Seit Beginn der COVID-19-Krise wurde Kapital aus den Schwellenländern (Emerging Markets, EM) abgezogen. Eine Erholung hat erst leicht verzögert ab Mitte September eingesetzt. Drei Hauptvariablen für die Kapitalflüsse haben sich verbessert: Wachstum, Liquidität und Marktstimmung.

Grossteil des Wachstums kommt aus China

In China als einem wichtigen globalen Wirtschaftsmotor liegen die Wachstumsraten wieder über Vorkrisenniveau. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, dürfte 2021 ein Löwenanteil des globalen Wachstums auf China entfallen.

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Dies sollte einen Dominoeffekt auf die anderen Länder der Region und die Rohstoffmärkte auslösen. Dabei werden überproportionale Zuwächse in Schwellenländern erwartet, weil diese Länder generell stärker produktionsgetrieben sind, während in entwickelten Märkten der weiterhin angeschlagene Dienstleistungssektor im Vordergrund steht.

Nachdem sich die politische Situation in den USA geklärt hat, bestehen Hoffnungen auf steigende Staatsausgaben und einen Rückgang der zuletzt vorherrschenden Handelsprobleme mit Schwellenländern. Beides würde zu einer positiven Marktstimmung beitragen. Und weil das, was die USA kaufen, in Schwellenländern produziert wird, sollten Letztere von steigenden Staatsausgaben profitieren.

Unternehmensanleihen vor Staatsanleihen

Steigende Verschuldung ist eine natürliche Nebenwirkung der Krise, weil fehlendes Betriebskapital und Umsatzeinbussen mit Fremdkapital aufgefüllt werden. Dabei lag die staatliche und öffentliche Kreditaufnahme in Schwellenländern  deutlich unter derjenigen westlicher Volkswirtschaften.

Nur Schwellenländer mit dollargebundenen Währungen und geringen Währungsreserven sollten weiter mit Vorsicht beobachtet werden. Ferner sollten Unternehmensanleihen Staatsanleihen bevorzugt werden, weil mit einer Umsatznormalisierung im Jahr 2021 der Verschuldungsgrad der Firmen zurückgehen sollte. 

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Investoren, die in Schwellenländer investieren möchten, sind gut beraten, neben den traditionellen Analysen auch ESG-Kriterien genau unter die Lupe zu nehmen. Mehr hier.

Mit Blick auf die Schuldennachhaltigkeit gibt es weniger Grund zur Besorgnis, da 2021 das nominale Wachstum die Finanzierungskosten übersteigen sollte. Ein grosses Augenmerk sollte auf den Ratingagenturen und der Kommunikation von Regierungen hinsichtlich ihrer Zahlungsbereitschaft liegen. Die Länderratings sind derzeit relativ stabil. Herabstufungen drohen lediglich, wenn die Wachstumserwartungen für das 1. Halbjahr 2021 enttäuscht werden.

Nach heutigem Stand gibt es im EM-Universum weniger Kreditausfälle als in den USA. Sie beschränkten sich in den Schwellenländern auf erwartete Fälle, die höchstens durch die Krise beschleunigt wurden. Ausserhalb der Flugbranche gibt es kaum unerwartete Ausfälle. Derzeit normalisiert sich die Lage in den Schwellenländern, und die Ausfallquote ist im historischen Vergleich nur noch leicht erhöht.

Wenn sich dieser Trend für 2021 fortschreibt, könnten sich im Jahresverlauf die Credit Spreads verengen. Bis faire Spread-Bewertungen erreicht sind, dürfte es jedoch noch eine Weile dauern. Weiterhin gute Chancen könnte das High-Yield-Segment bei EM-Anleihen bieten.

Besonnene Titel- und Sektorselektion entscheidend

Auf längere Sicht könnte eine COVID-19-Winterwelle die nördliche Hemisphäre zurückwerfen und vor allem den Dienstleistungssektor bremsen. Es ist jedoch zu erwarten, dass COVID-19 mit Unterstützung der Regierungen und Notenbanken überwunden wird.

Deshalb wäre es besorgniserregend, wenn die fiskalischen Massnahmen frühzeitig zurückgenommen würden. Um die nächsten Monate am Finanzmarkt gut zu überstehen, könnte eine umsichtige Titel- und Sektorselektion in ausgewählten Schlüsselmärkten entscheidend sein.

*Warren Hyland ist Portfoliomanager bei Muzinich & Co.

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