Erst massive Kursstürze, dann zaghafte Erholungstendenzen, dann gingen die Aktienmärkte vollends in den Crash-Modus – und nun konnten sich die Kurse wieder deutlich erholen. Was zur entscheidenden Folgefrage führt: Hat der Markt jetzt gedreht?

Wenn es so einfach wäre, würden alle am präzisen Zeitpunkt investieren, an dem der Markt wieder Mut bekommt. Aktienexperten halten aber tatsächlich Ausschau nach bestimmten Merkmalen, die eine Bodenbildung am Markt signalisieren.

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Es braucht mehrere Faktoren, welche die Einschätzung einer Bodenbildung zulassen. Je mehr unterschiedliche Anzeichen erkennbar sind, desto besser. 

Diese Punkte helfen dabei, eine Trendwende am Markt zu wittern.

1. Anlegerstimmung

Zunächst einmal hören sich Anlageexperten um, was am Markt geredet wird. Wie sich die Stimmung verändert, lässt sich schnell feststellen. Die Anlegerstimmung wiedergegeben wird auch durch einen Index wie den «CNN Greed & Fear»-Indikator (Gier und Angst). Dieser steht immer noch auf «Extreme Fear». 

2. Volatilität

Eine hohe Volatilität heisst immer Unsicherheit: Der Markt kann auf beide Seiten ausschlagen, und dies – wie im Moment – heftig. Der Volatilitätsindex VIX ist der bekannteste Index, der die Schwankungsintensität der Kurse anzeigt.

Der VIX wird von der Chicago Board Options Exchange (CBOE) erstellt und misst die Schwankungsbreiten des amerikanischen Index S&P 500. Grundlage sind die Optionspreise, die Annahmen über die Entwicklung der jeweils nächsten 30 Tage zulassen. Dieser Index, der auch «Angstbarometer» genannt wird, steht im Moment knapp unter 60 Punkten. Im Schnitt beträgt der Wert etwa 20. In der Finanzkrise 2008 erreichte er einmal 80 Punkte. 

Ein Rückgang des VIX-Punktestands wäre ein Hinweis auf ruhigere Märkte und damit auch auf eine Bodenbildung bei den Kursen. 

VIX Volatility

Entwicklung des Vix Volatility Index, März 2019 bis März 2020.

Quelle: CBOE
3. Put-Call-Ratios

Optionen sagen einiges aus über die Motive der Anleger. Eine Put/Call-Ratio zeigt an, wie Gelder positioniert werden. Put-Optionen setzen auf fallende Kurse und deuten auf eine Verkaufsneigung hin, Call-Optionen werden in Erwartung steigender Kurse eingesetzt und signalisieren mehr Kauflust.

Wenn die Calls ansteigen, ist das ein Zeichen für steigende Märkte, denn sie lassen auf eine eine gestiegene Risikoneigung der Investoren schliessen. Die Put/Call Ratio des CBOE lag am 25. März bei 0,95.

Zum Vergleich: Die höchsten – also eher pessimistischen – Werte seit der Jahrtausendwende waren zwischen 1,5 und gut 1,8 gelegen, zum Beispiel in der Finanzkrise. Die tiefsten Werte – die eher eine Neigung zu geplanten Käufen als zu Verkäufen andeuteten – waren im Bereich von 0,3 bis 0,4 (zum Beispiel bevor 2000 die Dotcom-Blase platzte).

4. Breite der Bewegungen

Gerade der Schweizer Aktienmarkt verzerrt das Bild: Die sehr liquiden, defensiven Titel von Novartis, Roche und Nestlé sind in den Indices SMI, SLI und SPI stark gewichtet. Somit können die Indizes steigen, etwa weil defensive Titel gerade gefragt sind. Ein grösserer Teil des Marktes macht den Kursanstieg dann gar nicht mit.

Sowohl eine grosse Zahl von Aktien als auch Aktien verschiedener Sektoren müssen zu steigen beginnen, um ein besseres Marktsentiment begründen zu können. Nur ein breit abgestützter Anstieg ist ein Zeichen für eine Erholung.

Ewiger Kreislauf: Die berühmte Karikatur des «Economist»-Zeichners Kevin Kal Kallaugher.

5. Anleihenzinsen

Obligationen und Aktien sind zu einem gewissen Grad Konkurrenten. Bei Unsicherheiten am Aktienmarkt weichen Anleger auf die weniger riskanten Anleihen aus. Sichtbar ist dies anhand der Anleiherenditen: fallen diese, sind die Kurse von Anliehen gestiegen. Mit der aktuellen Flucht in Staatsanleihen fiel die Rendite der zehnjährigen Treasuries der USA spektakulär auf gut 0,3 Prozent. 

Eine deutliche Trendwende bei den Zinsen wäre also ein Indiz dafür, dass die Investoren wieder mehr Vertrauen in die Aktienmärkte gefasst haben.  

Rendite US-Staatsanleihen

Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen seit Anfang 2018.

Quelle: cash.ch
6. Sichere Häfen

Wagen sich die Investoren vermehrt aus den sicheren Häfen, ist auch dies ein Zeichen für eine Beruhigung. Aus Schweizer Sicht lässt sich dies geradezu paradebeispielmässig am Euro-Franken-Kurs ablesen. Der vorübergehende Fall es Eurokurses unter 1,06 Franken zeigte, wie nervös die Märkte geworden sind. Das Währungspaar erreichte ein Fünf-Jahres-Tief.

Steigt der Euro zum Franken wieder sichtbar, ist dies auch ein Zeichen für eine höherer Risikobereitschaft an den Finanzmärkten.  

«Keine plausiblen Antworten möglich»

Die ernüchternde Nachricht ist allerdings: Im Moment liefern diese Betrachtungen wenig Anhaltspunkte, wie es weitergeht. Immer noch sind es politische Entscheide, die sehr kurzfristige Umschwünge auslösen, die dann aber wenig nachhaltig sein können. 

«Wer langfristig denkt und wer über genügend Cash verfügt, um mehrmals nachzukaufen, mag sich jetzt zu häppchenweisen Zukäufen entscheiden», sagt Andreas Homberger, Leiter Asset Management beim Zuger Family Office Philippos. «Wer hingegen nicht in dieser Lage ist, sollte sich einfach ruhig und vernünftig verhalten. Meiner Meinung nach sind noch keine plausiblen Antworten zur aktuellen Situation möglich.»

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