.

Bei der Finanzierung sollte vor allem ein in gewissen Kantonen noch immer zulässiger Steuertrick gemieden werden: mit Guthaben aus der Pensionskasse zuerst die Hypothek zu amortisieren, später wieder eine Hypothek aufzunehmen und dieses Geld in ein Vorsorgeprodukt oder  – schlimmer noch – in undurchsichtige Anlagen zu investieren.

Tipp 10: Planen beim Rücktritt

Ein Auszahlungsplan hilft schliesslich, das Alterskapital nach der Pensionierung richtig zu bewirtschaften. Banken und Versicherungen bieten ihn als Produkt, doch dieser Plan kann mit der nötigen Selbstdisziplin auch selbst gestaltet werden. Auf verschiedenen Internetseiten von Finanzdienstleistern lässt sich die Höhe der Entnahmen aus dem eingesetzten Kapital (für einen gewählten Zeitraum) mit einer angenommenen Verzinsung berechnen.

Angenommen, aus einem Guthaben von 750 000 Franken sollen jährlich 50 000 Franken entnommen werden: Das entspricht einem Umwandlungssatz von 6,6 Prozent, also etwa der Leistung einer Pensionskasse. Damit das Kapital nun für die nächsten 20 bis 25 Jahre ausreicht, müsste jährlich eine Rendite von mindestens vier Prozent erwirtschaftet werden. Das ist ein ziemlich ambitiöses Vorhaben angesichts der aktuellen Verhältnisse an den Kapitalmärkten.