Der Brexit rückt näher: Ende des Jahres verlässt Grossbritannien den europäischen Binnenmarkt. Londons Rolle als der führende Börsenplatz in Europa steht auf dem Spiel – und damit Milliarden Euro, die dort täglich gehandelt werden.

Mehr als die Hälfte des Handels an der Londoner Börse wird mit Aktien von Unternehmen aus der Europäischen Union getätigt. Sollten die nächsten Tage keinen Durchbruch in den Verhandlungen mit Brüssel bringen, besteht die Gefahr, dass dieser in die EU abwandert. Die grössten Verlierer wären die Investoren, denn ein stärker aufgesplitterter Handel drückt die Preise.

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Schädlich für die Investoren

«Es ist schädlich für die Investoren sowohl in Grossbritannien als auch in der EU, wenn sie nicht auf dem liquidesten Markt handeln können», sagte Nausicaa Delfas, ein hoher Beamte der britischen Finanzaufsicht.

Die Hälfte des Wertes der in Grossbritannien gehandelten Aktien gehört zu Unternehmen mit Sitz in den 27 EU-Ländern: Laut CBOE Global Markets waren das im August durchschnittlich 7,2 Milliarden Euro.

Um den Status Quo zu bewahren, muss die EU der Londoner Börse «Äquivalenz» gewähren, indem sie die britischen Börsenvorschriften als gleichwertig mit ihren eigenen einstuft. Nur dann können europäische Händler weiterhin Aktien an den Londoner Märkten kaufen und verkaufen.

Die Schweiz zeigt, dass es auch anders geht

Dies ist jedoch alles andere als sicher, wie die Schweiz gelernt hat. Im vergangenen Jahr hat die EU der Schweiz die Äquivalenz entzogen und damit den Handel mit in der EU kotierten Wertpapieren hierzulande faktisch verboten.

Die Schweiz schlug zurück, indem sie den Handel mit Schweizer Aktien an EU-Handelsplätzen verbot. Während das Volumen in Zürich zunahm, stiegen die Handelskosten für Schweizer Mid- und Small-Cap-Aktien laut Virtu Financial um rund 20 Prozent, nachdem die EU der SIX die Anerkennung entzogen hatte.

30 Prozent könnten in die EU abwandern

«Ich bin besorgt um die Branche, das ist schlecht für die Kleinanleger», sagt Alasdair Haynes, CEO von Aquis Exchange, einem paneuropäischen Aktienhandelsplatz in London, der eine neue Handelsplattform in Paris eingerichtet hat. «Dies ist ein politischer Schritt, der die Märkte schlechter machen wird». Er schätzt, dass 30 Prozent des Handels, der jetzt in London getätigt wird, in die EU verlagert werden könnten.

Die britische Regierung hat noch nicht dargelegt, ob britische Händler in Zukunft nur noch mit britischen oder anderen Aktien innerhalb Grossbritanniens handeln dürfen.

Der Börsenbetreiber CBOE sei auf beide Szenarien vorbereitet, aber «es ist nicht das Ergebnis, das wir erhofft hatten», sagt David Howson, Präsident von CBOE Europe. Die meisten Kunden des Unternehmens seien an die niederländische Handelsplattform von CBOE angeschlossen und bereit für einen Wechsel.

Die Londoner Börse LSE lehnt einen Kommentar ab. Die Association for Financial Markets in Europe (AFME), die grösste Lobbygruppe für Broker und Investoren auf den europäischen Kapitalmärkten, drängt die EU und Grossbritannien auf eine Einigung. 

(bloomberg/mlo)