Das Abflauen der Coronavirus-Pandemie dürfte eine Welle von Ausgaben speziell von älteren Verbrauchern lostreten. Daraus ergeben sich zunehmend Chancen für Anleger in Aktien mit entsprechendem Bezug.

So argumentieren Vermögensverwalter, die einen enormen Nachholbedarf sehen bei gut situierten Senioren, die sich über die Inanspruchnahme medizinischer Dienstleistungen bis hin zum Erwerb von Luxusgütern ihr früheres Leben wieder zurückholen. Viele Ältere seien darüber hinaus während der Lockdowns quasi ins Internet gezwungen worden und dürften E-Commerce-Anbietern und sozialen Netzwerken als Kunden dauerhaft erhalten bleiben.

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Über 1,5 Milliarden Alte im Jahr 2050

Bis 2050 dürfte sich die Anzahl der Menschen im Alter ab 65 auf mehr als 1,5 Milliarden verdoppeln, was ihren wirtschaftlichen Einfluss entsprechend erhöht. Laut World Data Lab betrug die Kaufkraft der älteren Bevölkerung im Jahr 2020 weltweit etwa 8,4 Billionen Dollar und dürfte um zwei Drittel auf 14 Billionen Dollar anschwellen - allein in den nächsten 10 Jahren.

«Die Pandemie hat viele der Probleme im Zusammenhang mit einer alternden Bevölkerung beschleunigt und mahnt die Dringlichkeit ihrer Lösung an», sagte Christopher Rossbach, Chief Investment Officer bei J. Stern & Co. «Wir glauben, dass diese Themen merkliche Wachstums- und Investitionstreiber sein werden.»

Hintergrund sind globale Geburtenraten, die bei gleichzeitig steigender Lebenserwartung weiter sinken dürften, obgleich das Virus viele Menschenleben fordert. Chinas Entscheidung letzten Monat, Familien drei Kinder zu erlauben, dürfte nur begrenzt Auswirkungen auf die Demographie im bevölkerungsreichsten Land der Welt haben.

Hier sind einige Ideen von Investoren, die argumentieren, dass das Thema an Bedeutung gewinnen wird, wenn die Volkswirtschaften der Welt die Pandemie hinter sich lassen.

Medizinische Eingriffe verschoben

Von Krebsvorsorge über neue Hüftgelenke bis hin zu Grauem Star wurden seit dem Ausbruch der Pandemie unzählige medizinische Eingriffe verschoben. Wenn diese nun nachgeholt werden, dürften die weltweiten Gesundheitsausgaben ansteigen - IHS Markit rechnet mit einem Zuwachs von 5,8 Prozent auf 8,8 Billionen Dollar in diesem Jahr.

Rossbach geht daher davon aus, dass Aktien von Herstellern medizinischer Geräte profitieren werden, etwa Thermo Fisher Scientific Inc., Medtronic Plc, Becton Dickinson & Co. und Alcon Inc. Aller vier hinken dieses Jahr bislang der globalen Benchmark MSCI ACWI hinterher.

Mirabaud Asset Management Ltd. setzt auch auf Medtronic, sowie Edwards Lifesciences Corp, weil die Kalifornier im Bereich Herz-Kreislauf-Erkrankungen tätig sind, so Global Equities Head Anu Narula.

Hörgeräte sind eine weitere Produktgruppe, die im Verkauf von persönlicher Beratung abhängig ist und entsprechend gelitten hat. Morgan Stanley geht davon aus, dass sich die Umsätze in diesem Jahr nach einem Minus von 15 Prozent in 2020 wieder normalisieren werden. Die Analysten empfehlen, GN Store Nord A/S überzugewichtern und haben eine Gleichgewichten-Empfehlung für Demant A/S.

«Zu dem grossen Kontingent an Industrieländern mit universeller Gesundheitsversorgung gesellt sich eine wachsende Zahl an Entwicklungsländern, die solche Systeme aufbauen oder erweitern, insbesondere in den asiatischen Schwellenländern», sagte Narula von Mirabaud.

Reisen und Luxus

Lange ersehnte Urlaube dürften der Reisebranche helfen und Unterstützung kommt vielfach von Älteren mit reichlich Geld. «Ältere oder reichere Menschen neigen dazu, Verwandte häufiger zu besuchen», sagte Sanjiv Bhatia, Gründer von Pembroke Emerging Markets.

Rossbach wettet darüber hinaus mit LVMH, Pernod Ricard SA und Diageo Plc auf Luxus.

«Ein allgemeiner Punkt ist, dass die Kaufkraft der Menschen mit steigendem Alter wächst und dann zunehmend die Qualität des Konsums in den Vordergrund tritt gegenüber der Quantität», sagte er.

Versicherer und Internetfirmen

Auch Versicherer könnten profitieren. Durch Covid-19 gab es eine Vielzahl von Arbeitnehmern, die ungeplant in den Vorruhestand gegangen sind. Das dürfte das Bewusstsein für die Risiken eines unerwarteten Verlusts der Gesundheit oder des Arbeitsplatzes schärfen. Daraus leiten Strategen wie etwa die der Credit Suisse Group AG Wachstumspotenzial für Versicherer ab, insbesondere in Märkten mit relativ geringer Abdeckung wie China.

Juliana Hansveden, Fondsmanagerin bei Nordea Asset Management, sieht Chancen sowohl bei Versicherungen als auch in den Bereichen Medizin und Internet. Sie wettet auf Ping An Healthcare & Technology Co. Das Unternehmen bietet medizinische Online-Konsultationen an und hilft damit Patienten in China, lange Wartezeiten in Krankenhäusern zu vermeiden. Gleichzeitig arbeite es mit seiner Muttergesellschaft Ping An Insurance Group Co. zusammen, um das Thema Gesundheit mit entsprechenden Versicherungspolicen zu verknüpfen.

Rossbach von J. Stern erwartet Wachstum auf breiter Front für Unternehmen, die das neu gewonnenen Vertrauen von Senioren im Internet für sich nutzen können.

«Denken Sie an all die Eltern und Grosseltern, die soziale Netzwerke oder Videokonferenz-Apps zum ersten Mal genutzt haben, um mit ihren Liebsten in Kontakt zu bleiben, oder das erste mal Produkte online gekauft oder sich Lebensmittel oder Mahlzeiten über Lieferdienste bestellt haben», sagte er.

(bloomberg/gku)